Vereist (German Edition)
indem er sich als sein eigener Boss ausgegeben hatte. Exboss. Alle Fakten deuteten darauf hin, dass Kinton ein gewiefter Lügner und Manipulator war. Und solche Leute brauchte Patrick in seinem Vorauskommando nicht.
Die Hitze schoss Patrick in den Kopf.
Warum? Warum wollte Kinton unbedingt zu dem Flugzeug?
Er starrte Whittenhall an, der immer noch in sein Handy blaffte. Dieses Arschloch kannte den Grund. Aber er behielt ihn für sich.
»Dann ist dieser Kinton eben ein Exagent. Und wenn schon? Was hat er getan? Jemanden umgebracht?« Reid erwartete auf seine gemurmelten Fragen keine Antwort. »Dort draußen kann er nicht mehr viel anrichten. Alle, die in dem Flugzeug saßen, sind sicher längst tot. So einen Crash überlebt niemand.«
»Halt die Klappe«, blaffte Patrick.
Er hasste diese Art von Pessimismus. Für eine solche Aussage war es noch zu früh. Menschen überlebten oft wider Erwarten absolute Extremsituationen, Hitze und Kälte. Patrick schnitt die Berichte über diese unglaublichen Begebenheiten aus der Zeitung aus und klebte sie in ein Notizbuch. Besonders Geschichten über Flugzeugabstürze. Über Kinder, die die Unfälle überlebten, denen ihre Eltern zum Opfer fielen. Über ältere Menschen, die nach einem Sturz mit gebrochenen Knochen und bei Minustemperaturen eine Nacht im Freien überstanden. Der menschliche Überlebenswille ist eine mächtige Triebfeder für scheinbar übermenschliche Leistungen.
Patrick sagte niemals nie.
Immer das Beste zu hoffen, war seine Pflicht. Es nicht zu tun, hätte bedeutet, die Leute in dem Flugzeug im Stich zu lassen. Aber sie verdienten seinen vollen Einsatz.
Reid hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als Patrick ihm gesagt hatte, er solle die Klappe halten. Der Deputy war ein lockerer Typ, der vieles einfach an sich abprallen ließ. So wie die pappigen Schneeflocken, die gerade vom Himmel segelten. Exakt zur Mittagszeit hatte sich der Regen in Schnee verwandelt. An den Rändern der Pfützen bildete sich bereits ein dünner Eisfilm. Ein Zeichen dafür, dass die Temperaturen sanken. Die angekündigte Kaltfront zog gnadenlos herauf.
Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen sah Patrick zu, wie das Wohnmobil des Madison Countys auf die Lichtung fuhr.Sein neues Hauptquartier. Er würde ein Dach über dem Kopf haben, während sein Team sich mit diesem eisigen Rotz abkämpfen musste.
»Hey, Gentry!«, rief Reid. Patricks Magen zog sich zusammen, als er den hochgewachsenen Mann sah, der erst die Hand eines der Deputys an der Absperrung schüttelte, dann selbstbewusst zu ihm und Reid marschierte und zur Begrüßung lässig winkte.
Verdammt. Nicht jetzt.
Patrick wollte den Kerl nicht im Basislager haben. Gentry flog Rettungseinsätze für die in der Nähe stationierte Luftwaffe und hatte schon öfter ausgeholfen, wenn die Suchtrupps des Madison Countys Unterstützung aus der Luft brauchten. Fliegen kam heute allerdings nicht infrage. Wind und Wetter sorgten für null Sicht, und alle Hubschrauber mussten am Boden bleiben. Ein Pilot, der nicht in die Luft gehen konnte, war ein Energiebündel, und Patrick ertrug es im Augenblick nicht, dass jemand wie ein Gummiball vor ihm herumsprang. Besonders nicht, wenn der Pilot auch noch ein ganz spezielles persönliches Interesse an der Sicherheit des Suchtrupps hatte. Wenn Gentry die seltsame Geschichte von dem Exmarshal hörte, der sich ins Team gemogelt hatte, würde er völlig ausrasten und sofort vom Schlimmsten ausgehen.
Patrick setzte ein Lächeln auf und begrüßte Brynns Freund.
F ÜNF
»Was weißt du über das Flugzeug?« Liam runzelte die Stirn so sorgenvoll, dass seine Augenbrauen fast den Ansatz seines dunklen Kurzhaarschnitts berührten.
Der Pilot würde Patrick mit endlosen Fragen löchern. Wann war das Team losgegangen? Von welcher Einsatzdauer ging Patrick aus? Hatte er etwas von Brynn gehört?
Patrick warf einen finsteren Blick in Richtung des U.S. Marshals. »Ich wüsste selber gern mehr über diese verdammte Maschine.«
»Anscheinend handelt es sich bei dem Häftling, der damit transportiert wurde, um Darrin Besand.« Liam senkte die Stimme.
Patricks Augenbrauen schossen in die Höhe.
Darrin Besand?
Seine Haut begann zu prickeln.
Besand hatte für eine Mordserie, die vor zwanzig Jahren begonnen hatte, lebenslänglich bekommen. Frauen zu vergewaltigen und zu erwürgen, war sein liebster Zeitvertreib gewesen. Alter und Hautfarbe waren ihm egal. Zwei Drittel der Morde waren erst mit ihm in
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