Vampirgeflüster
hatte zwei Teenager, einen Ehemann und drei Hunde zu Hause, was mir die Agentin sogleich sympathischer machte - und vielleicht war sogar ein wenig Neid darunter.
»Sookie, ich hole den Tee für deine Gäste, unterhaltet ihr euch ruhig«, sagte Octavia in ihrem reizendsten Ton. »Setz dich und lass mich machen.« Die beiden Agenten saßen auf dem Sofa und sahen sich noch interessiert in meinem schäbigen Wohnzimmer um, als Octavia schon mit Servietten und zwei Gläsern Süßem Tee, in denen die Eiswürfel angenehm klirrten, zurückkam. Ich stand aus dem Sessel dem Sofa gegenüber auf, um den beiden die Servietten hinzulegen, und Octavia stellte die Gläser darauf. Lattesta nahm einen großen Schluck. Octavias Mundwinkel zuckte nur leicht, als er entsetzt das Gesicht verzog und dann sein Bestes tat, um seiner Miene einen Anstrich von freudiger Überraschung zu verleihen.
»Was genau wollten Sie mich denn nun fragen?« Zeit, um zur Sache zu kommen. Ich lächelte sie munter an, die Hände im Schoß gefaltet, die Beine parallel gestellt und die Knie züchtig zusammengepresst.
Lattesta hatte einen Aktenkoffer mitgebracht, den legte er jetzt auf den Couchtisch, öffnete ihn und holte ein Foto heraus, das er mir reichte. Es war vor ein paar Monaten am Nachmittag in Rhodes aufgenommen worden. Die Aufnahme war recht scharf, auch wenn die Luft um die Personen darauf voller Staubwolken hing, die von der eingestürzten Pyramide von Gizeh aufgewirbelt worden waren.
Ich hielt den Blick auf das Foto gerichtet und zwang mich, weiter zu lächeln. Aber dagegen, dass mir das Herz in die Hose rutschte, konnte ich nichts tun.
Auf dem Foto standen Barry Bellboy und ich inmitten der Trümmer der Pyramide, jenes Vampirhotels, das im letzten Oktober von einer Splittergruppe der Bruderschaft der Sonne in die Luft gesprengt worden war. Ich war etwas besser zu erkennen als mein Begleiter, weil Barry nur im Profil zu sehen war. Ich stand mit dem Gesicht zur Kamera, ohne sie zu bemerken, den Blick auf Barry gerichtet. Und wir waren beide voller Schmutz und Blut, Asche und Staub.
»Das sind Sie, Miss Stackhouse«, sagte Lattesta.
»Ja, stimmt.« Es war sinnlos, es zu leugnen, auch wenn ich es liebend gern getan hätte. Beim Anblick des Fotos wurde mir richtig übel, weil es mich unweigerlich an alle Einzelheiten jenes Tages erinnerte.
»Sie haben also zum Zeitpunkt der Explosion im Hotel Pyramide von Gizeh gewohnt?«
»Ja.«
»Sie haben für Sophie-Anne Leclerq, eine Vampirin und Geschäftsfrau, gearbeitet. Die sogenannte Königin von Louisiana.«
Ich wollte Spezialagent Lattesta schon erklären, dass Sophie-Anne alles andere als eine »sogenannte« Königin war, doch aus Gründen der Diskretion schwieg ich. »Ich bin mit ihr zusammen hingeflogen«, erwiderte ich stattdessen.
»Und Sophie-Anne Leclerq erlitt schwere Verletzungen bei dem Anschlag auf das Hotel?«
»Soweit ich weiß, ja.«
»Sie haben sie nach der Explosion nicht mehr gesehen?«
»Nein.«
»Wer ist der Mann, der hier auf dem Foto neben Ihnen steht?«
Lattesta hatte Barry also noch nicht identifiziert. Ich musste mich zwingen, aufrecht sitzen zu bleiben, damit ich nicht vor Erleichterung in mich zusammensackte. Ich zuckte die Achseln. »Er kam nach der Explosion auf mich zu«, sagte ich. »Im Gegensatz zu den meisten anderen waren wir beide in einigermaßen guter Verfassung und konnten bei der Suche nach Überlebenden helfen.« Es war die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze. Ich hatte Barry schon monatelang gekannt, als ich ihn beim Gipfeltreffen der Vampire in der Pyramide wiedersah. Er war in Diensten des Königs von Texas dort hingekommen. Ich fragte mich, wie viel das FBI eigentlich über die Vampirhierarchie wusste.
»Wie haben sie beide nach Überlebenden gesucht?«, fragte Lattesta.
Diese Frage war sehr schwer zu beantworten. Zu der Zeit war Barry der einzige andere Telepath, dem ich je begegnet war. Wir hatten einfach experimentiert, uns an den Händen gehalten, um unsere »Wattleistung« zu erhöhen, und in den Trümmern nach Anzeichen von Hirnströmen gesucht. Ich holte tief Luft. »Mir fällt es leicht, Dinge zu finden«, sagte ich. »Und es wurden dringend Helfer gebraucht. Es waren so viele Menschen schwer verletzt.«
»Der Feuerwehrhauptmann vor Ort meinte, Sie hätten anscheinend gewisse übersinnliche Fähigkeiten«, sagte Lattesta. Agentin Weiss betrachtete ihr Teeglas, um ihren Gesichtsausdruck zu verbergen.
»Ich bin keine Hellseherin«, sagte
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