Verbotene Begierde (German Edition)
seinem Gesicht verrieten, dass er geweint haben musste. Er tat ihr leid.
»Sein Flügel ist gebrochen.«
»Oh je. Ich bin sicher, der Doktor kann ihm helfen.«
Er schaute neugierig durch das Türgitter in ihre Transportbox. »Und was hat die Katze?«
»Sie muss geimpft werden.« Vanessa nahm auf einem der freien Stühle neben dem Jungen Platz. »Bist du allein hier?«
»Nein, mein …« Er unterbrach sich, weil der Vogel in seiner Hand sich unruhig regte und versuchte, sich aus dem Tuch zu winden. Sissi kratzte an der Tür der Box.
In diesem Moment betrat ein großer, ungemein gut aussehender Mann den Raum. Sein Geruch wehte Vanessa um die Nase und wirbelte ihre Gefühle durcheinander wie ein Herbststurm einen Haufen welker Blätter. Ihr schwindelte. Das Aroma von Kiefern und anderen Hölzern betörte ihre Sinne und verursachte ein Prickeln, nicht nur auf der Haut, sondern gleichzeitig an ihren intimsten Stellen und in ihrem Inneren. Aufmerksam betrachtete sie den Hünen.
»Komm, Timo.«
Er war dunkelhaarig und hatte ein gut geschnittenes, markantes Gesicht, warme braune Augen, eine gerade Nase und sinnlich geschwungene Lippen. Er maß an die 1,90 Meter. Pralle Muskeln wölbten sich unter den Ärmeln seines Sweatshirts, und seine schmalen Hüften und die langen Beine steckten in ausgewaschenen Jeans, die seinen knackigen Hintern sexy verbargen.
Vanessa fühlte sich wie benebelt.
Er legte dem Burschen die Hand auf den Kopf. »Wir sind dran.«
Mit Bedauern sah sie den beiden hinterher. Warum mussten die besten Typen immer vergeben sein?
Sie erhaschte noch einmal einen kurzen Blick auf den Riesen und den Zwerg, als sie das Sprechzimmer verließen. Der Vater trug nun einen Pappkarton, in dem es leise raschelte und der Junge hüpfte mit einem glücklichen Gesichtsausdruck an der riesigen Pranke, in der sich das Kinderhändchen verlor. Vanessa schluckte ihre Enttäuschung hinunter. Irgendwann würde auch sie den Mann ihrer Träume finden, das gerade vorbeigegangene Exemplar kam dieser Vorstellung schon sehr nahe.
Um ihre Laune stand es nicht zum Besten, als sie zwei Stunden später wieder in ihrer Wohnung ankam. Die ganze Aktion hatte sie wesentlich mehr Zeit gekostet, als sie eingeplant hatte und nun hatte sie sich zu sputen. Ihre Tasche war nicht gepackt, der Kühlschrank nicht ausgeräumt, sie musste noch zur Nachbarin, um ihr wegen Sissi Bescheid zu sagen …
Vanessa wollte mit Lauren die nächsten beiden Wochen zu Marc und ihrer Schwester fahren und sich im Hotel verwöhnen lassen. Das war ein erfreulicher Lohn für ihre Rolle als Brautjungfer. Lauren wollte vorfahren, weil sie ein paar Tage eher zurück musste.
Sophie und Marc hatten es verdammt eilig gehabt, zu heiraten. Vanessa holte die Treppenleiter aus der Nische neben ihrem Kleiderschrank, klappte sie auseinander und stellte sie vor dem Schrank auf, um die Reisetasche vom Schrankdach zu holen. Sie stieg bis auf die vierte Stufe, streckte den Arm aus und zog an den Gurten der federleichten Tasche. Irgendetwas kam ihr entgegengeschossen und fiel ihr direkt auf den Busen. Sie kreischte auf. Eine tote, vertrocknete Maus. Vanessa wedelte sie mit der Hand fort, verhedderte sich im Riemen, verfehlte beim Abfangen die stützende Verstrebung der Leiter und verlor das Gleichgewicht.
Mitsamt dem Aluminiumgestell kippte sie um, drehte sich im Fall, knallte mit dem Schienbein auf die hölzerne Bettkante und fiel auf den Fußboden. Ein dumpfer Schrei entglitt ihr, dann hüllte Schwärze sie ein.
Als sie wieder zu sich kam, brannten höllische Stiche in ihrem Bein und sie zuckte zusammen, sobald sie versuchte, sich zu bewegen. Nicht nur wegen der Pein gab sie die Versuche sofort auf, sie erkannte die aussichtslose Situation, in der sie sich befand. Natürlich war sie nicht zum Fußende hin gefallen, sodass sie sich robbend aus ihrer Lage hätte befreien können, sondern in die andere Richtung, und hier lag sie eingeklemmt von Bett, Nachtschränkchen und Kleiderschrank, die Treppenleiter so fest verkeilt zwischen den Möbelstücken und wie eine Schranke über ihren Schenkeln liegend, dass sie das Metall selbst mit größter Kraftanstrengung nicht beiseite stemmen konnte. Der qualvolle Schmerz hinderte sie daran, die Knie hochzuziehen und zu probieren, die Leiter von unten wegzudrücken. Nach und nach schlich sich die Gefährlichkeit ihrer Situation in ihren Kopf. Allein im Haus, das Telefon außer Reichweite, unfähig, sich zu bewegen, suchte sie
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