Verfault 2 xinxii
dem Bild war ich in Badehose an irgendeinem Strand zu sehen.
»Wer ist das hier?«
Ich schüttelte den Kopf und fragte mich, ob der Typ verrückt war: »Das bin wohl ich!«
Er nickte: »Und der?« Ein neues Foto.
»Ich beim Rad fahren?«, ich fragte mehr als ich antwortete, denn mir war nicht klar, wie diese Fragestunde meinen Juckreiz heilen würde.
Es folgten weitere Fotos. Ich in der Badewanne. Ich beim Fußball spielen. Ich auf Mallorca mit den Kegelbrüdern. Ich auf der Couch. Ich mit meiner Frau. Ich erneut mit meiner Frau. Ich auf meiner Hochzeit. Ich auf einer Geburtstagsfeier. Ein Kerl ohne Arme und Beine in einem Bett.
Ich zögerte: »Was soll das?«
»Wer ist der Mann auf dem Foto?«
Ich wurde lauter und Wut lag in meiner Antwort: »Woher soll ich das wissen? Können wir jetzt aufhören?«
»Schauen Sie sich das Bild genauer an!«
»Weswegen, verdammt? Da liegt ein armer Mann ohne Arme und Beine in einem Bett. Nur noch Torso und Kopf. Punkt! Sollte ich ihn kennen?«
Professor Hausmann beugte sich zu mir hinab: »Dieser Mann sind Sie, Herr Feldhoff. Es zeigt Sie in dem Bett, in dem Sie in diesem Moment liegen!«
Ich sah ihn entsetzt an und fing an, zu lachen: »Sie sind ein komischer Kauz! Sind Sie irre? Was soll das?«
Er setzte sich ruhig auf die Bettkante und ich erkannte Dr. Berger und Schwester Katrin tuschelnd hinter ihm. »Ich bin nicht irre, Herr Feldhoff, obwohl ich oft so genannt werde. Ich bin auch kein Hautarzt, sondern Psychiater und Psychologe. Genau, wie Dr. Berger Psychiater ist!«
Ich starrte alle in diesem Raum an, wie man Menschen anstarrt, die man während einer Verschwörung ertappte. Das Einzige, was mir zu diesem Blödsinn einfiel war ein lang gezogenes: »Was?«
»Sie sind mehr als ein Jahr hier und Sie müssen endlich ihren Zustand akzeptieren, sonst können wir Ihnen nicht helfen!«
»Welchen Zustand?«, der Schweiß sammelte sich auf meiner Stirn und es begann zu jucken, »Jetzt juckt es wieder, Herr Proffessor, es juckt fürchterlich!«
»Es kann nicht jucken, Herr Feldhoff. Und Sie können nicht kratzen! Sie haben bei einem Straßenbahnunfall alle Gliedmaßen verloren. Seitdem sind vierzehn Monate vergangen. Ich möchte Ihnen helfen.«
Ich wollte ihm sein iPad aus der Hand schlagen, aber aus irgendwelchen Gründen traf ich es nicht. »Hören Sie endlich auf, Sie Irrer! Was seid ihr denn für Menschen? Mich so zu quälen. Ihr gehört doch ins Irrenhaus, ihr Schwachsinnigen!«
Ich sah, wie Dr. Berger näher trat, um mich zu beruhigen, aber der Proffessor blieb, wo er war und redete ganz ruhig weiter: »Ich mag den Ausdruck zwar nicht, aber genau genommen sind wir in einem Irrenhaus, wie Sie es nennen. Sie sind in einer Nervenheilanstalt, Herr Feldhoff, seit fast genau 10 Monaten!« Er lächelte mich an, ohne dass ich eine Hoffnung in diesem Blick erkennen konnte.
Ich schrie nur noch: »Lasst mich! Lasst mich in Ruhe! Lasst mich endlich in Ruhe!«, der letzte Teil des Satzes versank in meinem eigenen Schluchzen. Ich weinte und es juckte. Es juckte so schrecklich. Oh mein Gott, warum ließ man mich nicht in Ruhe?
DAS SPIEGELKABINETT
Zusammengehalten von Zuckerwatte klebte meine rechte Hand an der Linken meines 7-jährigen Sohnes. Wir waren auf dem Jahrmarkt unterwegs und leider hatte ich auch diesmal seiner ständigen Bettelei nachgegeben. Er wollte unbedingt Zuckerwatte und nun befanden sich die Reste derselben zu 30 % in seinem Haar, zu 30 % an seiner Jacke und weitere 30 % an meiner neuen Handtasche. Der übrige Teil befand sich wie erwähnt zwischen unseren Händen. Ich rannte mehr als ich ging zum nächsten Toilettenwagen und zog Etienne hinter mir her. Er heulte, wie er es immer tat, wenn er machen sollte, was er nicht wollte, aber ich ignorierte ihn. Ich hasste öffentliche Toiletten, insbesondere auf Jahrmärkten
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