Venus 01 - Piraten der Venus
unerträglichen Helligkeit war. Wenn die Risse in der Nacht auftraten, blieb die Hitze zwar aus, aber wir sahen die Funken des Feuers, das über uns leuchtet.«
Ich versuchte ihm die Kugelgestalt der Planeten zu erläutern und ihm begreiflich zu machen, daß es sich bei Karbol nur um die kalte Zone an einem der Pole handeln konnte, während sich Stra bol, das heiße Land, in der Äquatorgegend erstreckte, und daß Trabol nur eine von zwei gemäßigten Klimazonen war. Ich ver suchte ihm klarzumachen, daß Strabol sich rings um einen Globus erstreckte und kein kreisförmiges Gebiet in der Mitte einer Schei be war. Danus hörte mir höflich zu, lächelte aber nur und schüt telte den Kopf, als ich geendet hatte.
Zuerst konnte ich nicht begreifen, daß sich ein Mann von seiner Intelligenz und Bildung an eine solche Überzeugung klammerte, doch als mir dann einfiel, daß weder er noch einer seiner Mitmen schen jemals den Himmel gesehen hatte, begann ich mir klarzu machen, daß es wenig Grundlage geben konnte für eine andere Theorie; und keine Theorie kommt ohne ein solides Fundament aus. Dabei kam mir erneut zu Bewußtsein, welch große Bedeutung die Astronomie in der zivilisatorischen und wissenschaftlichen Entwicklung auf der Erde gespielt hatte. Hätte der Mensch derar tige Fortschritte machen können, wenn ihm der Himmel verhüllt gewesen wäre? Ich wußte es nicht.
Aber ich gab auch nicht auf. Ich lenkte Danus’ Aufmerksamkeit auf die Tatsache, daß – wenn seine Theorie zutraf – die Grenze zwischen Trabol und Strabol – zwischen der gemäßigten und der äquatorialen Zone – viel kürzer sein müßte, als die Grenze zwi schen Trabol und Karbol, dem Polargebiet. Diese Tatsache wurde zwar auf seiner Karte ausgewiesen, konnte jedoch nicht durch tat sächliche Vermessung bestätigt worden sein. Meine Theorie ging davon aus, daß das Gegenteil der Fall war – eine Tatsache, die sich leicht beweisen ließ und die bereits hätte auffallen müssen, wenn man schon einmal Vermessungen angestellt hätte, was ich aufgrund der kartographischen Kennzeichen annahm.
Danus gab zu, daß man Berechnungen angestellt und dabei die Diskrepanz festgestellt hätte, auf die ich hinwies, aber er hatte eine geschickte Erklärung parat, die auf einer rein amtorischen Theorie über Relativität der Entfernung basierte.
»Ein Grad ist der tausendste Teil eines Kreisumfangs«, begann er mir die amtorische Gradeinteilung zu erläutern. »Wie groß der Kreisumfang auch sein mag, er mißt in jedem Falle nur tausend Grad. Der Kreis, der Strabol von Trabol trennt, umfaßt also tau send Grad – das werden Sie doch einsehen.«
»Gewiß«, erwiderte ich.
»Sehr gut! Dann müssen Sie auch zugeben, daß die Kreislinie, die Trabol und Karbol trennt, ebenfalls tausend Grad mißt, ja?«
Ich nickte.
»Also sind die inneren und äußeren Grenzen Trabols gleich lang, was auch durch die Theorie der Entfernungsrelativität bewie sen wird. Dabei ist der Grad unser Linearmaß. Nun wäre es lächerlich zu behaupten, daß diese Maßeinheit größer wird, je weiter man sich vom Mittelpunkt Amtors entfernt – sie wird nur scheinbar größer. In Beziehung zum Kreisumfang und zur radialen Entfernung vom amtorischen Mittelpunkt verändert sie sich nicht.
Ich weiß«, fuhr er fort, »daß das Bild auf der Karte einen an deren Eindruck vermittelt und daß unsere Messungen ebenfalls abweichende Werte ergeben haben – aber dabei muß es sich um Täuschungen handeln. Denn wenn ein Grad zunähme, würde das ja bedeuten, daß die Grenze Amtors länger wird, je näher man am Mittelpunkt steht, und daß die Grenze draußen am Rand am kür zesten ist. Diese Vorstellung ist derart lächerlich, daß wir darüber nicht weiter zu sprechen brauchen.«
5
Ich erfuhr bald, daß ich mich im Hause des Königs Mintep aufhielt und daß sein Land Vepaja genannt wurde. Die Bezeichnung Jong, die ich zuerst für seinen Namen gehalten hatte, war in Wirklichkeit sein Titel. Ich erfuhr auch, daß Duran dem Hause Zar ent stammte und daß Olthar und Kamlot seine Söhne waren. Von den beiden Frauen, die ich in seinem Haus kennengelernt hatte, gehörte Zuro zu Duran und Alzo zu Olthar, während Kamlot keine Frau hatte. Mit dem Wort ›zugehören‹ läßt sich die Verbindung zwischen Mann und Frau in diesem seltsamen Land vielleicht am besten beschreiben. Das Sakrament der Ehe kannte man jedenfalls nicht. Man konnte allerdings nicht sagen, daß die Frauen den Männern gehörten,
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