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Vampirmelodie

Vampirmelodie

Titel: Vampirmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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gar nicht vorgestellt. Von den abgewetzten Stiefeln und Jeans bis hin zu ihrer ärmellosen blauen Bluse sah sie aus, als würde sie sich in einer Western-Bar wie Stompin’ Sally’s sehr viel wohler fühlen als im Haus einer Telepathin, wo sie ihre Hellseherei unter Beweis stellen sollte.
    »Paranormale Psychometrie«, korrigierte Barry mich.
    Ich hob eine Augenbraue.
    »Ursprünglich wurde es nur Psychometrie genannt«, erklärte er, »doch in den letzten Jahren haben ›echte Wissenschaftler‹« – er malte mit den Zeigefingern imaginäre Anführungszeichen in die Luft – »begonnen, diesen Begriff zur Einschätzung … oder besser, Prüfung psychologischer Charakterzüge zu benutzen.«
    Das klang nicht allzu sehr nach Wissenschaft für mich.
    »Für mich auch nicht«, gab er zu. Aber ich habe gestern Abend noch etwas darüber im Internet gelesen, um mich auf ihren Besuch vorzubereiten. Für den Fall, dass Bob sich über ihre Fähigkeiten täuscht.
    Kluger Schachzug , sagte ich zu ihm und sah, wie Delphine Oubre die hinteren Verandastufen heraufkam.
    »Ich brauche ihr eure Namen nicht zu nennen«, sagte Bob hastig. »Nur meinen, mehr braucht sie nicht.«
    Aus der Nähe schien Delphine etwa vierzig Jahre alt zu sein. Sie trug keinen Schmuck oder Make-up, nur die Feder an ihrem Hut. Ihre Cowboystiefel waren alt und ehrwürdig. Und sie sah aus, als könnte sie mit bloßen Händen Nägel in die Wände schlagen.
    Bob stellte sich Delphine vor; und auch wenn ich (der Anweisung folgend) ihr meinen Namen nicht nannte, bot ich Delphine etwas zu trinken an (sie wollte Leitungswasser, ohne Eis). Sie setzte sich an den Küchentisch, und als ich ihr das Glas hingestellt hatte, nahm sie einen großen Schluck und sagte dann ungeduldig: »Nun?«
    Diantha reichte ihr das Halstuch, das immer noch in dem Plastikbeutel war. Ich hatte es noch nicht gesehen, hatte es nicht sehen wollen. Das Halstuch war Arlene vom Hals geschnitten worden, weshalb der Knoten noch drin war. Es war zu einer Schnur zusammengedreht, und es war fleckig.
    »Das Halstuch der Toten?«, fragte Delphine, wenn auch nicht so, als würde es sie beunruhigen.
    »Nein, es ist meins«, sagte ich. »Aber ich möchte wissen, wie es kommt, dass eine Tote es um den Hals hatte. Haben Sie Probleme damit, etwas anzufassen, das jemanden getötet hat?«
    Ich wollte sichergehen, dass Miss Oubre nicht zu schreien begann, wenn sie den Stoff berührte. Obwohl das nicht allzu wahrscheinlich schien nach allem, was ich bisher von ihr gesehen hatte.
    »Nicht das Halstuch hat sie getötet, sondern die Hände, die es zuzogen«, entgegnete sie pragmatisch. »Zeigen Sie mir das Geld und geben Sie es mir. Ich habe zu Hause Kühe, die gefüttert werden müssen.«
    Geld? Bob hatte sie angerufen. Da er das Ganze arrangiert hatte, hatte ich vergessen, ihn zu fragen, was es kosten würde. Und sie würde natürlich keinen Scheck nehmen.
    »Vierhundert«, murmelte Bob, und ich hätte ihn ohrfeigen mögen, da er mir davon nichts gesagt hatte. Okay, ich hätte nachfragen sollen. Als ich mich zu erinnern versuchte, wie viel ich in der Handtasche hatte, sank mein Herz. Ich müsste Delphines Cowboyhut herumgehen lassen, um so viel Bargeld aufbieten zu können.
    Da tauchte Mr Cataliades’ Hand mit vier Hundert-Dollar-Scheinen vor Delphine auf. Sie nahm das Geld ohne Kommentar und stopfte es in ihre Brusttasche. Dankbar nickte ich dem halbdämonischen Stifter zu. Nachlässig erwiderteer das Nicken. »Ich werde es auf meine Rechnung setzen«, murmelte er.
    Jetzt, da das erledigt war, sahen wir die Hellseherin alle mit nervösem Interesse an. Ohne weiteres Aufheben öffnete Delphine Oubre den Plastikbeutel und holte das Halstuch heraus. Der Geruch war ziemlich schlimm, und Amelia lief sofort zu einem Fenster und machte es auf.
    Wenn ich genau darüber nachgedacht hätte, hätten wir das Ganze draußen veranstaltet, ganz egal, wie heiß es war.
    Die Augen der Hellseherin waren geschlossen, und anfangs hielt sie das Halstuch locker in der Hand. Als es ihr Dinge verriet, wurde ihr Griff fester, bis sie den Stoff geradezu zerdrückte. Ihr Gesicht drehte sich leicht von einer Seite zur anderen, so als wollte sie irgendetwas besser sehen; es wirkte unbeschreiblich gruselig. Und ehrlich gesagt, ihre Gedanken zu lesen war auch gruselig.
    »Ich habe die Frau getötet«, sagte sie plötzlich mit einer Stimme, die nicht ihre eigene war. Ich fuhr zurück, und da war ich nicht die Einzige. Wir alle wichen einen

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