Vegas Vampires 04 - Was sich liebt, das beißt sich
ein wenig enger. »Was ist passiert?«
Sie erinnerte sich leicht an jenen Moment, als Gregor, ein russischer Vampir, sie Roberto gegenüber als Druckmittel benutzt hatte. Aber zuzugeben, welche Gefühle das in ihr ausgelöst hatte, war nicht so leicht. »Ich stand da, als er mich an sich gerissen und das Messer an meinen Hals gehalten hat … und ich muss dir sagen, dass ich in diesem Augenblick sterben wollte. Ich wollte einfach, dass er mir das Leben nimmt – diesen ganzen Schmerz und die Schuldgefühle und die Langeweile –, dass er alledem ein Ende macht. Und ich schäme mich so sehr dafür.«
Gwenna war sich nicht sicher, was sie erwartete oder was sie wollte, dass Nate sagte, vielleicht sollte er anerkennen, was für eine schreckliche Person sie war, solche Gedanken zu haben, allerdings antwortete er darauf: »Ich bezweifle, dass das wirklich deine Gefühle waren.«
»Wie bitte?« Gwenna versuchte, sich aus seinem Griff zu lösen, doch er hielt sie fest. Wie konnte er einfach so abtun, was sie ihm gerade erzählt hatte? Es war eine Beichte, die von ganzem Herzen kam, und er besaß die Unverfrorenheit zu sagen, dass sie es nicht so meinte? »Und ob ich das gefühlt habe!«
»Du willst nicht sterben, Gwenna … wenn du es wolltest, wärst du bereits tot. Aber er hat deine Schuldgefühle und deine Trauer ausgenutzt, und für einen Augenblick dachtest du vielleicht, es wäre leichter, es einfach passieren zu lassen und diese Welt zu verlassen. Doch er hat es nicht getan, und du warst froh, oder nicht?«
Sie seufzte. »Ja, ich bin froh, am Leben zu sein.«
»Du hast eine Menge durchgemacht.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, und seine Lippen wanderten über ihren Oberkopf.
»Nicht mehr als viele andere.« Daher stammte ihre Scham. Sie hatte sich an ihre Trauer und ihren Schmerz geklammert. »Nachdem das passiert war, ist mir klar geworden, wie egoistisch und kurzsichtig ich war … ich kann und soll nicht die Dauer meines Lebens bestimmen, allerdings kann ich darüber bestimmen, was ich tue, solange ich hier bin.«
Nate drückte sie leicht. »Amen.«
Gwenna starrte die Wand an, dachte darüber nach, wie merkwürdig, aber richtig es sich anfühlte, jetzt hier zu sein, eine Gelegenheit genutzt zu haben, wie interessant und faszinierend es war, sich mit jemandem zu unterhalten, den sie nicht seit fünfhundert Jahren kannte. Wie angenehm es war, ihre Sexualität wieder zu entfesseln, nachdem sie sie drei Jahrhunderte lang unterdrückt hatte.
Sie wollte etwas sagen, wollte sich einfallen lassen, wie sie sich bei Nate bedanken konnte, ohne wie ein Vollidiot zu klingen, doch mit einem Mal bemerkte sie etwas anderes.
Nate war eingeschlafen.
Und ihr Handy klingelte wieder.
6
Gwenna hörte das Klingeln ihres Handys und kämpfte mit ihrem Gewissen. Das musste Roberto sein. Was bedeutete, dass sie nicht rangehen musste. Aber sie sollte es auf Vibrationsalarm umstellen, um Nate nicht zu stören.
Widerwillig verließ Gwenna das warme Bett und den noch wärmeren Mann, schlüpfte unter der Decke hervor und suchte nach ihrer Handtasche, die irgendwo auf dem Boden lag. Sie kam sich ein wenig komisch vor, nackt hier herumzukriechen, also griff sie nach ihrem Höschen und schlüpfte rasch hinein. Der Vollständigkeit halber zog sie noch ihr T-Shirt an.
Ihr Handy hörte auf zu klingeln und fing sofort wieder an. Sie fand es und wollte es schon auf Vibrationsalarm stellen, als sie auf dem Display sah, dass der Anruf von Alexis kam. Ihre Schwägerin rief sie nicht gerade oft an, deshalb bekam Gwenna ein ungutes Gefühl. Sie ging ran und malte sich bereits aus, dass irgendetwas Schlimmes mit Brittany, dem Baby oder Ethan sein musste.
»Ja?« Sie sprach leise, war sich sehr bewusst, dass Nate kaum einen Meter von ihr entfernt war. Doch er schlief fest und rührte sich nicht.
»Okay, wir haben eine Mädelskrise. Bist du gerade beschäftigt oder kannst du rüberkommen?«
Alexis kam immer gleich zur Sache. »Was für eine Krise?«
»Kelsey ist hier und heult sich die Augen aus, jammert rum, dass es aus sei mit ihrer Ehe … sie ist völlig am Boden zerstört, ihre Wimperntusche läuft ihr übers ganze Gesicht, und ich weiß einfach nicht, was ich mit ihr tun soll. Du weißt doch, ich bin echt schlecht darin, Leute zu trösten. Cara ist zurück in Irland, Brit im Krankenhaus, da bleibst nur du. Ich brauch dich hier, um die richtigen Worte zu finden.«
Gwenna ging raus auf den Flur, um Nate nicht zu stören,
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