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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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Wacholderbüschen und Feigenkakteen.
    »Im Winter kommen wir hier herauf«, sagte Chrystos und schraubte den Wein auf.
    »Wozu?«
    »Für das hier. Schauen und trinken. Der Wein hält uns warm.«
    »Im Haus wäre es noch wärmer.«
    »Aber im Haus gibt es nichts zu sehen. Außerdem bringt mein Bruder Sachen, für die Menschen hier.«
    »Hier leben immer noch Menschen?«
    »Ein paar. Nicht viele. Keine Jungen. In dem Kloster gibt es heilige Frauen.«
    »Nonnen?«
    »Giorgios spart etwas für sie. Gas zum Kochen. Öl. Fleisch. Schokolade aus der Schweiz. Schokolade mögen sie am liebsten. «
    »Es muss mühsam hier sein im Winter.«
    »Das Eis ist schlimm, aber die Aussicht ist gut. Wir haben viel Spaß. Zu fünft, zu sechst. Als Erstes besuchen wir die… Nonnen, dann kommen wir hier herauf und setzen uns. Wir schauen hinüber, wo unsere Felder sind. In manchen Jahren liegt alles unter Schnee«, sagte Chrystos und beschrieb eine kilometerlange Linie quer durch das Tal.
    Ben nahm den Wein, trank, lehnte sich zurück, schloss die Augen. Nachbilder flackerten in seinem dunklen Inneren auf. Das Himmelslicht und der Schnee auf den Anhöhen. Eine solche Landschaft musste die Menschen verändern. Ein Ort begrenzter Horizonte. Die Berge, die jeden Weggang missbilligten. Das Tal eine grüne Oase, von der Welt abgeschnitten. Etwas, das es zu verteidigen lohnte.
    Er lehnte mit dem Kopf an dem warmen Stein. Ihm kam in den Sinn, dass es keinen Ort gab, an dem er lieber gewesen wäre – ob Athen, Oxford oder London –, und er schloss die Augen fester, als könnte dieser Reflex die Spiegelung einfangen. Neben ihm redete Chrystos weiter, in seiner eigenen Sprache, der Wein löste ihm die Zunge.
    »Wie Könige mit Königreichen. So fühlen wir uns hier oben. Wir sind wirklich wie kleine Jungen. Wir kommen hierher, um zu vergessen, was aus uns wird. Keiner von uns besitzt das Land, das unsere Großväter hatten. Sogar die Chatzakos haben weniger. Sie sind jetzt mehr Außenseiter. Und die Kinder gehen nach Athen, und die Landwirtschaft ist immer mühsam. Manche von uns bauen Besitz auf. Die Maxis haben nur zwei gute Felder. Meine Cousins ernten jetzt die Oliven. Giorgios und ich suchen uns andere Arbeit. Alle paar Jahre kommen Leute wie ihr, die nach Sparta suchen. Ihr heuert uns an, weil andere uns angeheuert haben. Wir gehen wieder zur Akropolis oder nach Amyklai. Wir finden nie genug. Ihr reist immer enttäuscht ab. Und die ganze Zeit ist Mystras hier, wo es jeder sehen kann. Viel schöner als alles, was ihr aus der Erde ausgraben könnt. Viel weniger Arbeit zu finden.«
    »Vielleicht kommen wir deshalb nicht hierher.«
    »Ihr … ihr wollt, dass es mühsam ist?«
    »Nein, nein. Wir wollen etwas finden, was noch niemand gesehen hat.«
    »Die Sachen, die ihr findet, sind nicht ungesehen.«
    »Also dann vergessen, was auch immer. Geheim. Aber es gab auch hier oben Geheimnisse. Ich habe etwas über einen Mann gelesen, der hier oben die alten Götter weiter verehrt hat. Zeus. Poseidon…«
    »Plethon.« Chrystos machte eine wegwerfende Handbewegung. »In Rom fanden sie das genial. Hier weniger. Gemistos Plethon war nicht verschwiegen. Er behielt seine Geheimnisse nicht für sich. Jetzt sind Sie überrascht. Dachten Sie, ich mache nichts anderes als graben? Und lese nie ein Buch?«
    »Natürlich nicht«, sagte er und wandte das Gesicht ab, weil er spürte, dass er ob der plumpen Lüge rot wurde. Als er den Kopf wieder zurückdrehte, sah er, dass Chrystos ihn musterte, wieder so ein Seitenblick von ihm, doch diesmal amüsiert und nachsichtig. »Tut mir leid.«
    » Pff . Nicht nötig. Sie machen mir das Vergnügen, Sie zu überraschen. «
    Sie tranken den letzten Wein. Die Sonne stieg höher, die Klüfte und Spalten in den Flanken der Berge füllten sich eine nach der anderen mit Licht.
    »Sie sind nicht wie die anderen«, sagte Chrystos, als sei das ein Kompliment.
    »Die anderen?«, fragte er. Dann begriff er. »Warum, wie sind die denn?«
    Chrystos holte eine Pfeife hervor und begann sie zu stopfen, versuchte, keinen Krümel zu vergeuden, und war so konzentriert bei der Sache, dass Ben es noch einmal versuchte.
    »Missy sagt, es wird mit der Zeit unheimlich.«
    Chrystos zuckte die Achseln und zündete die Pfeife an. » Unheimlich . Ich weiß nicht genau. Die anderen spielen seltsame Spielchen.«
    »Spielchen?«
    »Sie reden darüber, da unten.«
    »Was sagen sie?«
    »Sie benehmen sich nicht wie Ausländer.«
    »Ist das

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