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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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Böschung war steil. War sie abgerutscht? Ihm war das einmal passiert, als er ein Junge war. Doch er hatte sich halten können an den Zweigen der kräftigsten Weide.
    Das Kind, das er nicht gekannt hatte, tat ihm Leid.
    Wie alt wäre sie heute? Neunzehn.
    Jef spürte so etwas wie Sympathie für Margo, die vierte seiner Stiefmütter. Keiner hatte verdient, dass ihm ein Kind starb. Hätte er davon gewusst, er wäre zu ihr gegangen.
    Wie seltsam, dass ihre Tochter hatte ertrinken müssen.
    Jef dachte an seine Mutter, deren Leiche das Meer erst nach Tagen freigegeben hatte. Damals in Nieuwpoort.
    Gab es nicht Familien, die häufiger von gewaltsamen Toden heimgesucht wurden als andere? Gehörte seine dazu?
    Vielleicht war Margo danach weich geworden. Manche wurden durch das Leid weicher.
    Hatte sie sich darum an den verlorenen Sohn erinnert?
    Ihm das Haus am Niederrhein vermacht?
    Über den frühen Tod der Margo Diem wurde nichts berichtet im Brief des Notars. Mannigfaltige Möglichkeiten zu sterben mit vierundvierzig Jahren. Jef faltete den Brief zusammen.
    Formalitäten, die zu erledigen waren. Er hoffte, dass es von Harnburg aus ginge und er nicht nach Kleve müsste.
    Jef hatte Angst vor der Begegnung mit dem Haus.
    Er würde es vermieten. Was sollte Vera dort? Was sollte er dort? Einen Augenblick lang erwog er, es als Fluchtort zu nehmen, falls alles schief ging und die Mörder des älteren Herren sich an seine Fersen heften sollten.
    Keiner in der Bongo-Bar hatte auch nur mit einer Silbe erwähnt, was dem Käsehändler zugestoßen war. Konnte sein, dass alles ruhig blieb. Konnte sein, dass es die Ruhe vor dem Sturm war. Schätzte Vera die Gefahr richtig ein?
    Er tat nichts dazu, sie zu beunruhigen.
    Eine Neunjährige, die im Rhein ertrank. Ihre Mutter, die früh starb. Vielleicht hatte die Familie genügend Opfer gebracht.
    Jef war bereit, die beiden als Familie zu betrachten.
    Eines der kleinen Spiele des Lebens. Der Gewitterregen, in den Vera geriet, tropfnass kam sie nach Hause. Anni gab nicht nach, bis Vera sich vollständig auszog und ein heißes Bad nahm. Anni kümmerte sich um die nassen Kleider.
    Erst am Tag danach sah Vera nach den Mokassins, die durchtränkt gewesen waren und nun unter der Heizung in der Diele standen. Ausgestopft mit Zeitungspapier.
    Vera zog es heraus und glättete es, bereit, die zerrissenen Seiten in den Korb mit dem Altpapier zu tun, ehe sie sich mit Anni auf eine Diskussion zum Thema Mülltrennung einließ.
    Sie erkannte den jovial lächelnden Herrn sofort.
    Das Datum war noch lesbar. Der vierzehnte Juli. Jef hatte Tage Zeit gehabt, um ihr davon zu erzählen. Konnte es denn sein, dass er nichts wusste? Von dieser Zuspitzung, die ihn anging, die sie beide anging?
    Vera erinnerte sich an das Unbehagen, das sie an dem Abend in der Bongo-Bar empfunden hatte, als die beiden Herrn sich hinter Jef setzten. Momente hatte es seitdem gegeben, in dem sich das Unbehagen zur Angst verdichtete. Doch hatte sie dabei an Mord gedacht?
    Vielleicht neigte sie dazu, den Kiez und die Vorgänge dort zu romantisieren, wie es viele Leute in dieser Stadt taten, die die Nutten auf der Davidstraße als Zierrat empfanden, wie es die Säulenheiligen der Michaeliskirche waren.
    Doch es gab nicht nur die Mädchen auf der Straße, es gab auch die Männer dahinter. Mörder unter ihnen.
    Vera setzte sich an den Schreibtisch, den sie immer noch Gustavs Schreibtisch nannte. Sie war dankbar, dass Anni im hinteren Teil der Wohnung beschäftigt war, als sie den Telefonhörer nahm. Doch Jef meldete sich nicht.
    Es war Nick, den sie erreichte.
    »Hast du schon mal vom Holländer Michel gehört?«
    Nick zögerte. »Ich nehme an, du meinst nicht den aus dem Kalten Herzen von Hauff«, sagte er.
    »Ich spreche von dem, der tot vor einem Gebäude lag, das hier als Kaispeicher A beschrieben wird.«
    »Ja«, sagte Nick, »von dem habe ich gehört.«
    Nick, der treue Nick. Natürlich war er damit einverstanden, dass Vera zu ihm kam. Natürlich hatte er Zeit.
    Wenn Vera eines nicht wollte, war es, dass Anni von der Gefahr, in der Jef steckte, etwas mitbekam.
    Ihre Stimme war heiter, als sie Anni zurief, dass sie zu Nick gehe. Vera wusste, dass Anni dagegen nichts hatte, und so schlüpfte sie in die Mokassins und verließ das Haus.
    Es fing schon an, dunkel zu werden, als er auf den Parkplatz nahe der Überseebrücke fuhr. Perak hatte lange gezögert, ehe er den Daimler aus der Garage holte, und bis zuletzt auf eine Nachricht gehofft,

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