Vampire Beginners Guide: Vom falschen Mann gebissen (The Vampire Guides) (German Edition)
der Wecker gegen die Wand krachte und eine Kerbe in den Putz schlug, veränderte sich sein mahnendes Klingeln in ein schmerzlich heiseres Scheppern. Grizzly rannte verstört ins Wohnzimmer, um sich unter der Couch zu verstecken, jenem Ort, den er für den sichersten der Welt hielt. Lexa hingegen vergrub den Kopf in den Kissen, um den Todeskampf des Weckers auszublenden.
Sie würde auch gern sterben.
Nein, präziser formuliert würde sie gerne tot sein. Oder noch besser Nicht-sein . Sich einfach aus diesem garstigen Universum subtrahieren. Fort, weg… Puff.
Es gab nichts, was in dieser Welt zu bleiben lohnte.
Ihre Augen brannten von ungeweinten Tränen. Sie wollte keine Bestie sein und sie wusste nicht, wie sie das verhindern konnte. Der einzige Mensch – Vampir – der dieses Kunststück vollbracht hatte, war tot, tot, tot. In einem dreckigen Hinterhof zwischen umgestürzten Mülltonnen verblutet. Lexa biss sich unter ihrem Kissenberg auf die Lippe. Sie hatte versagt, hatte nichts getan, als Herbert Hilfe gebraucht hätte. Hatte zu spät geschrien und war mehr auf sein Blut als auf sein Leben fixiert gewesen. Sie war ein Ungeheuer wie Baghira!
„Au!“ Der süße Geschmack von frischem Blut weckte hochnotpeinliche Erinnerungen an die Nacht, an Baghiras Kuss und die Leidenschaften, die er entfesselt hatte.
Nein, das war kein Leben, das sie leben wollte. Doch wie brachte sich ein Vampir um? Lexa erwog, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Der Blutgeruch würde ihr den Abschied versüßen. Und damit würde der Vampir letztlich triumphieren! Warum musste man sich das Leben erst nehmen, um es endgültig für sich zu beanspruchen? Lexa begrübelte die Abgründe und Feinheiten der deutschen Sprache, auf die Herbert sie erst gestoßen hatte. Wie traurig war das denn, dass die einzige Verfügung, die man über sein Leben traf, dieses zugleich beendete - zumindest grammatikalisch? Herbert hätte das gewiss faszinierend gefunden…
Sie ging in die Küche, setzte Tee auf und starrte aus dem Fenster auf den im herbstlichen Frühnebel ruhig vor ihr liegenden Friedhof.
Fried-Hof. Ganz anders als der Grauen-Hof, in dem Herbert gestorben war. Wegen ihr!
Nicht, dass sie nicht selbst gewusst hätte, wie gefährlich Baghira war, hatte Herbert sie noch davor gewarnt, dass man dem Vampir, der einen gebissen hat, hilflos ausgeliefert war. Warum also hatte sie nicht Hilfe geholt, als sie ihn gesehen hatte? Warum hatte sie sich auf dieses G espräch eingelassen? Warum war sie ihm in diesem verfluchten Hof gefolgt? So viele Fragen, die alle nur zu ihrem vollständigen Versagen führten – für das Herbert den Preis bezahlt hatte.
Und immer noch wusste niemand außer ihr, wie Baghira aussah.
„Das macht es zu einer Sache zwischen Dir und mir, Schweinebacke“, grollte sie. Jetzt nicht aufzugeben, war sie Herbert schuldig. Auch wenn es natürlich vermessen war, sich einem Wesen wie Baghira entgegen zu stellen. Sie hatte ja gesehen, wie chancenlos Herbert gewesen war. Baghira würde sie im günstigsten Fall einfach töten. Wenn er sie nicht zu ganz grässl ichen Dingen zwang, denen zu widersetzen ihr die Kraft und die Disziplin fehlte.
Ihr Kampfwille verdorrte, kaum dass er aufgekeimt war.
Frustriert goss sie Tee auf, und setzte sich an den Küchentisch. Eine einzelne Träne aus reinem Kummer und Verzweiflung kullerte langsam über Lexas Wange und platschte in die Tasse. Schniefend fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Nase. Dabei bemerkte sie die Blutspuren an ihren Fingern.
Angeekelt von sich selbst stürmte sie ins Bad, um sich zu waschen. An der Wange, am Hals – überall verräterische Zeichen, als hätte sie Baghira für alle Zeiten zeichnen wollen.
„Schweinebacke“, zischte sie und spürte dabei doch, dass sie ihn tatsächlich nicht hassen konnte. Jedenfalls nicht lange. Es war als würde ihre Wut von einem Gummiband zurückgehalten werden. Wenn sie sich konzentrierte, konnte sie in die Gefilde rotglühenden Zorns und vernichtenden Hasses vorstoßen, speziell wenn sie an Herbert dachte. Doch wenn sie nur einen Augenblick an etwas anderes dachte, schnalzte alles zurück auf Anfang und da war eben nur ein betörend gut aussehender, verwegener Mann, der in ihr Leidenschaften und Begierden weckte, die sie trotz umfassender Feldstudien nie zuvor auch nur erahnt hatte. Und doch durfte sie einfach nicht vergessen, was er Herbert angetan hatte – und dass er sie hatte beißen wollen, bevor wenigstens kurz ihr Wille
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