Vampirnacht
Sollte
die
sich ruhig mit seiner Mutter herumschlagen.
»Oha. Eifersüchtig?« Er lachte. »Roman weiß doch, dass ihr beiden verlobt seid. Er hat erst vorhin gesagt, dass ihr seiner Meinung nach sehr gut zusammenpasst.«
Ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte, aber ich ließ es gut sein. »Ich muss den Mitgliedern ein paar Fragen stellen. Wir suchen einen verschollenen AND -Agenten, der zuletzt in White Center gesehen wurde. Die Idioten haben ihn in den Einsatz geschickt, ohne vorher zu prüfen, in was für eine Gegend sie ihn schicken. Andrees ist ein kluger Kopf und ein guter Kämpfer, aber er hatte es noch nie mit abgesägten Schrotflinten oder einem tiefergelegten Schlitten voller Gangmitglieder zu tun.«
Wade stieß einen leisen Pfiff aus. »White Center? Gar nicht gut. Okay, ich setze dich an die erste Stelle der Tagesordnung, dann sind die Leute noch aufmerksam. Nach einer halben Stunde lässt die Konzentration immer merklich nach.«
Wir nahmen unsere Plätze ein, und Roman kam zu uns herüber. Er trug den vorgeschriebenen Smoking – heute in dunklem Violett –, eine teure schwarze Designerjeans und schwarze Motorradstiefel. Unter dem Smoking lugten die edlen Rüschen eines cremefarbenen Hemds hervor. Das Haar trug er heute offen, und es schwang perfekt frisiert um seine Schultern. Wer immer sein Friseur sein mochte, er war ein Künstler. Ich unterdrückte ein Lachen. Roman ließ sich mit seinem eklektischen Stil wirklich in keinerlei Schublade stecken.
Er beugte sich vor, streifte meine Lippen mit einem Kuss und griff nach Nerissas Hand. Sie reichte sie ihm, und er führte sie an die Lippen und drückte einen kurzen Kuss auf ihren Handrücken. Er hielt die Hand einen Herzschlag länger fest, als nötig gewesen wäre, und Nerissas Atem beschleunigte sich. Dann entzog sie ihm ihre Hand.
»Wie immer ist es mir eine große Freude, meine schöne Gefährtin und ihre Geliebte zu sehen.«
Oh, seine Manieren waren geradezu höfisch, und die Vampire um uns herum konnten nicht genug davon bekommen. Ein paar Frauen warfen mir giftige Blicke zu, und mir wurde klar, dass sie neidisch waren. Ich wusste schon, warum, aber obwohl ich Romans Gesellschaft genoss, hätte ich die Position an seiner Seite nur zu gern hergegeben. Höfische Manieren und Etikette waren nicht mein Ding.
Roman setzte sich neben mich, und sein Gefolge – zehn Leibwächter – umringte uns und schloss auch meine Schwestern, Morio und Rozurial in seinen schützenden Kreis mit ein.
Camille saß am Rand, neben Morio, und ich schaute die Reihe entlang zu ihr hinüber. Sie beäugte den Vampir neben sich mit einer Mischung aus Argwohn und Neugier. Er war ein stämmiger Mann und trug das Standard-Outfit von Romans Wachleuten – schwarze Sonnenbrille, schwarzer Rollkragenpulli mit Romans eingesticktem Familienwappen und schwarze Jeans.
Ich beugte mich zu Nerissa und flüsterte: »Sieht irgendwie so aus, als wären wir in einen besonders exzentrischen Poetry-Slam geraten.«
Sie kicherte und schlug sich die Hand vor den Mund, um ihr Lachen zu unterdrücken. Roman warf mir einen belustigten Blick zu. Dann beugte er sich so weit vor, dass wir ihn beide hören konnten, und flüsterte: »Zufällig schreibe ich tatsächlich Poesie, und wenn ihr beiden euch weiterhin über die modische Ausstattung meiner Leibwächter lustig macht, zwinge ich euch, sie euch anzuhören.«
»Das ist aber keine Vogonen-Dichtung, oder?«, prustete Nerissa.
Roman lachte schallend und klopfte sich auf den Oberschenkel. »Ich fürchte, auf Douglas Adams’ Dichtkunst-Ranking habe ich es nicht geschafft, meine Liebe.«
In diesem Moment betrat Wade das Podium. Wie immer winkte er ins Publikum und sagte: »Hallo, ich bin Wade, und ich bin ein Vampir.«
»Hallo, Wade!«, erwiderten die Zuhörer donnernd.
Einer nach dem anderen, Reihe um Reihe, stand jeder Vampir im Raum auf – eine Art La Ola im Schneckentempo – und sagte das Sprüchlein ebenfalls auf.
Ich war an der Reihe. »Hallo, ich bin Menolly, und ich bin ein Vampir.«
»Hallo, Menolly!« Die ersten paar Male hatte ich furchtbar kichern müssen, als mir dieses Echo entgegengehallt war, doch inzwischen fühlte es sich an wie eine alte Jeans. Nicht schick oder aufregend, aber bequem, ein tröstliches Ritual.
Dann begann die eigentliche Versammlung. Wade ließ die Sekretärin – meine Tochter Erin – das stichpunktartige Protokoll der letzten Versammlung vortragen. Ich lächelte ihr zu und
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