Venus 02 - Auf der Venus verschollen
»Ich will dir das Leben geben!« rief er ärgerlich, »und du weißt meine Wohltat nicht zu schätzen!«
»Wir wollen gar nicht leben«, erwiderte der Tote. »Wir wün schen uns nur den Tod. Geben Sie uns den Tod wieder – lassen Sie uns in Frieden in unsere Gräber zurückkehren.«
Bei diesen Worten sprang Skor wütend auf. Er zog sein Schwert und hieb damit nach dem Mann. Die Schwertspitze riß eine häßliche Wunde, die von der Schläfe zum Kinn aufklaffte. Sie blutete nicht.
Der tote Mann lachte. »Einen Toten können Sie nicht ver letzen.«
Skor war außer sich und rang vergeblich um Worte. Schaum trat ihm vor den Mund. Wenn ich in meinem Leben jemals ei nen Verrückten zu Gesicht bekam, dann in diesem Augenblick. Plötzlich wandte er sich Duare zu.
»Du bist an allem schuld!« kreischte er. »Du darfst nie wie der vor meinen Untertanen so zu mir sprechen! Du bist die Königin! Ich werde dich zur Königin von Morov, zu einer le bendigen Königin, machen – du kannst aber auch das Schicksal dieser anderen teilen! Du hast die Wahl!«
»Geben Sie mir den Tod«, sagte Duare.
»Den werde ich dir niemals gönnen – jedenfalls nicht den wirklichen Tod, sondern nur die Existenz dieser Wesen hier!«
Schließlich war die beklemmende Mahlzeit vorüber. Skor er hob sich und bedeutete Duare, ihm zu folgen. Er verließ den Saal nicht auf dem Wege, auf dem er ihn betreten hatte, son dern ging auf die kleine Tür am anderen Ende zu. Die Zu schauer machten ihm und Duare bereitwillig Platz.
Skor hatte sich so plötzlich erhoben und umgewandt, daß ich schon glaubte, er müßte mich entdecken, aber er ging an mir vorüber. Ich folgte ihm und Duare und rechnete jeden Augen blick damit, daß sich mir eine kalte Hand auf die Schulter legen würde.
Aber es schien sich niemand um mich zu kümmern. Ich trat hinter den beiden durch die kleine Tür.
Lautlos folgte ich ihnen. Der Korridor, in dem wir uns jetzt befanden, war verlassen. Skor machte vor einer Tür halt und öffnete sie. Dahinter wurde ein Zimmer sichtbar, das ich auf den ersten Blick für einen Lagerraum hielt, denn es war ange füllt mit den verschiedensten Gegenständen – Möbeln, Vasen, Waffen, Kleidungsstücken und Bildern. Es herrschte ein un glaubliches Durcheinander und über allem lagerte eine dicke Staubschicht.
Skor blieb einen Augenblick auf der Schwelle stehen und schien das Sammelsurium mit Stolz zu überblicken. »Was hältst du davon?« fragte er.
»Wovon?« fragte Duare.
»Von diesem wundervollen Raum«, sagte er. »In ganz Amtor gibt es keinen schöneren Raum, nirgendwo gibt es eine vollkommenere Sammlung herrlicher Gegenstände, der ich jetzt den allerschönsten hinzufüge – dich! Duare, dieses wird dein Zim mer sein – das Privatzimmer der Königin von Morov!«
Ich trat ein und schloß die Tür hinter mir, nachdem ich mich vergewissert hatte, daß sich niemand sonst in dem Zimmer auf hielt und je eher ich etwas unternahm, desto besser.
Leider machte die Tür ein leises Geräusch, als sie hinter mir ins Schloß fiel. Skor wirbelte herum.
17
Er erkannte mich sofort und lachte hämisch auf, als er sein Schwert zog und meinen Angriff im Keim erstickte; wenn ei nem eine Schwertspitze vor die Brust gehalten wird, ist man äußerst vorsichtig.
»Du bist das also!« höhnte er. »Wie nett, dich wiederzuse hen! Mit dieser Ehre hatte ich nicht gerechnet! Ich hielt es schon für ein großes Glück, die beiden Mädchen wiederzubekommen. Und jetzt bist du da! Was für einen Spaß wir haben werden!«
Bei diesen Worten veränderte sich seine Stimme. Hatte sie zuerst ironisch geklungen, so wurde sie plötzlich zu einem gefährlichen Zischen und in seinen Augen glitzerte dasselbe wahnsinnige Feuer, das ich schon einmal bemerkt hatte.
Hinter ihm stand Duare und starrte mich mit weitaufgeris senen Augen an, in denen sich Verwunderung und Entsetzen spiegelte. »Oh, warum sind Sie gekommen Carson!« rief sie. »Jetzt wird er Sie umbringen!«
»Ich werde dir sagen, warum er gekommen ist«, sagte Skor. »Er ist wegen des Mädchens Nalte hier, nicht deinetwegen! Du bist schon sehr lange in dieser Stadt, aber er hat sich nicht um dich gekümmert! Heute nacht hat einer meiner Leute Nalte aus Havatoo entführt. Meine Spione haben die beiden dort zusam men gesehen. Ich weiß nicht, wie er hierhergekommen ist, aber jedenfalls ist er hier und er bleibt hier – für immer!«
Er ließ die Schwertspitze vorschnellen. »Wie möchtest du sterben, du
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