Verborgen
bisschen was, du und ich. Wir klären ihn auf über den Ruhm Spartas. Okay? Ich fang an. Vor langer Zeit waren Sparta und Athen Todfeinde. Die Spartaner waren an Land nicht zu schlagen, und sie waren die Herren des Meeres. Dann wurden wir zu gierig. Wir versuchten, eine reiche Stadt in weiter Ferne zu erobern, aber wir wurden besiegt. Die klugen Spartaner bauten eigene Schiffe, und unsere verstreuten Flotten wurden aufgebracht. Na, wie bin ich?«
»Ich hab zu tun, Nikos.«
»Nein, nein! Jetzt bist du dran. Wenn die Spartaner unsere Seeleute gefangen nahmen, was haben sie dann mit ihnen gemacht? «
Er hörte auf zu schlagen. Sein Herz pochte schneller, als ihm lieb war. Seine Finger waren mit Eiweiß verklebt. Und irgendwas stimmte nicht mit der Mischung, sie setzte ihm Widerstand entgegen, der Schneebesen verklumpte. Eine Spur zu fest das Ganze, als wäre die Brühe zu warm gewesen oder zu ungeduldig eingeträufelt worden, so dass die Eier zu schnell gerannen.
»Sie haben sie umgebracht?«
»Falsch.«
Er zog den Schneebesen heraus. Graurosa Klümpchen hingen an den Drähten. Er legte den Schneebesen weg und beugte sich tiefer, um der Sache auf den Grund zu gehen. Die Farbe der Mischung hatte sich ebenfalls verändert. Sie glänzte nicht mehr, sondern war matt geworden, das Gelb war bräunlich verfärbt.
»Na komm schon. Was haben sie mit ihnen gemacht, Engländer? «
»Lass ihn in Ruhe, Nikos.«
»Was hast du denn? Wir erzählen Modest doch nur eine Geschichte.«
»Es ist Bens letzter Abend.«
»Willst du mir vorschreiben, was ich zu tun habe?«
»Nein.«
»Kommandierst du mich rum?«
»Komm schon.«
»WILLST DU MIR SAGEN…«
»Die Hände«, sagte er. »Sie haben ihnen die Hände abgehackt. «
Er stand da und schaute in die Schüssel hinab. Ein bisschen Blut stieg an die Oberfläche. Zuerst war es nur ein Spalt in dem Gelb, so leuchtend wie eine Lavalampe. Dann wurde eine Blase daraus. Sie zerplatzte und breitete sich aus. Es war mehr Blut, als er für möglich gehalten hätte.
Nikos stieß einen Schrei aus und trat zurück. Nach dem Blut stieg der Fötus selbst nach oben. Er war groß, fast geburtsreif, die Haut schon mit nassen Federstoppeln besetzt. Seine Gestalt war zu einem Fleischfetzen geworden, die Symmetrie herausgeschlagen. Er war körperlos, kopflos, unnatürlich, protoplasmatisch. Verwandelt.
Lieber Ben,
ich hoffe, es geht dir gut. Ich schreibe dir und hoffe, der Brief erreicht dich bald. Uns geht es allen gut. Nessie hat Husten, aber es ist nicht schlimm, alle ihre Freunde haben auch Husten, es ist wie eine Modeerscheinung. Sie vermisst dich. Papa war ein paar Tage hier. Er lässt grüßen. Er wünscht dir auch alles Gute.
Es ist immer noch kalt, aber manche Bäume schlagen schon aus. Im Sommer werden die Blätter alle dasselbe Grün haben, aber jetzt sind sie noch jung, und jedes neue Grün ist anders.
Ben, die Scheidung ist durch. Die Papiere sind schon eine Woche nach deiner Abreise gekommen. Unsere Situation war nicht schwierig, deshalb hat es nicht so lange gedauert. Jetzt ist es also amtlich. Ich wollte eigentlich warten, bis ich es dir am Telefon sagen kann, aber du musst es wissen, und du hast nicht angerufen, und vielleicht ist es auch besser so.
Ich wollte sagen, dass es mir leidtut. Ich entschuldige mich für nichts. Ich meine, es tut mir leid für uns. Es fällt mir schwer, das zu schreiben, aber es ist leichter, es zu schreiben, als es dir ins Gesicht zu sagen.
Und noch was, was ich nicht sagen würde: Ich weiß, dass du mich immer noch liebst. Wenn ich dich noch lieben könnte, würde ich es tun. Es wäre besser für uns alle.
Ruf mich an. Es ist schrecklich, dass wir uns nicht verabschiedet haben. Das sollte nicht sein. Ich habe das Gefühl, dass ich den Kontakt zu dir verloren habe. Es fühlt sich an, als wärst du jetzt ganz weit weg von uns. So habe ich mir das nicht vorgestellt, als du gesagt hast, du gehst weg. Ruf mich an oder schreib mir. Bleibt es dabei, dass du im Sommer kommst?
Emine.
Liebe Nessie,
hier ist ein Bild von einem Delphin. Wie du siehst, habe ich es selbst gezeichnet (wie du weißt, ist dein Dad ein schrecklicher Lügner).
In Griechenland sind die Delphine berühmt, und alle lieben sie. Sie sind so zutraulich wie Hunde und schwimmen neben Schiffen her. Vielleicht denken sie, die Schiffe machen einen Wettlauf mit ihnen? Vielleicht denken sie, die Matrosen werfen ihnen delphinfreundlichen Thunfisch herunter? Du wirst mir schreiben
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