Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
nicht der Gedanke, dass sie sich in der berüchtigten Eastside der Stadt auf dem FuÃweg befand. Normalerweise kamen in diese Ecke nur Drogenabhängige und Obdachlose. Mit Ausnahme der Hunderte von aufgeregten Leuten, die um sie herum anstanden, in der Hoffnung, endlich Einlass in das alte gotische Gebäude gewährt zu bekommen.
»Mann, das wird so cool«, quietschte Rowan vor Freude. »Ich kann noch gar nicht glauben, dass wir wirklich da reingehen.«
»Wie bist du denn eigentlich an diese VIP -Tickets für den schärfsten Schuppen der Stadt rangekommen?«, fragte Mairi und beobachtete, wie ein riesiger schwarzer Vogel auf der Schulter des Gargoyle landete. Dieses Wesen schien ihr wirklich enorm groà zu sein. Wobei, wenn er hier in der Eastside zu Hause war, dann hatte er ja genügend Müll zur Verfügung, an dem er sich satt fressen konnte.
Sie beobachtete, wie der Vogel seinen Kopf nach links drehte und mit seinen scharfen, raubtiergleichen Augen irgendetwas ins Visier nahm. Lag es nur an ihr, oder visierte der Vogel die Menge tatsächlich ganz genau an, fast so, als würde er sich einen Mitternachtssnack aussuchen wollen?
»Ich hab dir doch erzählt, dass der Tarot-Typ heute Morgen einen Freund mitgebracht hat. Der hat sie mir geschenkt.«
Das Flattern der Raben-Flügel lenkte Mairis Aufmerksamkeit von Rowan ab. Sie sah, wie sich der Vogel von der Schulter der Statue erhob und auf einen Ast des Apfelbaums genau über ihr flog. Der Ast gab leicht nach, als sich das Tier darauf niederlieÃ, und der süÃe Duft von Apfelblüten wehte zu ihr hinab.
Sie war noch nie sonderlich an Vögeln interessiert gewesen, aber dieses Exemplar hatte so einen seltsamen silbernen Streifen auf dem Rücken, der ihre Neugier weckte. Der Vogel schien besonders fokussiert und wirkte äuÃerst klug, als er so die Menge betrachtete. Er drehte den Kopf abwechselnd nach rechts und nach links, als würde er den Leuten lauschen. Doch immer wieder landeten die scharfen Augen des Tieres auf ihr, so schien es, wenn sie es sich auch ungern eingestand. Sie wollte es nicht glauben.
Der Vogel kann mich doch unmöglich beobachten, murmelte sie wieder und wieder, und trotzdem spürte sie seinen raubtierhaften, durchdringenden Blick auf sich, selbst dann noch, wenn sie die Augen fest geschlossen hielt.
»Bist du dir sicher, dass das so gut ist, wenn du von einem Typen, den du kaum kennst, Karten annimmst?«, fragte Mairi vorsichtig.
»Ich schwörâs dir«, schwärmte Rowan, »der war absolut harmlos.«
»Ja, klar, das dachten wir aber von Aaron erst auch. Und dann hat er sich als richtiger Psycho entpuppt, und wir mussten dich wochenlang vor ihm verstecken.«
»Das ist doch Monate her, und der sitzt jetzt im Gefängnis! Schon vergessen? AuÃerdem weiÃt du doch, dass ich schon immer mal hier rein wollte. Wie hätte ich da freie Eintrittskarten ablehnen können?«
Saà Aaron eigentlich wirklich immer noch im Gefängnis? Mairi war sich da gar nicht so sicher. Nicht nach dem, was Lauren ihr erzählt hatte. »Na, dann erzähl mir doch mal ein bisschen mehr von diesem Kerl«, sagte Mairi, während sie ein paar Typen mit Irokesenschnitt und einem baumelnden Silberkettchen zwischen Nasenflügel und Lippe betrachtete, die soeben an ihnen vorbeischlenderten.
»Sein Name ist Sayer«, antwortete Rowan und sah ebenfalls den Typen hinterher, »und ich sag dir, meine Güte, ist der heiÃ, der Kerl. Na ja, der Tarot-Typ ist auch ganz schön scharf. Er hat so was Mysteriöses an sich und ist echt so was von sexy. Ich möchte wetten, dass er ein richtiges Tier ist, wenn er erst mal seine Reserviertheit abgelegt hat.«
»Ja ja, ich weiÃ, du redest ja ständig von ihm.«
»Tatsächlich, mach ich das?« Rowan seufzte. »Er nimmt mich aber einfach nicht wahr. Zumindest nicht auf diese Weise.«
»Und dann taucht ein Typ in deinem Laden auf, dem du noch nie zuvor begegnet bist, und bietet dir Karten fürs Velvet Haven an! Und du nimmst sie einfach so â hast du denn überhaupt keine Bedenken, vor allem, da ich dir doch erzählt hab, was gestern Nacht in der Stadt passiert ist?«
Rowan schwieg einen kurzen Augenblick. »Ist es denn hier geschehen?«
Mairi warf einen Blick auf den Vogel, dann sah sie zur Fassade des Clubs hinüber. »Nein.«
»Na, was machst du dir denn dann
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