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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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nichts aus, Scheite für die Kamine hereinzutragen oder sie sogar zu sägen; und es war bekannt, dass er, wenn Nidd abwesend war, das Pferd seines Herrn absattelte und es abrieb. Den Kammerdiener des verstorbenen Lords hätte man nie dabei erwischt, sich so zu erniedrigen, dachte Imber und verglich ihn mit jenem korrektesten aller gentlemen's gentlemen. Wie der Herr, so der Knecht, dachte er. Der verstorbene Lord hatte ein sehr steifes Rückgrat besessen - er wusste, was seinem Rang zukam, und hatte immer die richtige Distanz gewahrt. Nie hatte es auch nur einer gewagt, sich ihm gegenüber Freiheiten herauszunehmen, ebenso wenig wie er mit seiner Dienerschaft nie in der familiären Art des derzeitigen Lords gesprochen hatte. Unange-sagt - und nur von Kammerdiener und Reitknecht begleitet -in die Priory zu kommen und dann länger hier zu wohnen, bei mehr als der Hälfte abgesperrter Räume und ohne einen einzigen Lakaien, der dem Haushalt Ansehen verliehen hätte: Die Vorstellung schreckte schon bei dem bloßen Gedanken zurück, dass Seine verstorbene Lordschaft sich derart ungehörig betragen hätte. Das kam alles von dem Leben in fremden Ländern, unter Leuten, die sehr wahrscheinlich nicht viel besser als Wilde waren. Das war es, was Seine derzeitige Lordschaft gesagt hatte, als er, Imber, gewagt hatte anzudeuten, der Fuß, auf dem er mit Marston stand, schicke sich nicht für einen Gentleman seines Ranges. „Marston und ich sind alte Freunde", hatte er gesagt. „Wir waren in viel zu vielen Klemmen miteinander, um formell zueinander zu stehen." Es war daher kein Wunder, dass sich Marston über Imbers Gesellschaft erhaben dünkte und zu hochnäsig war, um sich in einen gemütlichen Klatsch über Seine Lordschaft einzulassen. Er war in seiner ruhigen Art ja recht angenehm, aber wie versiegelt, und hatte einen Trick, dass er nicht zu hören schien, was er nicht zu beantworten wünschte. Wenn er Seine Lordschaft so verrückt gernhatte, warum verteidigte er ihn dann nicht, statt wie eine Holzfigur dreinzuschauen, fragte sich Imber grollend, als er ihm zusah, wie er das Tablett aufhob und forttrug, den steingepflasterten Gang hinunter, der zur vorderen Halle führte.
    Damerei hielt sich in der Priory bei den Mahlzeiten nicht an die städtischen Stunden.
    Er erlaubte den Imbers, das Dinner um sechs Uhr zu servieren. Seit Aubreys Ankunft hatte er seine lästige Gewohnheit aufgegeben, mit seinem Portwein im Speisezimmer herumzusitzen, sondern hatte ihn in Aubreys Zimmer mitgenommen, solange Aubrey bettlägerig war, und hatte sich später angewöhnt, ihn in der Bibliothek zu trinken. Heute Abend jedoch hatte er keine Neigung gezeigt, den Tisch zu verlassen, sondern lümmelte in seinem großen geschnitzten Stuhl herum, als hätte er vor, die ganze Nacht hierzubleiben.
    Marston warf einen prüfenden Blick auf ihn, bevor er aus dem dunklen Eingang in das Licht der Kerzen trat, die auf dem Tisch standen. Damerei starrte vor sich hin, in düsteres Brüten versunken, die Augen leicht verschwommen. Er gab kein Zeichen von sich, dass er Marstons Eintritt bemerkt hätte, aber dieser eine Blick hatte genügt, Marston die Beruhigung zu geben, dass Imber übertrieben hatte. Er hatte vielleicht ziemlich tief ins Glas geschaut, aber er war nicht einmal angesäuselt -gerade nur ein bisschen bekümmert, bestimmt aber nicht ein Schiffbrüchiger. Es war nur sehr selten, dass er wirklich blau war, denn er war einer, der sie alle unter den Tisch trinken konnte, wie man so sagt.
    Marston stellte die Karaffe nieder, ging zu dem großen offenen Kamin hinüber und legte ein Scheit auf die glimmende Asche. Das schöne Wetter hielt noch an, aber wenn die Sonne unterging, dann war man bei der schleichenden Kühle froh, wenn die Vorhänge zugezogen waren und ein Feuer auf dem Rost brannte.
    Marston kehrte die Holzasche in ein Häufchen und erhob sich von den Knien. Eine der Kerzen hatte zu tropfen angefangen, und er putzte sie.
    Damerei hob die Augen. „Oh, du bist's, ja?", sagte er. „Was ist mit Imber passiert?
    Die Kellertreppe hinuntergefallen?"
    Marstons ausdrucksloses Gesicht lockerte sich in einem leisen Lächeln. „Nein, Mylord."
    „Hat er dir gesagt, dass ich blau bin?", erkundigte sich Damerei, zog den Stöpsel aus der Karaffe und goss etwas Brandy in sein Glas. „Er hat sein Freitag-Gesicht aufgesetzt - genug, dass man Gespenster sehen könnte!"
    „Er ist alt, Mylord", sagte Marston und putzte einen zweiten zu langen Docht. „Falls

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