Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
in die Arme schließen. „Es ist so schön.“ Schließlich wandte sie den Blick ab und sah mir in die Augen. „Nicht wahr? Haben Sie jemals etwas so Schönes gesehen?“
„Es ist schön“, bekräftigte ich. Aus irgendeinem Grund war ich gleichzeitig glücklich und traurig.
Sie ging durch ihren Garten und untersuchte jede Pflanze und jede Blume. Sie berührte die Blütenblätter und atmete ihren Duft ein. „So anders .... “, sagte sie immer wieder zu sich selbst. „So anders in der Sonne .... “ Einige Blumen erregten ihre besondere Aufmerksamkeit. „Diese öffnen sich nicht bei Nacht! Sehen Sie das? Können Sie die Farben sehen? Können Sie das riechen?“
Die Fragen schienen nicht für jemand Bestimmtes gedacht. Wir beobachteten das Geschehen und waren alle wie hypnotisiert. Endlich ließ sie sich auf dem Terrassenstuhl nieder und sah sich glücklich um, verloren, weil allzu viel auf sie einströmte – verloren in dieser Schönheit, die ihr als Strigoi verwehrt gewesen war. Als offensichtlich wurde, dass sie für eine ganze Weile nicht fortgehen würde, wandte ich mich an Dimitri und wiederholte Sydneys Rat, dass er ein wenig schlafen solle, während wir darauf warteten, dass sich Sonya erholte. Zu meiner Überraschung war er tatsächlich damit einverstanden.
„Das ist klug. Sobald Sonya in der Lage ist zu reden, werden wir aufbrechen müssen.“ Er lächelte. „Aus Sydney wird noch eine ganz hervorragende Strategin.“
„He, nicht sie führt hier das Kommando“, neckte ich. „Sie ist nur Soldat.“
„Stimmt.“ Er strich mir sachte mit den Fingern über die Wange. „Tut mir leid, Captain.“
„General“, korrigierte ich ihn, während mir bei dieser flüchtigen Berührung der Atem stockte.
Er verabschiedete sich mit freundlichen Worten von Sonya, bevor er im Haus verschwand. Sie nickte, aber ich weiß nicht, ob sie ihn wirklich gehört hatte. Victor und Robert holten zwei Küchenstühle aus Holz nach draußen und stellten sie in den Schatten. Ich wählte einen Platz auf dem Boden. Niemand sprach. Es war zwar nicht das Unheimlichste, was ich jemals erlebt hatte, aber es war gewiss etwas seltsam.
Eine Weile später kehrte Sydney mit den Lebensmitteln zurück, und ich ließ die Gruppe kurz allein, um mit ihr zu sprechen. Victors Schlüssel lagen wieder auf der Theke, was ich als ein gutes Zeichen wertete. Sydney packte etliche Lebensmittel aus und reichte mir eine Schachtel mit einem Dutzend Donuts.
„Hoffentlich reicht dir das“, bemerkte sie.
Wegen ihrer Unverschämtheit verzog ich das Gesicht, nahm die Donuts aber trotzdem. „Komm mit nach draußen, wenn du fertig bist“, sagte ich zu ihr. „Es ist wie das Grillfest der Verdammten. Nur dass .... wir keinen Grill haben.“
Sie wirkte zwar verwirrt, doch als sie später zu uns kam, begriff sie offenbar, was ich gemeint hatte. Robert holte sich eine Schüssel Cheerios, aber weder Sydney noch Victor aßen etwas. Ich gab Sonya einen Donut, und er war das Erste, was sie von ihrem Garten ablenkte. Sie hielt ihn in Händen und drehte ihn wieder und wieder hin und her.
„Ich weiß nicht, ob es gehen wird. Ich weiß nicht, ob ich ihn essen kann.“
„Natürlich können Sie.“ Ich erinnerte mich daran, dass Dimitri das Essen damals ebenfalls unsicher betrachtet hatte. „Mit Schokoglasur. Schmeckt gut.“
Zaghaft nahm sie einen kleinen Happen. Dann kaute sie endlos lange und schluckte schließlich. Sie schloss kurz die Augen und seufzte. „So süß!“ Langsam nahm sie weitere winzige Bissen. Sie brauchte eine ganze Ewigkeit, um die Hälfte des Donuts zu essen, und dann hielt sie schließlich inne. Ich hatte inzwischen drei Stück verputzt, und meine Ungeduld wuchs. Ich wollte endlich zu einem Punkt kommen. Zum einen Teil beruhte meine Gereiztheit noch auf Geist und zum anderen Teil einfach auf meiner beständigen Unrast, weil ich Lissa helfen wollte.
„Sonya“, begann ich freundlich und war mir dabei vollauf im Klaren, wie sauer Dimitri darüber wäre, dass ich mich über seine Anweisungen hinwegsetzte. „Wir wollten mit Ihnen über etwas sprechen.“
„Hm-hm“, murmelte sie und betrachtete einige Bienen, die um ein Geißblatt herumsummten.
„Gibt es eine Verwandte in Ihrer Familie .... eine Frau, die, ähm, vor einer ganzen Weile ein Baby bekommen hat .... ?“
„Sicher“, antwortete sie. Eine der Bienen flog von dem Geißblatt zu einer Rose, und Sonya ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen. „Jede Menge
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