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Verfallen

Titel: Verfallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef
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Station und sah durch die Glasscheibe zu Dianne hinein.
    Ich wollte bei ihr bleiben. Ihre Hand halten und mit ihr reden. Ich wollte die ganze Zeit an ihrem Bett sitzen, in der leisen Hoffnung, dass die Anwesenheit eines Menschen, der sie liebte, ihre Heilungschancen verbesserte.
    Doch die Polizei hatte andere Pläne.
    »Können Sie mir die genaue Stelle zeigen, an der Sie sich befanden, als die Täter in das Haus eindrangen?« Der Ermittler ist ungefähr in meinem Alter, riecht nach herbem Aftershave und unterstreicht seine Worte stets mit Kopfnicken und Handbewegungen.
    Ich gehe hinüber zum Holzofen. Mein Atem kondensiert zu dünnen Wölkchen. »Ich war hier.«
    »Haben Sie aufrecht gestanden?«
    »Nein, ich bin gegangen. Ich ging vom Ofen aus in Richtung Küche, weil an der Hintertür gerüttelt wurde. Dann gab es einen lauten Knall.«
    Die Erinnerung an die maskierten Männer, die ins Wohnzimmer stürmten, durchzuckt mich wie ein Stromstoß. Wieder spüre ich die Angst, diese lähmende, unaussprechliche Angst. »Glas klirrte«, fahre ich fort. »Die Scherben flogen in alle Richtungen.«
    »Die Scheibe in der Hintertür wurde eingeschlagen«, murmelt er.
    Unsicher zucke ich mit den Schultern. »Kann sein. Ich habe es nicht gesehen, denn ich wurde zur Vordertür hinausgetragen.«
    Der junge Ermittler stellt mir noch weitere Fragen. Manche mehrmals, jeweils in anderen Formulierungen. Die Rekonstruktion des Tathergangs dauert eine halbe Stunde. Dreißig quälende Minuten, in denen ich bis ins Detail die Bilder des Films in meinem Kopf noch einmal hervorrufen und in Worte fassen muss.
    Ich gebe mir die größte Mühe, für die Polizei, für Dianne und für mich selbst, aber in vielen Punkten lässt mich mein Gedächtnis im Stich.
    Ich bin mir nicht mehr sicher, welche Farbe der Lieferwagen hatte – blau oder grün? – und auch nicht, ob es ein Metalliclack war. An das Kennzeichen kann ich mich ebenso wenig erinnern. Zu dem Wenigen, was ich noch weiß, gehört, dass ein Radio lief und die hölzerne Ladefläche mit einer Schicht Sand bedeckt war.
    Der Ermittler ist bemüht, sich seine Verärgerung und Frustration nicht allzu sehr anmerken zu lassen, aber ich spüre dennoch, wie unzufrieden er ist.
    Da gesellt sich ein älterer Ermittler zu uns, der sich die ganze Zeit in unserer Nähe aufgehalten hat. »Bist du fertig?«, fragt er seinen Kollegen.
    »Ja, fast.«
    Dann wendet sich der Mann an mich. Seine Haare sind fast weiß, seine Haut gebräunt. Er erinnert mich an Rutger Hauer.
    Er ist mir auf Anhieb sympathisch und strahlt eine professionelle Ruhe aus, die mir Vertrauen einflößt.
    »Möchten Sie Ihre Sachen mitnehmen?«, fragt er mich.
    Als ich ihn verständnislos ansehe, erklärt er: »Sie können nicht hierbleiben. Wir haben in der Stadt ein Hotelzimmer für Sie reserviert.«
    Rutger Hauer, der sich mir als Kommissar Gérard Godin vorstellt, hilft mir, Erwins und mein Gepäck hinunterzubringen. Unsere Rucksäcke und Taschen werden in den Kofferraum eines Polizeifahrzeugs geladen.
    Auf dem Hof sind Polizeitechniker dabei, Gipsabdrücke von Reifenspuren anzufertigen. Wozu, ist mir nicht ganz klar, weil die meisten Spuren wohl inzwischen von den Reifen der Polizeifahrzeuge zerstört sein dürften. Doch ich stelle keine Fragen. Sie werden schon wissen, was sie tun.
    »Das Motorrad Ihres Freundes können wir zum Hotel bringen lassen.«
    »Danke«, sage ich.
    » Bon , Madame Lambrèk.« Forschend sieht er mich an. »Jetzt, wo mein Kollege fertig ist, habe ich noch ein paar Fragen an Sie.«

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    »Eva Lambregts à l’appareil . Könnte ich mit Inspektor Chevalier sprechen?«
    »Er ist nicht im Dienst«, antwortet eine Frauenstimme. »Kann ich Sie mit einem Kollegen verbinden?«
    »Nein, ich muss ihn persönlich sprechen. Es ist wichtig.«
    »Einen Augenblick, bitte. Ich verbinde Sie mit seinem Handy. Aber er ist augenblicklich sehr beschäftigt. Wenn er sich nicht meldet, kann ich nichts weiter für Sie tun.«
    Nach einigen metallischen Klicklauten ertönt die Stimme Chevaliers so deutlich im Lautsprecher, als säße er neben mir. »Mademoiselle Lambrèk?«
    » Oui. Haben Sie schon gehört, was passiert ist?«
    »Natürlich. Meine Kollegen von der Police nationale sind heute Morgen bei uns in der Dienststelle gewesen. Zwei unserer Kollegen sind zurzeit als Verstärkung draußen im Haus Ihrer Freundin. Wie geht es Ihnen?«
    »Gut.«
    »Sie wurden nicht verletzt, oder?«
    »Nein, bis auf ein paar Schürfwunden und

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