Vampirnacht
Stuhl, und Lindsey ließ sich schwach darauf nieder. Sie stützte sich mit den Händen am Tisch ab.
»Weißt du noch, worüber wir gesprochen haben, ehe du das Bewusstsein verloren hast?« Ich hatte da einen Verdacht, dem ich nachgehen musste. Das konnte eigentlich kein Zufall sein.
»Du musst etwas essen. Diese Krämpfe haben dich viel Kraft gekostet. Und trink das.« Camille brachte ihr noch eine Tasse Tee, stellte sie vor ihr auf den Tisch und legte einen Keks daneben.
Lindsey schloss die Augen und sog den Dampf ein, der aus der Tasse aufstieg. Iris stellte ihren Schemel hinter sie, stieg darauf und massierte ihr die Schultern. Lindsey ließ sich seufzend in ihre Hände sinken.
»Ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich euch von dem Esoterikmarkt erzählt habe.« Sie schürzte die Lippen, kniff konzentriert die Augen zusammen und schüttelte dann den Kopf. »Mehr nicht.«
»Wir haben dich nach einem Traum gefragt, den du erwähnt hast. Du hast gesagt, du bist nass geschwitzt daraus aufgewacht.« Ich wollte keinen weiteren Anfall auslösen, also tastete ich mich vorsichtig voran.
Lindsey neigte den Kopf zur Seite. Sie wirkte verwirrt. »Ich kann mich nicht erinnern, dass ich etwas von einem Traum gesagt hätte. Ich schlafe in letzter Zeit nicht gut, aber ich bin ziemlich sicher, dass das an Feddrika liegt – sie wacht alle paar Stunden auf, weil sie Hunger hat, deshalb muss ich nachts immer wieder aufstehen.«
Ich überlegte, ob ich weiter nachbohren sollte, doch hinter Lindsey schüttelte Iris warnend den Kopf, also ließ ich es bleiben. »Okay, dann haben wir dich wohl falsch verstanden. Wahrscheinlich bist du einfach überanstrengt. Ich will dich nicht allein nach Hause fahren lassen. Shade kann dich fahren und dann übers Ionysische Meer zurückkommen. Er ist ein guter Fahrer, er wird dich sicher nach Hause bringen.«
Ihre Lippen verzerrten sich, und sie sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Ich weiß, dass ich hergekommen bin, weil ich mir Sorgen um meinen Zirkel mache. Aber ich weiß nicht mehr, worüber wir noch gesprochen haben – das macht mir Angst.«
»Das ist nach einem Krampfanfall ganz normal. Das Kurzzeitgedächtnis leidet. Ich schlage vor, du lässt dich nach Hause bringen und ruhst dich aus. Morgen gehst du zu deiner Ärztin und erzählst ihr von dem Anfall. Wir hören uns mal um, ob wir irgendetwas finden, das deinen Zirkel beeinträchtigen könnte. Und, Lindsey …« Iris zögerte.
»Ja?«
»Du solltest zurzeit noch nicht magisch arbeiten. Du brauchst noch ein wenig Pause nach der Geburt.« Iris’ Gesichtsausdruck sagte mir klar und deutlich, dass sie log. Was immer da vorgehen mochte, es würde Lindsey offenbar nicht bekommen, mit der Astralebene oder sonst irgendetwas herumzuspielen, das sie zu viel Energie kosten könnte.
Lindsey nickte. Sie schaute verwundert und verloren drein. Shade half ihr auf und führte sie hinaus. Als die Tür hinter ihnen zufiel, starrten Camille und ich uns erschrocken an.
»Muss ich diejenige sein, die es ausspricht, oder sagst du es?« Sie sackte auf ihrem Stuhl zusammen und warf Vanzir einen Blick zu.
Er riss den Kopf hoch und blickte zwischen uns beiden hin und her. »Nein, he – ich habe nichts gemacht. Und ein Traumjäger-Dämon würde sich nicht so verhalten, wie sie es beschrieben hat. Da passt einiges nicht zusammen.«
Ich schnaubte. »Wir behaupten ja nicht, dass das deine Schuld ist, also beruhig dich. Aber offensichtlich ist irgendetwas in ihre Träume eingedrungen, und es scheint auch eine gewisse Kontrolle über sie zu haben, wenn sie wach ist. Dieser Krampfanfall genau in dem Moment, als sie uns von ihrem Traum erzählen wollte, kann kein Zufall gewesen sein. Wir wollen dich nur fragen, ob du etwas über andere Geschöpfe weißt, die sich in der Traumzeit bewegen können?«
Vanzir brummte, doch er schien besänftigt. »Ich kann nachforschen. So spontan würde ich sagen … ach, da käme eine Menge in Frage. Nichts, worauf ich mich einfach so festlegen könnte.«
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Verdammt. Wir mussten zu den Anonymen Bluttrinkern. »Ich muss los. Camille, Delilah, Nerissa, bitte kommt mit.« Ich hätte auch gern mindestens einen der Jungs dabeigehabt, aber wenn ich Smokys Jähzorn bedachte, war er doch keine gute Wahl. »Morio, möchtest du mitkommen? Nach dem, was gestern Nacht hier passiert ist, bleibt ihr anderen besser alle hier.«
Iris wandte sich wieder dem Abwasch zu.
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