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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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sie nur das machten, was sie durften.
    »Willst du denn was zu trinken, meine Süße?«, fragt ein Onkel und reicht ihr seinen Martini on the rocks.
    Fasziniert starrt Lena auf das hohe Glas, in dem die Eiswürfel klickern.
    »Sie soll keinen Alkohol haben«, sagt der Vater streng, »das ist nicht gut.«
    »Na, da haben wir doch was Schöneres«, sagt der Onkel, trinkt seinen Martini in einem Zug aus, kippt die Eiswürfel in den Blumentopf mit der prächtigen, rotblühenden Anthurie, dem Stolz der Hausfrau, holt seinen Penis aus der Hose, pinkelt in das leere Glas und reicht es Lena.
    Das war Lenas erster Eindruck von dieser Welt.
    Sie war noch nicht vier Jahre. Als sie später ihre Erlebnisse aufschreibt, schildert sie das Gefühl, wie eine winzige Maus in der Falle zwischen den riesigen Männern zu sitzen. Sie kennt die Männer nicht und weiß auch nicht recht, was geschieht. Die Männer fassen sie an. Sagen seltsame Dinge, riechen nach Alkohol. Am besten, beschließt Lena, sie sagt keinen Mucks und rührt sich nicht von der Stelle. Als der Mann ihr das Glas mit der Flüssigkeit gibt, die sie trinken soll, sieht sie, wie der Mann, der ihr Vater ist, lacht. Es macht ihm Spaß.
    Sie will nicht trinken. Sie muss.
    Der Geruch schlägt ihr entgegen. Mit Mühe kann sie die Übelkeit kontrollieren. Die Männer werden böse. Sie weiß, es gibt keinen anderen Weg. Da hält sie die Luft an, schließt die Augen und trinkt. Nur nicht daran denken, was da in dem Glas drin ist. Trotzdem wird ihr übel. Sie würgt. Die Männer drohen ihr: Wenn sie das erbricht, werden sie sie totschlagen. Die Tränen laufen ihr über das Gesicht, und immer wieder schluckt sie runter, was ihr hochkommt.
    Geschafft, denkt sie, nun werden sie mich in Frieden lassen.
    Da Lena ganz allein ist und keiner ihr hilft, kann auch niemand ihr erklären, dass dies nur eine von vielen Stufen systematischer Terrorisierung kleiner Kinder ist. So soll ihr Wille gebrochen werden, damit sie eines Tages widerstandslos funktionieren. Funktionieren als Besitz anderer und als Werkzeug krimineller Gruppen. Dies war Stufe eins: das Ekeltraining.
    »Na«, sagt einer der Männer, »willst du uns nicht mal zeigen, wo dein Bettchen ist? Wir sind deine Gäste, willst du nicht höflich zu uns sein, wie sich das gehört für ein kleines Mädchen?« Froh, endlich aufstehen und das Zimmer verlassen zu können, geht sie voran, zeigt den Männern ihr Bett. Dort erlebt Lena zum ersten Mal, was der Körper schon lange kennt.
    Während ihr Kopf gegen die Wand schlägt, immer wieder, und ihr Bauch zu zerreißen scheint, merkt sie plötzlich, dass sieihre Beine nicht mehr spürt. Anders als die anderen bleibt sie hier. Aber ihre Beine sind fort.
    Als sie allein ist, möchte sie sterben. Aber das ist etwas, was keine von ihnen kann. Sie können nur überleben.
    Das ist ein Segen. Bislang.
    Wie lange sie so lag – der Kopf tat weh, ihr war übel, die Beine waren weg –, das weiß Lena nicht mehr.
    Waren denn alle Männer so brutal? Gab es keine Ausnahme? »Doch«, sagt Lena später, »da war einer, der war ganz nett. Der hat mir wenigstens nicht weh getan. Der hat mich gestreichelt, auch da unten, aber er hat mir nicht weh getan. Und wenn andere etwas getan haben, was schlimm war, dann hat er auch schon mal gesagt, sie sollen es doch sein lassen. Aber die haben über den gelacht und gelästert. Da tat er mir dann etwas leid. Der hat auch immer ganz unglücklich geschaut. Wenn ich bei dem auf dem Schoß saß, habe ich mich ein bisschen sicherer gefühlt. Seine Augen waren netter. Aber die anderen haben den erpresst, weil er selber Kinder hatte. Der hatte mich irgendwie lieb. Nur dass das eben die falsche Liebe war. Ich hab ihn trotzdem gemocht. Er ist aber nur selten gekommen und dann gar nicht mehr, weil ihm das wohl zu schlimm wurde.«
    Außer den Onkels gab es auch Tanten. Die Tanten waren nicht so wichtig, aber sie waren dabei. Die Tanten waren das Symbol der Normalität, sie rechtfertigten die Annäherung der vielen Onkel an das kleine Mädchen. Mit manchen Onkels verreiste man. Dann waren meistens Tanten dabei.
    Und natürlich die Kinder der Tanten. Im Fotoalbum liest sich das so: »Zufällig trafen wir die kleine Armgard Sörensen (4 Jahre, 2 Monate) am Strand in Sylt.« Klartext: Zusammen mit Familie Sörensen einschließlich der vierjährigen Armgard war man verreist, damit die Väter auch mal was Neues erlebten.
    »Guck mal«, sagt Onkel Sörensen, »was ich hier

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