Vampire Academy 05
keine solche Anstalten und umarmte sie ebenfalls lachend. Ich stand ernsthaft in Gefahr, ganz warm und weich und duselig zu werden. Wahrscheinlich würde man mir meinen beinharten Wächterstatus entziehen, wenn ich so weitermachte. „Danke. Seid ihr zwei schon bereit, es mit einer Strigoi-Armee aufzunehmen?“
„Bald“, antwortete Christian. „Aber vielleicht werden wir deine Verstärkung brauchen.“ Er wusste genauso gut wie ich, dass Strigoi weit außerhalb ihrer Liga spielten. Seine Feuermagie hatte mir sehr geholfen, aber was, wenn er auf sich allein gestellt war? Das wäre sicher eine andere Geschichte. Er und Jill brachten sich selbst die offensive Benutzung von Magie bei, und wenn ich zwischen den Kursen Zeit gehabt hatte, so hatte ich sie einige Kampfzüge gelehrt.
Jills Gesicht wurde ein klein wenig länger. „Es wird aufhören, sobald Christian fort ist.“
Ich wandte mich wieder an ihn. Es war keine Überraschung, dass er die Akademie verlassen würde. Wir würden sie alle verlassen. „Was wirst du mit dir anfangen?“, erkundigte ich mich.
Es war eine übliche Praxis, dass frischgebackene Wächter nach dem Abschluss an den Königshof der Moroi gingen, um sich zu orientieren und ihre Aufträge zu bekommen. Wir alle würden in einigen Tagen aufbrechen. Als ich Christians Blick folgte, sah ich auf der anderen Seite des Raumes seine Tante, und bei Gott, sie unterhielt sich gerade mit Abe.
Tasha Ozera war Ende zwanzig und hatte das gleiche glänzende, schwarze Haar und die gleichen eisblauen Augen wie Christian. Ihr schönes Gesicht wurde jedoch von einigen schrecklichen Narben auf der einen Seite verschandelt – das Ergebnis von Verletzungen, die ihr Christians eigene Eltern zugefügt hatten. Dimitri war gegen seinen Willen in einen Strigoi verwandelt worden, aber die Ozeras hatten die Verwandlung um der Unsterblichkeit willen absichtlich herbeigeführt. Dies hatte sie ironischerweise das Leben gekostet, als die Wächter sie zur Strecke gebracht hatten. Tasha hatte Christian großgezogen (wenn er nicht in der Schule gewesen war), außerdem war sie eine der Hauptbefürworterinnen der Bewegung für die aktive Teilnahme der Moroi an ihrer Verteidigung.
Narben hin, Narben her, ich bewunderte sie und fand sie trotzdem schön. Nach dem Gehabe meines launischen Vaters zu schließen tat er das Gleiche. Er schenkte ihr ein Glas Champagner ein und machte eine Bemerkung, die sie zum Lachen brachte. Sie beugte sich vor, als verrate sie ihm ein Geheimnis, und er lachte seinerseits. Mir klappte der Unterkiefer herunter. Selbst aus dieser Entfernung war offenkundig, dass sie miteinander flirteten.
„Lieber Gott“, sagte ich mit einem Schaudern und wandte mich hastig wieder zu Christian und Jill um.
Christian schien zwischen der Selbstgefälligkeit angesichts meines Unbehagens und seiner eigenen Zwiespältigkeit, eine Frau, die er als seine Mutter betrachtete, in den Fängen eines Piratenmafiosi zu sehen, hin- und hergerissen zu sein. Einen Moment später wurde Christians Miene weicher, als er sich wieder zu Jill umdrehte und unser Gespräch fortsetzte.
„He, du brauchst mich nicht“, bemerkte er. „Du wirst hier andere finden. Du wirst einen Superheldenclub haben, bevor du überhaupt weißt, wie dir geschieht.“
Ich lächelte wieder, doch meine freundlichen Gefühle wurden plötzlich durch einen Stich der Eifersucht zunichtegemacht. Es war jedoch nicht meine eigene Eifersucht. Es waren Lissas Gefühle, die durch das Band kamen. Verblüfft sah ich mich um und entdeckte sie auf der anderen Seite des Raums, wo sie Christian mit dem Blick des Todes bedachte, während er mit Jill sprach.
Es lohnt sich zu erwähnen, dass Christian und Lissa früher miteinander gegangen waren. Und noch mehr als das. Sie waren bis über beide Ohren verliebt gewesen, und ehrlich, irgendwie waren sie es wohl immer noch. Unglücklicherweise hatten jüngste Ereignisse ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt, und Christian hatte mit ihr Schluss gemacht. Er hatte sie geliebt, aber er hatte das Vertrauen zu ihr verloren. Lissa war vollkommen außer Kontrolle geraten, als eine andere Benutzerin des Geistes namens Avery Lazar versucht hatte, die Kontrolle über sie zu gewinnen. Wir hatten Avery schließlich aufgehalten, und nach meinen letzten Informationen war sie gegenwärtig in einer Irrenanstalt eingesperrt. Christian kannte jetzt die Gründe für Lissas schreckliches Verhalten, aber der Schaden war nun einmal angerichtet.
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