Vampire Academy 05
Lissa war ursprünglich depressiv gewesen, aber inzwischen hatte sich ihr Kummer in Wut verwandelt.
Sie behauptete, nichts mehr mit ihm zu tun haben zu wollen, das Band verriet sie jedoch. Sie war immer eifersüchtig auf jedes Mädchen, mit dem er sprach – insbesondere auf Jill, mit der er in letzter Zeit oft zusammen war. Ich wusste mit Bestimmtheit, dass da nichts Romantisches im Gange war. Jill idealisierte ihn wie einen weisen Lehrer, mehr steckte nicht dahinter. Wenn sie in irgendjemanden verknallt war, dann war es Adrian, der sie stets wie eine kleine Schwester behandelte. Tatsächlich taten wir das alle irgendwie.
Christian folgte meinem Blick, und seine Züge verhärteten sich. Als Lissa bewusst wurde, dass sie seine Aufmerksamkeit erregt hatte, wandte sie sich unverzüglich ab und redete mit dem ersten Jungen, den sie fand, einem gut aussehenden Dhampir aus meinem Kurs. Sie schaltete den flirtenden Charme ein, der Geistbenutzern so leichtfiel, und schon bald lachten und schwatzten sie miteinander, ganz ähnlich wie Abe und Tasha es taten. Meine Party hatte sich in eine Runde Speed-Dating verwandelt.
Christian wandte sich wieder an mich. „Hm, sieht so aus, als hätte sie jede Menge zu tun.“
Ich verdrehte die Augen. Lissa war nicht die Einzige, die an Eifersucht litt. Genauso wie sie wütend wurde, wann immer er mit anderen Mädchen zusammen war, wurde Christian reizbar, wenn sie mit anderen Jungen sprach. Es brachte mich auf die Palme. Statt zuzugeben, dass sie noch immer etwas füreinander empfanden und den Bruch irgendwie kitten mussten, zeigten diese beiden Idioten gegenseitig einfach immer mehr Feindseligkeit.
„Wann wirst du endlich aufhören und eines Tages tatsächlich versuchen, wie ein vernünftiger Mensch mit ihr zu reden?“, stöhnte ich.
„Na klar“, sagte er voller Bitterkeit. „An dem Tag, an dem sie anfängt, sich wie ein vernünftiger Mensch zu benehmen.“
„O mein Gott. Ihr zwei bringt mich noch dazu, mir die Haare auszureißen.“
„Das wäre eine Verschwendung von ziemlich hübschem Haar“, erwiderte Christian. „Außerdem hat sie ihre Einstellung vollkommen klargemacht.“
Ich wollte schon protestieren und ihm erklären, wie dumm er war, aber er hatte gar nicht die Absicht, in meiner Nähe zu bleiben, um sich einen Vortrag anzuhören, den ich ihm bereits ein Dutzend Male gehalten hatte.
„Komm mit, Jill“, sagte er. „Rose muss sich etwas mehr unter ihre Gäste mischen.“
Er ging schnell davon, und ich hatte große Lust, ihm ein wenig Vernunft in den Schädel zu prügeln, als plötzlich eine neue Stimme erklang.
„Wann werden Sie das in Ordnung bringen?“ Tasha stand neben mir und betrachtete kopfschüttelnd Christians Rückzug. „Diese beiden müssen wieder zusammenkommen.“
„Ich weiß es. Sie wissen es. Aber Christian und Lissa scheinen es nicht zu begreifen.“
„Nun, Sie sollten besser daran arbeiten“, meinte sie. „Wenn Christian am anderen Ende des Landes aufs College geht, wird es zu spät sein.“ In ihrer Stimme schwang ein trockener – und entnervter – Unterton mit, wenn sie davon sprach, dass Christian das College besuchen würde.
Lissa würde nach Lehigh gehen, eine Universität in der Nähe des Königshofes, ein Arrangement, das Tatiana getroffen hatte. Lissa würde eine größere Universität besuchen, als Moroi es für gewöhnlich taten, und als Gegenleistung würde sie eine gewisse Zeit bei Hof verbringen und das königliche Gewerbe erlernen.
„Ich weiß“, sagte ich verärgert. „Aber warum bin ich diejenige, die es in Ordnung bringen muss?“
Tasha grinste. „Weil Sie die Einzige sind, die genug Nachdruck in ihre Worte legen kann, um die beiden zur Vernunft zu bringen.“
Ich beschloss, auf Tashas Unverschämtheit gar nicht erst einzugehen, größtenteils deshalb, weil sie, wenn sie mit mir redete, nicht mit Abe sprach. Nachdem ich einen Blick durch den Raum geworfen hatte, versteifte ich mich plötzlich. Er unterhielt sich jetzt mit meiner Mutter. Bruchstücke ihres Gesprächs drangen durch den Lärm zu mir herüber.
„Janine“, sagte er gewinnend, „du bist ja um keinen Tag älter geworden. Du könntest Roses Schwester sein. Erinnerst du dich noch an diese Nacht in Kappadokien?“
Meine Mutter kicherte tatsächlich. Ich hatte sie noch nie zuvor kichern hören. Ich beschloss, sie auch nie wieder kichern hören zu wollen. „Natürlich. Und ich erinnere mich daran, wie sehr du wünschtest, mir zu helfen, als der
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