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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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viel gelassener auf seinem Stuhl. Aufrechter. Vielleicht war es ja ungerecht und unmodern, was sein Gegenüber andeutete, aber die Welt war eben nicht gerecht.
    Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf seinen sonst so verkniffenen Lippen breit.
    Jeder müsste die Waffen verwenden, die ihm zur Verfügung standen. Er war ganz einfach vom rechten Schlag. Das musste er ausnutzen. Es spielte also keine Rolle, dass er sich manchmal fehl am Platze fühlte. Viele Patientinnen verlangten eine Gynäkologin. Aber das musste er eben wie ein Mann hinnehmen. Er verfügte schließlich über den Vorteil, der ihm zu guter Letzt Macht und eine Stellung verschaffen würde.
    »Außerdem möchte ich betonen, dass es in unserer Disziplin sehr viel interessante Forschung gibt«, fuhr der Chefarzt fort und strich seine Krawatte auf seinem Bauch zurecht. »Sie werden sich spezialisieren wollen. Das will man früher oder später. Nur die Waschlappen stellen sich nicht den richtigen Herausforderungen.«
    Er nickte, dass er auch ganz dieser Meinung sei.
    »Was ich damit sagen wollte, ist, dass Sie mir sehr willkommen sind, wenn Sie sich auf diesem Gebiet weiterentwickeln wollen. Ich habe viele interessante Ideen, die wir leicht weiterspinnen könnten. Ich meine, Sie wollen sich hier schließlich nicht nur mit den Patientinnen abmühen. Das hier ist eine fantastische Fachrichtung, das müssen Sie wissen. Gynäkologie und Geburtshilfe. Herausragend, bietet viele Möglichkeiten zur Forschung, sei es auf dem Gebiet der Chirurgie, der Endokrinologie oder Nachsorge. Dazu gehören Kongressreisen, Rampenlicht, ein ganz anderes Leben. Gewissermaßen tiefer.«
    Er nickte erneut, immer noch lächelnd. Er konnte einfach kein ernsthaftes Gesicht machen. Aber was sollte er antworten?
    Nichts.
    Das war auch gar nicht nötig, denn hier herrschte plötzlich die wortlose Einigkeit zweier unrasierter Cowboys im Wilden Westen.
    Chefarzt und Dozent Eskil Nordin wandte sich seinem Computer zu. Das Gespräch war beendet.
    Gustav Stjärne rannte im Freudenrausch die Treppen zur Entbindungsstation im Erdgeschoss hinunter.

    Ester hatte sich im Keller umgezogen und ihre Brieftasche und Schlüssel in der Box für die Wertsachen eingeschlossen und befestigte jetzt ihr Namensschild und ihre Schwesternbrosche auf dem weißen Krankenhauskittel, während sie darauf wartete, dass die Übergabe beginnen würde.
    Sie saß in Gedanken versunken da. Es waren knapp zwei Jahre vergangen, seit sie Cecilia zum ersten Mal getroffen hatte. Sie hatten sich in dem engen Umkleideraum in der Gerdahalle kennengelernt, in der man sich so nahe kam, dass man jede Bewegung planen musste, um niemanden versehentlich anzurempeln. Aber dass man deswegen gleich eine Unterhaltung begann, war nicht selbstverständlich. Da gehörte mehr dazu.
    Cecilia gehörte zu den seltenen Menschen, zu denen man leicht Kontakt bekam. Eine gewisse gegenseitige Neugier war durch alle die Trainingsstunden geweckt worden, die sie gemeinsam geschwitzt hatten. Es gab dort aber viele andere Teilnehmer, die Ester kaum bemerkte. Cecilia war lebhaft. Sie war fröhlich und wach und fiel auf. Ester war natürlich aufgefallen, dass sich einer der Männer mit Vorliebe neben sie stellte. Sie hatte es gesehen, obwohl der große Raum voller Arme und Beine und voller Bewegung gewesen war. Anfangs hatte sie die beiden für ein Paar gehalten. Er studierte an der Technischen Hochschule, bildete sie sich ein. Vielleicht hatte sie ihn ja einmal mit einem T-Shirt mit dem Wappen der TH auf dem Rücken gesehen.
    Bei diesen Trainingsstunden hatte es einiges gegeben, worüber man sich Gedanken machen konnte. Der TH-Typ war Cecilia auf die Pelle gerückt, aber sie hatte ihm am Ende der Stunde einfach die kalte Schulter gezeigt und war nicht geblieben, um sich noch mit ihm zu unterhalten. Sie hatten also nichts miteinander, hatte Ester geschlossen. Was ihr Cecilia auch bestätigt hatte. Er hatte einfach wie eine Klette an ihr geklebt.
    Was wusste Ester noch über Cecilia? Die Polizei hatte sie gefragt. Ihre Familie war irgendwie erst jetzt in Erscheinung getreten, aber das war auch nichts Ungewöhnliches. Sie wussten alle nur vage über den Hintergrund der anderen Bescheid. Wenn man erst einmal von zu Hause ausgezogen war, konnte man erzählen, was man wollte. Man konnte auch Sachen erfinden oder verschleiern. Meist ging das aber nur eine Weile gut. Wie bei einer Freundin, die ihren unerfreulichen Hintergrund in den einer Diplomatentochter

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