Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
Vom Netzwerk:
interessanterweise doch wieder »Daddy« herausrutscht.
    Ich bringe es nicht übers Herz zu sagen, dass »Daddy« auch morgen nicht mit dieser Gewohnheit brechen wird. »Wir werden sehen«, sage ich stattdessen.
    Ich beobachte, wie Thomas ein paar Schritte vorausläuft und mit seinem Ball dribbelt. Mir wird warm ums Herz, weil er noch nie so einen ausgeglichenen Eindruck gemacht hat wie im Moment. Sehen Sie? Es richtet keinen Schaden an, wenn man die Dinge unter den Teppich kehrt. Im Gegenteil, das kann sich sogar positiv auswirken.
    Ich schiebe Jasmin und Mina in ihrem Doppelbuggy voran. Das Schultor ist nur noch knapp hundert Meter entfernt. Vor Schreck mache ich fast einen Satz, als ich plötzlich meinen Namen rufen höre.
    »Fran!« Ich spüre ihr mit Prozac gedoptes Lächeln heiß in meinem Rücken.
    Mist! Bis jetzt ist es mir erfolgreich gelungen, ihr aus dem Weg zu gehen.
    »Natasha«, sage ich und drehe langsam den Kopf.
    »Du warst gestern nicht bei dem AREI-Treffen. Ist alles in Ordnung?«
    »Nicht wirklich«, entgegne ich und drehe den Kopf wieder nach vorne, während ich einen Zahn zulege. Aber Natasha hält mit uns Schritt – eine beachtliche Leistung, mit den Absätzen. Ich bin froh über den Doppelbuggy. So ist nicht genug Platz, dass Natasha neben mir geht.
    »Oh Gott! Was ist denn passiert? Es ist doch nichts mit Richard, oder?«, fragt sie in überbesorgtem Ton.
    Das geht dich einen verdammten Dreck an, du falsche Natter . »Nein, nicht mit Richard.« Ich bleibe abrupt stehen und starre sie an. »Ich war nicht bei dem Treffen, weil mir keiner Bescheid gesagt hat.«
    »Sei froh, meine Liebe«, erwidert Natasha lachend. »Es war nämlich stinklangweilig. Gruppenführer Cassie hat uns die letzten Instruktionen für die Operation Schulbasar gegeben.«
    Wir erreichen nun das Schultor. Ich schiebe Sureyas Buggy durch, aber da der Weg jetzt breiter wird, zieht Natasha kurz darauf mit uns gleich. Sie blickt auf die Zwillinge.
    »Das sind Sureyas Mädchen, nicht wahr?«, sagt sie. »Hat sie heute keine Zeit, die zwei selbst in den Kindergarten zu bringen?«
    »So ähnlich«, erwidere ich kurz angebunden. Natasha werde ich bestimmt nicht die Wahrheit sagen. Ich weiß ja aus eigener, schmerzvoller Erfahrung, wie sie damit umgeht ... Tja, schon traurig, aber das hat sie sich selbst zuzuschreiben, so, wie sie sich immer zwischen Familie und Beruf aufreibt. Manche Frauen müssen eben erst lernen, dass man nicht alles gleichzeitig haben kann. Gott, ich kann es praktisch hören, und mir wird dabei richtig übel.
    Während ich mich von Natasha abwende in Richtung Kindergarten, macht sie einen letzten Versuch, die Unterhaltung zu retten. »Bist du sicher, dass es nichts gibt, worüber du reden möchtest? Du weißt ja, Reden hilft.« Sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht, als wäre das der beste Witz der Welt.
    Sie kann ihr Prozac behalten, beschließe ich. Ich bin lieber von Natur aus verkorkst als mit Hilfe von Medikamenten.
    »Nein, wirklich, alles okay«, sage ich.
    »Gut, gut. Hier, für dich.« Sie gibt mir ein Faltblatt. »Cassie würde mir nie verzeihen, wenn ich jemanden vergesse ... Okay, du weißt ja, wo du mich finden kannst, wenn dir nach Plaudern zumute ist«, sagt Natasha zu meinem Rücken. Ich drehe mich nicht mehr um.
    Immer noch jemand, der glaubt, Judas hatte das letzte Wort in Sachen Verrat? Natasha kann für ihren Verrat jedenfalls zur Hölle fahren. Judas wartet dort bereits auf sie. So hat sie wenigstens einen Leidensgenossen.
 
    Auf dem Nachhauseweg werfe ich einen Blick auf den Flyer, den Natasha mir vorhin in die Hand gedrückt hat. Er enthält Anweisungen der AREI; alles, was Sie schon immer über den Herbstbasar wissen wollten, sich jedoch nie zu fragen trauten. Zeit und Treffpunkt, Mitbringsel, Verhaltensregeln.
    Der Gebrauch des Wortes ›Herbst‹ ist erlaubt. Bitte vermeiden Sie jedoch Ausdrücke wie ›Vorbote des Winters‹ oder ›kalte Übergangszeit‹, da dies die Zeitspanne von September bis November herabwürdigt, die laut Antidiskriminierungsgesetz einen Anspruch darauf hat, gleich behandelt zu werden wie die anderen drei Jahreszeiten.
    Okay, das ist leicht übertrieben, aber im Grunde würde mich das auch nicht mehr überraschen.
    Das Faltblatt und die Begegnung mit Natasha lassen in mir einen Entschluss reifen. Ich werde zum Herbstfest gehen. Ich werde mich nicht drücken, selbst vor so einem bescheuerten Entenstand nicht. Ich werde mich nicht verstecken, und es gibt

Weitere Kostenlose Bücher