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Venus

Venus

Titel: Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Buschheuer
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wenig.«
    Ihm ist schwarz vor Augen. Das mag am Preis, das mag am Unfall liegen. Plötzlich hat er die Ob-dachlosen aus dem Park vor Augen, ihre roten versoffenen Gesichter, ihre zerstochenen Arme, ihre verpinkelten Hosen. Er denkt an den Krüppel, die Strandkrabbe, die ihn angebettelt hat. Wenn er etwas fürchtet, dann ist es eine Pechsträhne. Seine Muhme Annie pflegte zu sagen, dass der Mensch die Dinge anzieht, die er befürchtet. Daher versucht der lädierte Boone, seine Befürchtung vor sich geheim zu halten.
    »Frühstück ist inbegriffen«, haucht Toga.
    Boone hat nie Geld gespart. Er hat einfach keine Rücklagen.
    »Lunch ebenfalls«, fügt Toga hinzu.
    Boone hat immer von der Hand in den Mund gelebt. Er kann seine paar Kröten nicht aus dem Fenster schmeißen.
    »Wenn Sie jeden Morgen zur Zeremonie kommen, kostet es nur fünfhundert im Monat.«
    Fünfhundert. Zeremonie. Spirituelle Gemeinschaft. Boone stellen sich einige Fragen, aber ihm ist zu schwindlig, um sie Toga zu stellen.
    »Aber wir leben sehr bescheiden …«, säuselt der.
    Boone will eine abwiegelnde Geste machen, stößt dabei aber die Tasse um. Der Rest des heißen Yogi-Tees ergießt sich über die Tischdecke, die Tasse selbst rollt vom Tisch und zerspringt.
    »… bescheiden und ruhig«, haucht Toga, während ernach Lappen und Kehrschaufel hechtet. »Macht nichts«, knirscht er putzend. »Kein Problem!«
    Boone schämt sich. Jetzt hat er dem Pelztier zusätzlich Umstände gemacht. Jetzt muss der kleine Mann zu seinen Füßen putzen. Boone wischt sich die Hände an der Hose ab. Sie sind ganz klebrig vom Muffin. Oder ist das Blut? Und wie spät ist es? Und wo ist eigentlich sein Auto?
    »Suchen Sie etwas für heute?«, fragt Toga liebenswürdig und unterdrückt ein zartes Aufstoßen, wobei seine Augen etwas hervortreten und sein behaarter Hals anschwillt.
    »Nein«, sagt Boone, der sich vorübergehend etwas besser fühlt, »aber ab dem Ersten. Für einen Monat erst mal. Übergangsweise. Wann ist der Erste?«
    Toga blättert in einem großen Buch, das aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegt.
    Boone betrachtet ein großes Gemälde mit Jesus am Kreuz. Jesus sieht ihn angewidert an. Daneben sitzt Buddha, dicklich, mit Dutt und zusammengekniffenen Augen, wie eine faule Puffmutter. Und wer ist auf diesen Gemälden dort? Was für eine spirituelle Gemeinschaft ist das eigentlich? Die Glücklichen Sklaven Gottes. Das klingt beängstigend. Boone sieht sich schon Ron-Hubbard-Bücher auf dem Broadway verkaufen, zum Gelächter des gesamten New Yorker Police Departments.
    »Freitag ist der Erste«, haucht Toga. »Sie haben Glück. Wir haben ein Zimmer frei. Für einen Monat, sagten Sie?«
    Der Inspektor denkt an seine Muhme Annie. Na bitte. Er würde diesem Zeichen folgen. Er schlägt also ein und zahlt an. Cash. Alles, was er noch in der Hosentasche hat. Dann macht er sich auf die Suche nach seinem Auto.»Bist du krank, Girl?«, fragt Kuki am nächsten Tag beim Lunch und kneift Venus ins Ohr. Venus erwacht mit einem kleinen Schmerz aus ihrem Tagtraum, einer strahlenden, duftenden, blütenregnenden Vereinigung mit dem Bliss Swami. Kuki, das Mädchen mit den Klingelfüßen, pflegt einen körperlich-kumpelhaften Umgang mit allen Tempelbewohnern. Man muss ständig auf der Hut sein: ein Klaps auf den Po, ein knallender Kuss, eine ungebetene Nackenmassage, etwas in der Art erfolgt meist, nur die Mönche lässt sie in Ruhe.
    »Nein, ich war nur … in Gedanken.«
    »Ein schlechter Ort zu sein«, sagt Kuki, der Philosophisches im Allgemeinen nur versehentlich unterläuft.
    »Wir dürfen nicht Sklaven unserer Gedanken werden«, sagt Toga.
    Venus’ Aufmerksamkeit ist nach wie vor geteilt, denn der Bliss Swami kommt herein, lädt sich den Teller voll, nimmt am Tisch Platz und betet ein nicht enden wollendes Gebet in Sanskrit.
    Toga macht sich währenddessen in der Küche zu schaffen, leert den Mülleimer, schrubbt die Herdplatte und ruft schließlich dem Orangen Riesen zu, dass er ihn dringend sprechen müsse. Der Swami antwortet nicht. Toga wäscht ein paar schmutzige Teetassen ab. Der Swami betet immer noch. Toga kommt zum Tisch und räuspert sich. Bliss Swami öffnet die Augen. Er lächelt Toga an. Er lächelt Venus an. Er lächelt Kuki an. Seine große Hand greift nach dem Löffel und mit einer langsamen schweren Bewegung lädt er ihn voll. Stumm.
    »Hast du fünf Minuten Zeit?«, fragt Toga mit schlecht verborgener Ungeduld.
    »Nach dem Essen«, sagt der Bliss

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