Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
Vom Netzwerk:
Aber war es zu fassen? Genau das Gegenteil trat ein. Der Blitz kann also doch zweimal an der gleichen Stelle einschlagen.
    Mein Selbstvertrauen war auf dem Tiefpunkt. Es ist schwer, sein Versagen – denn so nannte ich das – vor anderen einzugestehen. Selbst vor dem Mann, mit dem man seit zwölf Jahren verheiratet ist. Richard hat sich bemüht, sehr sogar, aber ich habe ihn nicht an mich herangelassen. Und dann kam vor einem Jahr die große Beförderung. Und damit war Richard immer häufiger fort, wie ein Kapitän, der wieder in See sticht.
    Und der irgendwann in unbekannte Gewässer davongesegelt ist.
    »Liebst du sie?«, frage ich.
    Richard kehrt mir den Rücken zu und blickt auf den Garten hinaus, der im Dunkeln liegt.
    Er gibt keine Antwort.
    »Liebst du sie?«
    Er dreht mir weiterhin den Rücken zu. »Das ist kompliziert ...«
    Ich warte darauf, dass er weiterspricht, aber vergebens.
    »Herrgott, Richard, du könntest mir wenigstens eine vernünftige Antwort darauf geben!«, schreie ich ihn an. » Du wolltest doch unbedingt reden!«
    Ich weiß nicht, woher diese Wut plötzlich kommt, aber ich habe das Bedürfnis, sie an Richard auszulassen. Ich möchte ihm so richtig wehtun, weil er recht hat. Das ist nämlich alles bloß seine Schuld.
    »Was willst du hören, Fran?« Richards Ton ist zwar nicht so laut wie meiner, aber genauso ernst. »Dass ich verrückt bin nach ihr? Möchtest du, dass ich euch miteinander vergleiche?«
    »Fick dich, Richard. Verdammt, ich hasse dich, weißt du das?«
    »Tja, das ist super, weil ich dich immer geliebt habe, Fran. Schade, dass du mir das nicht schon viel früher gesagt hast.«
    Richards Stimme klingt jetzt kalt. Unterschwellig ist seine Wut zu spüren, obwohl er sie hinter einer Wand aus Eis verbirgt. Er kehrt mir nach wie vor den Rücken zu und weigert sich, mir in die Augen zu sehen.
    »Nun, dann sage ich es dir jetzt!«, brülle ich. »ICH HASSE DICH!«
    Er dreht sich immer noch nicht um.
    Ich greife nach meiner Kaffeetasse ... halte sie kurz in der Hand – und schmettere sie dann auf den Boden. Weiße Porzellanscherben schlittern über die Fliesen, und Kaffee spritzt auf Richards Hose.
    Und trotzdem dreht er sich nicht um.
    Schweigen breitet sich aus.
    Nach einem langen Moment meldet sich mein Instinkt. Ich rutsche von dem Hocker, um den Aufnehmer zu holen.
    Richard, der, ohne sich umzudrehen, ahnt, was ich vorhabe, sagt: »Lass sein ... Lass es einfach.«
    Ich setze mich wieder hin und beobachte, wie Richard das Geschirrtuch von der Backofenstange nimmt. Er geht in die Hocke und wischt die Kaffeepfütze auf dem Boden auf.
    Ich zünde mir eine Zigarette an, während Richard mit Schaufel und Besen die Scherben vom Boden auffegt. Ich blase den Rauch gezielt auf seinen gebeugten Körper, um ihn zu provozieren, damit er sich über den Qualm beschwert.
    Aber das tut er nicht.
    Als er die Schaufel im Mülleimer ausleert, frage ich ihn: »Wo wohnst du im Moment eigentlich?« Meine Stimme ist ganz ruhig, als hätte es keine Auseinandersetzung gegeben.
    »Die Firma hat vor kurzem eine Wohnung angemietet«, entgegnet Richard. »Auf der Wigmore Street.«
    Wie das? Rechnet die Firma etwa damit, dass die Ehen ihrer Angestellten ein Verfallsdatum haben, sodass sogar für den Ernstfall vorgebeugt wird?
    »Aber heute Nacht bleibe ich hier«, sagt Richard weiter. »Ich schlafe im Gästezimmer. Ruf Summer an und sag ihr, dass sie die Kinder schon am frühen Morgen bringen soll.«
    »Mach ich«, erwidere ich, obwohl ich ihm eigentlich nur sagen möchte, dass ich ihn liebe.
    »Und solange ich hier bin, rührst du keinen Tropfen an. Okay?«
    »Okay. Aber wie ich schon sagte, du hast da eine ganz falsche Vorstellung. Das war nur ein Ausrutscher, mehr nicht.«
    Ich drücke meine halb gerauchte Zigarette im Aschenbecher aus – sie schmeckt mir nicht mehr. Plötzlich zucke ich zusammen, weil Richard hinter mir steht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er die Arme um mich schlingt und sich eng an mich drückt. Ich lehne mich gegen ihn, überwältigt von seinem Geruch, der mir merkwürdig fremd und gleichzeitig herzzerreißend vertraut vorkommt. Seine Bartstoppeln streifen meine Wange, die nun feucht von meinen Tränen ist. Oder vielleicht auch von seinen. Das lässt sich nicht so genau sagen.

2
 
    D ie Kinder sind im Frühstückszimmer ...
    Ich weiß noch, wie wir damals das Haus zum ersten Mal besichtigten. Und wie beeindruckt wir von der Anzahl der Zimmer waren. Der Makler hatte für jeden

Weitere Kostenlose Bücher