Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Renwick, S: Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Mists of Velvet - The Immortals of Annwyn Book Two
fragen, wie es ihr ging.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Rhys stattdessen.
»Schlecht.«
»Weil du sie nicht retten kannst?«
Keir nickte, dann hob er den Arm und stützte sich auf dem steinernen Sims ab. Den Blick hielt er weiter auf das Fenster von Rowans Gemach gerichtet. »Sie wird sterben, und es gibt nichts, was ich mit meiner unsterblichen Seele oder meiner Magie bewirken kann, um sie zu retten.«
»Aber sie ist doch eine Göttin und ein Engel. Wie kann sie denn sterben? Sie ist ja keine Sterbliche.«
Keir wirbelte herum, seine Augen funkelten vor Zorn. »Ich weiß nicht, was sie in Wirklichkeit sein mag. Ich habe keine Ahnung, ob sie wirklich unsterblich ist. Ich weiß nur, dass sie stirbt, und ich fühle, wie sie mir entgleitet und wie mich das alles umbringt. Ich bin völlig gebrochen. Ich tue dir Unrecht, weil ich nicht mehr über meinen eigenen Schmerz, den ich ihretwegen empfinde, hinaussehen kann. Ich verpatze zurzeit alles, und dass ich zugelassen habe, dass du nach Annwyn entwischst, beweist nur, wie schlimm es tatsächlich ist.«
Rhys schlenderte zu Keir hinüber und umarmte ihn unbeholfen. »Du weißt, dass ich für dich da sein werde, wenn es so weit ist. Das weißt du doch. Ich werde dir helfen.« Keir wollte ihn abwehren, doch Rhys hielt ihn nur noch fester. »Ich weiß nicht, was diese Prophezeiung zu bedeuten hat. Ich weiß nicht, was die Zukunft für irgendeinen von uns bringen mag. Doch es gibt eine Sache, auf die du zählen kannst, Schattengeist, und das ist die Tatsache, dass ich dir immer zur Seite stehe und dir den Arsch rette. Und zwar solange ich lebe.«
Nickend zog sich Keir von ihm zurück. »Tut mir leid«, sagte er, nach einem tiefen Atemzug. »Das ist alles meine Schuld. Wenn ich es dir erzählt hätte, wäre nichts von alldem passiert.«
Ryhs war klar, dass sie nun längst nicht mehr über Rowan sprachen und schon gar nicht über seinen dummen Ausflug in die Höhle. »Du hast sie gesehen, nicht wahr? Du wusstest, dass sie deine Gefährtin werden würde?«
Keir wich zurück und schuf damit mehr als nur eine physische
Distanz zwischen ihnen. »Das habe ich gewusst. Ich habe Bronwnn in den Karten gesehen. Cailleach will, dass wir uns paaren, weil wir beide in die Zukunft sehen können. Sie glaubt, dass jeder die Begabung des anderen noch verstärkt.«
»Aber du wusstest auch, dass ich immer wieder von ihr geträumt habe.«
»Auch das ist richtig. Zuerst dachte ich, dass es allein an meinen Gedanken liege. Dann aber ist mir klar geworden, dass du sie tatsächlich begehrst.«
»Und du hast nichts gesagt, weil du mich, dieses erbärmliche Etwas, verschonen wolltest?«
»Nein«, knurrte Keir. »Sondern weil ich dachte, ich könnte warten, bis … bis nach Rowans Verschwinden. Ich kann nicht … ich könnte niemals mit der Göttin zusammen sein, solange sie noch am Leben ist. Auch das Wissen, dass es Cailleachs Wunsch ist, könnte mich nicht dazu bewegen, ihr in diesem Punkt zu gehorchen. Nicht, bis …« Er schluckte und ließ den Gedanken unausgesprochen. »Mein Plan war es, sie hinterher mit dir zu teilen. Ich dachte, dass es gelingen könnte, bis« – Keir sah ihm in die Augen – »bis ich feststellte, dass du mehr für sie empfindest als reines körperliches Verlangen.«
Rhys spürte, wie sich sein Körper versteifte. Der Gedanke an Keir und Bronwnn ließ ihn fast den Verstand verlieren. Die Vorstellung, sie zu teilen … Er wollte gar nicht darüber nachdenken.
»Ich werde sie dir nicht wegnehmen, Rhys, das verspreche ich. Sie ist nicht meine Gefährtin.«
Plötzlich stand Keir neben der Tür und hielt sie auf. »Wir verschwenden nur unsere Zeit. Cailleachs oidhche wird in
einigen Stunden hier sein und nach dir sehen. Geh jetzt«, befahl ihm Keir.
»Cailleach wird dich umbringen, wenn sie herausfindet, dass du sie getäuscht hast.«
Keir zuckte mit der Schulter. »Ich bin ohnehin schon halb tot.«
Rhys warf ihm einen harten Blick zu. »Nein, das bist du nicht. Und ich werde auch nicht zulassen, dass dir irgendein Leid geschieht. Verstanden?«
Keir nickte, doch zu spät fiel Rhys auf, dass ihm der Schattengeist dabei gar nicht in die Augen sah. Zum zweiten Mal in all der Zeit, die sie sich kannten, konnte Rhys weder hören noch spüren, was der Schattengeist dachte.
Das hässliche graue Gewand zerriss ganz leicht in Rhys’ Händen, und ohne ein Zögern und ganz ohne schlechtes Gewissen riss er es in der Mitte entzwei, um Bronwnns bleichen Körper im
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