Venezianische Verfuehrung
Rückflugs hatte Laura darauf gebrannt, der Freundin von dem Mann zu erzählen, der sie am Flughafen begrüßt hatte. Aber kaum hatte sie ihn erwähnt, wurde sie von Fen unterbrochen.
„Hat dich denn nicht Giando abgeholt?“ Sie runzelte die Stirn. „Ich weiß von Jess, dass Lorenzo ihn damit beauftragt hat. Vermutlich hat er den Job auf jemand anderes abgewälzt.“
„Ein gewisser Domenico Chiesa hat mich in Empfang genommen.“
„Ja, das ist er. Ich habe völlig vergessen, dass er sich inzwischen so nennt. Für uns ist er immer noch Giando.“
Laura kam ein Verdacht. „Ist er etwa der Giando, an den ich jetzt denke?“
„Genau jener. Er hat eine Weile die Sprachakademie in Cheltenham besucht, als wir noch in der Schule waren. Allerdings hast du ihn, glaube ich, nicht kennengelernt. Gian Domenico Chiesa ist Lorenzos Cousin. Seine Mutter ist eine Forli. Früher hat sein Vater die Hotels der Forli-Gruppe in Venedig geleitet, nur hat er sich inzwischen zur Ruhe gesetzt. Giando, oder eben Domenico, ist sein Nachfolger und hat alle Hände voll zu tun. Ich bin froh, dass er dich, wie versprochen, am Flughafen erwartet hat.“
„Er war nicht gerade begeistert und hat mich schnellstmöglich zur Fähre gebracht, sodass ich mich gefühlt habe, als wäre ich eine lästige Fliege.“
„Komisch. Normalerweise gibt er sich Frauen gegenüber sehr charmant und galant“, erwiderte Fen überrascht. „War das Hotel denn in Ordnung? Lorenzo muss betont haben, dass deine Urlaubskasse nicht eben üppig ist und du in punkto Vergünstigungen ausgesprochen empfindlich reagierst.“
„Ich will nur unabhängig sein. Aber egal. Die Unterkunft war bezaubernd und lag bloß wenige Minuten vom Markusplatz entfernt. Jedoch wurden in dem Gästehaus keine Mahlzeiten serviert, weshalb ich auswärts essen musste.“
„Und was hast du alles unternommen?“
Laura zählte auf, wo sie überall gewesen war, während sie zwei Päckchen aus dem Schrank holte. „Hier, für dich. Das Kleinere ist ein Mitbringsel, also öffne es zuerst. Das andere ist dein Hochzeitsgeschenk. Ich habe es in Murano gekauft. Hoffentlich gefällt es dir.“
Fen freute sich über das T-Shirt und war entzückt von den Kerzenleuchtern. „Sie sind ein Traum, Laura. Tausend Dank. Sie werden sich toll auf unserem neuen beziehungsweise alten Esstisch machen. Ich kann es nicht erwarten, sie Joe zu zeigen.“
„Wo ist der Gute momentan?“
„In Cornwall, zu Besuch bei seiner Familie.“ Sie seufzte. „Ich bleibe bis zur Hochzeit zu Hause. Das wird eine lange Woche werden. Ich vermisse ihn schon jetzt.“ Plötzlich lächelte Fen sie an. „Ich weiß, dass Miss Eiserne Jungfrau es nicht versteht. Aber eines Tages wirst auch du jemanden kennenlernen, ohne den du nicht mehr leben willst.“
Das habe ich bereits, dachte Laura beklommen, zuckte lässig die Schultern und erhob sich. „Mums Krimi müsste vorbei sein, und sie brennt darauf, die Kerzenleuchter zu sehen.“
„Auf geht’s.“ Fen blickte auf ihre Uhr. „Und danach muss ich wieder los. Übrigens treffen wir uns morgen Abend um Punkt sieben bei mir, bevor wir dann um die Häuser ziehen.“
Nachdem die Freundin sich verabschiedet hatte, schlenderte Laura in die Küche, um sich und ihrer Mutter noch einen Tee zu kochen. Wie hatte Domenico ihr seine Zugehörigkeit zur Familie Forli verschweigen können! Hatte er befürchtet, dass sie dies zu ihrem Vorteil hätte nutzen wollen? Kein Wunder, dass er es abgelehnt hatte, im Forli Palace mit ihr zu essen. Das Personal hätte womöglich geglaubt, sie wäre ihm wichtig, und nicht nur eine nette Abwechslung. Glücklicherweise hatte sie früh genug erfahren, wer er war, bevor sie gegenüber Fen aus dem Nähkästchen geplaudert hatte.
Als Laura schließlich mit zwei Bechern ins Wohnzimmer zurückkehrte, blätterte ihre Mum gerade in dem Prospekt der Locanda Verona. „Das Gästehaus wirkt doch sehr schön.“
„Und ist zudem bezahlbar. Ich habe eine Ermäßigung bekommen, weil mein Zimmer klein war und ich vier Treppen steigen musste.“
Isabel runzelte die Stirn. „Davon steht hier nichts, im Gegenteil, hier steht sogar, dass für Einzelzimmer ein Aufschlag erhoben würde.“
Aufmerksam studierte Laura die Preisliste, nahm dann ihr Handy aus der Handtasche und drückte zwei Tasten. „Fenella Dysart, ich muss mit dir reden.“
„Das hast du eben, liebste Brautjungfer. Was gibt’s?“
„Hast du vielleicht bei der Rechnung für meine Unterkunft in
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