Verbotene Sehnsucht
Ärmste ganz sicher tot umfallen, obwohl sie normalerweise nicht zu dieser Sorte Frau zählte.
Seine Aufmerksamkeit, die sich bisher auf die verlockende Üppigkeit ihrer Unterlippe konzentriert hatte, schweifte zu ihren Augen, als er die Bedeutung ihrer Worte begriff.
» Das heißt, du hast gar nicht die Absicht, den Verlust deiner Jungfräulichkeit zu beichten? Du willst deinen künftigen Ehemann in dem Glauben lassen, er sei der Erste für dich? So ein armer Tropf!« Sein Tonfall verriet, was er von Missys Strategie hielt.
» Was kümmert es dich, was ich tue, solange du nicht in eine unerwünschte Ehe mit mir gezwungen wirst?«
Nach ihrer Bemerkung herrschte langes Schweigen. Was sollte er tun? Auf keinen Fall durfte er ihr noch Hoffnungen machen, da spielte er besser den harten, verantwortungslosen Kerl. Er straffte die Schultern und setzte eine abweisende Miene auf.
» Du hast wohl recht. Es sollte mich nicht kümmern, was du deinem späteren Ehemann erzählst und was nicht.«
Seine Worte trafen sie ins Innerste ihrer Seele, und am liebsten wäre sie auf die Knie gesunken und hätte ihren Tränen freien Lauf gelassen. Aber das musste sie sich aufheben. Für später. Wenn er weg war.
» Ich hoffe, du fühlst dich jetzt erleichtert«, stieß sie mühsam hervor. » Ich werde niemandem erzählen, was zwischen uns geschehen ist. Du brauchst also nicht zu befürchten, dass mein Bruder auf deiner Türschwelle auftaucht und Satisfaktion verlangt. Vor mir bist du sicher. Du hast mir ein für alle Mal klargemacht, dass meine Zuneigung nicht willkommen ist, und ich werde dich in Zukunft nicht mehr behelligen.«
James’ Kummer war unermesslich. Er versuchte etwas zu sagen, etwas Passendes, vielleicht Tröstendes, aber da gab es nichts. Dabei hätte er sie am liebsten in die Arme gerissen, doch das durfte er erst recht nicht, wollte er nicht noch größeren Schaden anrichten. Alles war so ausweglos.
Du lieber Himmel, Missy wirkte so zart und verletzlich, und er sah das Meer von Tränen in ihren schieferblauen Augen glitzern, das sie krampfhaft zurückdrängte.
Zwar hoffte er, dass sie eines Tages heiraten würde, denn eine so sinnliche und leidenschaftliche Frau sollte micht alleine leben. Doch es würde nicht er sein, der nachts neben ihr im Bett lag. Und es wären nicht seine Kinder, die sie austrug. Der Gedanke, dass sie nicht ihm, sondern irgendwann einem gesichtslosen Mann gehörte, der rechtmäßige Ansprüche auf sie geltend machen konnte, machte ihn krank. Führte dazu, dass sich ein Schraubstock um sein Herz zu legen schien und es erbarmungslos zerquetschte.
Ein Kind, fiel ihm plötzlich ein. Was, wenn sie ebenfalls schwanger war? Schließlich hatte er nicht verhütet. Das fehlte gerade, wenn auch das noch passierte. Zwei Frauen, zwei Kinder. Unausdenkbar, und doch… Es war nicht unmöglich.
» Und was ist, wenn du ein Kind in dir trägst?« Er stopfte die Hände in die Taschen, um sie nicht in einem Reflex nach ihr auszustrecken.
Einen Moment lang meinte er Angst in ihren Augen aufblitzen zu sehen, doch dann war es schon vorbei. » Keine Sorge. Heute Morgen haben die monatlichen Beschwerden eingesetzt. Ich bin also nicht in anderen Umständen«, brachte sie mit tonloser Stimme hervor.
James vermochte nicht zu sagen, warum diese Antwort ihn so sehr berührte und er mit einem Mal das unbegreifliche Gefühl eines Verlusts empfand. Missy und sein Kind, dachte er traurig, um sich gleich darauf zur Ordnung zu rufen. Scheinbar war er gerade dabei, den Verstand zu verlieren. Reichte nicht eine Lady, die behauptete, er sei der Vater ihres ungeborenen Kindes? Eigentlich hätte er erleichtert aufatmen sollen, dass ihm das erspart blieb, doch er tat es nicht.
» Dann haben wir ja noch einmal Glück gehabt«, sagte er ohne Überzeugung.
Missy nickte lahm.
» Ich sollte dann besser gehen.« James fuhr sich mit den Fingern durch das Haar.
Sie wandte schweigend den Blick ab.
» Ich finde selbst hinaus.« Auf der Schwelle blieb er kurz stehen, wollte etwas sagen– irgendetwas, um das schelmische Funkeln in ihre schönen Augen zurückzuzaubern. Aber ihm fiel nichts ein. Was blieb ihm in dieser verfahrenen Situation überhaupt zu sagen oder zu tun? Nichts. Ohne einen Blick zurück verließ er das Zimmer, als würde er für immer aus ihrem Leben verschwinden.
13
M issy hatte schon an zahlreichen Bällen, Dinnerpartys und Soireen teilgenommen, aber wenn sie Devonshire House am Piccadilly durch die Doppeltüren
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