ich bin viel zu müde und muss ins Bett. Morgen darf ich wieder Luxusautos polieren. Aber immerhin verstehe ich die Menschen hier – und die mich.
Deine Sue
P.S.: Passend zu deiner Schnapsidee habe ich in der Post eine DVD gefunden. Wurde von einem Reisebüro verlost. ›Die schönsten Ziele im Norden.‹ Prost Mahlzeit.
15.
Von:
[email protected] An:
[email protected] Gesendet: Samstag, 01. Dezember, 14:42 Uhr
Betreff: Café Venusbrüstchen in Firma Buch-Hansen
Liebe Sue,
und Josefa, liest Du heimlich mit,
ach, wenn man das doch wüsste!
Erst einmal: Ich lache mich gerade scheckig über einen italienischen Weinhändler und Versender, dem ich in mühsamer Kleinarbeit immer und immer wieder abgesagt habe. Aber – was die sich alles einfallen lassen, um einen als Kunden neu zu ködern. Hört mal, was er unter anderem schreibt: »Ich denke oft an Sie und muss Ihnen gestehen, dass ich es sehr bedaure, seit einiger Zeit nichts mehr von Ihnen gehört zu haben. Es ist nicht einfach, mit Worten auszudrücken, wie sehr mir an Ihrer Freundschaft und Ihrem Vertrauen liegt. Ich wäre wirklich sehr erfreut, wenn ich Sie als besonderen Weinkenner … Laberlaber.
Dazu offeriert er ein Wahnsinnssonderangebot.
Und genau das bringt mich auf eine Idee.
Sue, lass uns doch schon mal Werbebriefe an die Oberbüttelbakenfehner entwerfen. Eine Serie für die Weibsen und eine Serie für die Kerle. Du guckst? Ja klar, um alle, alle in den Buchladen zu holen. Erst einmal eine Aussendung generell, dass Sue & Gerda die neuen Eigentümer sind und ›Buch-Hansen‹ am 1. März neu eröffnen wird. Darin stellen wir uns vor und hübschen natürlich unsere Biografien auf. Du hattest bisher die Geschäftsführung im Café Dunja in Obernai im Elsass. (Kennt bestimmt keiner von den Fischköppen und was Praktisches macht gerade auf dem Land immer Eindruck!) Ich stelle mich als Lebensberaterin und Buchhändlerin vor. Dazu lassen wir knackige Fotos von uns machen, packen die in einen Brief und beginnen – am besten zum Jahresende – mit der Aussendung. Schließlich will jeder spätestens ab Neujahr was Neues beginnen. Wir machen’s den Leuten vor. In der Zwischenzeit haben wir da oben das Gewerbe angemeldet bzw. umgeschrieben. Du musst gucken, was Du für das Caféchen noch brauchst, also dass Du keine Eiterpickel und solche Ekligkeiten hast. Und bitte, hör jetzt mit dem Autowasch-Job auf, mach ein Praktikum in einem Café. Wenn die nicht wollen, sagst Du, ich arbeite umsonst. Kreisch jetzt nicht, dafür bekommst Du das Geld aus der bei Dr. Magerkorn bereitstehenden Josefaschen Kriegskasse. Und frag und frag. Erkundige Dich im Internet nach gebrauchten Kaffeeautomaten für die Gastronomie. Nach Geschirr, eben was Du dann brauchen wirst. Ich meine, für diese Aktivität ist das Hinterzimmer gut geeignet, wo die Frau Wansleben noch Uraltkram lagert. Der kommt weg. Dein Frank kann die Wände streichen, dafür kriegt er von Dir jede Menge Liebe oder was Du sonst so übrig hast. Dazu nehmen wir einen Handwerker aus dem Dorf. Das macht sich einfach gut.
Ich werde in spätestens zwei Wochen ›Unterricht‹ bei Madame Wansleben nehmen, ich fahre hin. Und fühle mich schon mal in unserer neuen Wohnung ein.
Im Januar starten wir eine neue Briefaktion – bis Ende Februar. Im letzten laden wir zur Neueröffnung samt ›Venusbrüstchen‹, dem kleinen Buchcafé. (Übrigens, was machen die Tomatenpflanzen? Du hast sie doch wohl nicht eingehen lassen?)
Jedenfalls werden die Leute und vor allem die Kerle bei ›Venusbrüstchen‹ neugierig. Vielleicht wollen sie auch Deine sehen. Neben Kuchen – bitte aber mit Rezepten aus der Region – Sanddorntorte, friesische Pflaumenmustorte – so etwas. Back schon mal, und probier die Rezepte aus. Lass sie Dir von Frau W. geben.
Also, Kuchen im Angebot. Tee. Kaffee. Und vorgezogene Venusbrüstchen. Das reicht fürs Erste. Damit machst Du Dich nicht kaputt und kannst mir zwischendrin helfen.
Zur Eröffnung bekommt jeder Gast – egal, ob er/sie kauft oder nicht – ein Buch. Solche, die Frau Wansleben seit Jahren nicht loswird. Die packen wir hübsch ein und gut ist’s.
Zwei Wochen später knallen wir mit einer Lesung rein. Am besten engagieren wir dafür einen Mann. Der muss total locker sein und keine Hochliteratur verfasst haben. Im Moment fällt mir keiner ein, der dafür in Frage käme. Der Typ muss so gut lesen und erzählen können, dass die Leute nach mehr betteln. Auch wenn vielleicht