Vampire Earth 5 - Verräterblut
Totempfahl der Scheunenleute, Fran, mein Wüterich.«
Sie lachte. » Wüterich. Tar-Baby, das gefällt mir. Aber du gehst jetzt besser, sonst erlebst du einen echten Wüterich. Ich muss zur Visite.«
Auf dem Weg zur Tür gab Valentine ihr einen Klaps auf den mit dünnem Stoff verhüllten Hintern. Sie rief ihn mit einem Pfiff zurück und reichte ihm ein gelbes Plastikkärtchen. »Hier. Ohne das funktioniert der Fahrstuhl nicht. Du musst es nur in den Schlitz über den Knöpfen stecken. Da gibt es ein Schaubild.«
»Danke.«
Er zwinkerte ihr zu, als er die Tür schloss, und ging den Korridor hinunter. Das Licht hatte sich verändert. An diesem Morgen war es heller und fröhlicher. Er ging zum Fahrstuhl und kam sich vor wie das Männchen einer Schwarzen Witwe, das gerade das Netz des Weibchens überquert hatte und aus unerfindlichen Gründen noch am Leben war.
Wie angewiesen steckte er die Karte in das Lesegerät. Testweise drückte er den Knopf für den sechsten Stock, aber der Fahrstuhl brachte ihn direkt ins Erdgeschoss.
Valentine trat aus der Kabine in eine Lobby mit hohen Decken. Lustige Wandbilder, komponiert aus Grundfarben, zeigten Landarbeiter mit kantigem Kinn, Mediziner mit Metallgestellbrillen und gebeugte Mütterlein, die all jenen, die die Lobby durchquerten, erzählten, sie würden
EIN BESSERES MORGEN SCHAFFEN.
Zudem forderten sie
FORTSCHRITT IN JEDER GENERATION.
Auf einem abgerundeten Podest standen einige Angehörige des Sicherheitsdienstes. Zwei Frauen in blauen Kitteln, eine mit einer Plastikwasserflasche in der Hand, die andere mit einer Kaffeetasse aus Kunststoff, unterhielten sich in der Nähe einiger Fahrstühle, die offenbar nicht bis zum obersten Stock fuhren. Valentine ging auf die Tür zu, die zu dem Innenhof mit dem Pool führte.
»Hey, Arbeiter!«, rief einer der Sicherheitsbediensteten.
Er konnte nicht einfach tun, als hätte er nichts gehört, also drehte er sich um. »Ja, bitte?«
»Die gelbe Gebäudekarte. Geben Sie sie her.«
Valentine fischte die Karte aus seiner Tasche und legte sie auf den Tisch. »Hier.«
Dann ging er wieder zu der Tür und tat, als sähe er die anderen Ausgänge nicht.
»Bin ich zu schlau, oder sind die zu blöd?«, wandte sich der Sicherheitsbedienstete an seinen Kollegen. »Arbeiter!«
Aber Valentine hatte die Tür bereits passiert.
Er marschierte über die Schieferplatten. Der Bereich zwischen den Häusern roch nach Blumen und den Zedernholzspänen, die großzügig im Garten verteilt worden waren. Zwei Frauen in Pink, beide hochschwanger, aßen irgendeine Frühstücksmischung mit verbogenen Löffeln aus Keramikschüsseln. Valentines Nase erkannte Joghurt. Beide waren arg blass und sahen aus, als könnten sie die Morgensonne wirklich brauchen.
Eine andere Gruppe von vier Frauen, unter deren locker sitzenden pinkfarbenen Klamotten keine Schwellung erkennbar
war, leistete einer Frau in Blau Gesellschaft. Die Frauen halfen einander beim Frisieren und teilten sich einen Krug Tomatensaft. Valentine ging durch die Tür des Gewächshauses und über eine Rampe hinunter zum Swimmingpool. Chlorgeruch brannte sich in seine Nase. Zwei Dutzend Köpfe hüpften über die breiten Bahnen. Andere hatten sich am gegenüberliegenden Ende versammelt und unterhielten sich, während sie auf eine freie Bahn warteten.
Es gab keine zwei gleichen Badeanzüge; er sah leuchtend pinkfarbene Bikinis und große, schwarze Einteiler. Vielleicht war der Pool der einzige Ort, an dem die Frauen Gelegenheit hatten, sich selbst durch ihre Kleidung Ausdruck zu verleihen.
»Los, los, meine Damen«, rief ein Mann in Shorts, der mit einer Trillerpfeife auf einem kurzen Sprungbrett stand. »Weiterschwimmen. Das bringt die Durchblutung in Gang und das Gedärm in Bewegung. Ich möchte leuchtend rote Wangen sehen … he, kann ich Ihnen helfen?«
Die letzten Worte sprudelten hervor, als er Valentine erblickt hatte.
Aber der hörte ihn kaum.
Gail Foster, ehemals Gail Post, wartete auf der anderen Seite des Pools in der nächsten Gruppe.
Ihr Haar war dünner, das Gesicht schmaler, aber die großen grünen Augen und die zarte Stupsnase waren unverkennbar. Wie sie da mit ihrem nassen Haar so träge ihre Beine im Wasser bewegte und sich mit der Frau neben ihr unterhielt, wirkte sie beinahe wie ein Kind, so ganz anders als auf dem Passfoto aus Posts Flugblatt, auf dem sie in die Kamera starrte, als wollte sie die Linse herausfordern, sie einzufangen. Sie blickte nicht einmal auf, als der
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