Verfault 2 xinxii
und Volksfesten, aber glücklicherweise hatte ich nicht vor, mein Geschäft zu verrichten, sondern wollte nur die Hände und meine Tasche abwaschen. Ein kleiner Trost.
Etienne störte die Zuckerwatte auf seinem Köper erwartungsgemäß nicht. Er plärrte und zählte alle seine Begehrlichkeiten auf. Er wollte Achterbahn fahren, die Geisterbahn besuchen, die Wasserbahn testen und das Kettenkarussell ausprobieren. Am liebsten alles gleichzeitig, dazu noch einen Paradiesapfel und eine Currywurst. Nach dem Besuch des nach Urin und Tannenduft aus der Dose stinkenden Toilettenwagens, waren mein Sohn und ich einigermaßen sauber und setzen unseren Besuch der Kirmes fort. In zahlreichen Filmen und Fernsehserien wird dem Zuschauer der Besuch eines Jahrmarktes mit Kindern als wahre Freude suggeriert. Der Himmel ist strahlend blau und wenn nicht, zumindest die Wolken rosa. Alle haben sich lieb, lachen pausenlos und die Kinder sind mit allen Aktivitäten so was von zufrieden, dass garantiert kein Paradiesapfel am Ärmel, oder Zuckerwatte im Gesicht, das freudige Treiben stört.
Die Wahrheit sieht anders aus! Kirmesbesuche mit Kindern bedeuteten für mich in erster Linie drei Dinge: Stress, Ärger und Anstrengung. Punkt. In diesem Moment, Klein-Etienne unzufrieden im Schlepptau, wünschte ich mir mein Singledasein und Kinderlosigkeit zurück. Es klingt hart, aber ich vermisste meine Unabhängigkeit, meine freie Zeiteinteilung und das Fehlen von Verantwortung gegenüber einem anderen Menschen. Bin ich deswegen eine Rabenmutter? Weil ich ausspreche, was Millionen Mütter insgeheim denken?
Mein feiner Ehemann schaute in diesem Moment irgendein Fußballspiel in dieser Republik. Ich hatte vergessen, in welchem Ort sein Lieblingsverein PSG spielte und es war mir egal. Wenn er nicht gerade beim Fußball war, schaute er im TV Fußball oder irgendeinen anderen x-beliebigen Sport. Hauptsache es gab einen oder mehrere Konkurrenten, bei denen er unser Geld für Wetten verpulverte. Das Wort Couch-Potato schien eigens für ihn erschaffen worden zu sein und alles andere blieb an mir hängen! Die Wäsche, Kochen, Haushalt und die Gartenarbeit. Er berief sich immer auf sein hohes Einkommen und das er nach der Arbeit zu müde sei. Wer befand sich mit Etienne auf diesem Rummelplatz? Ich! Ich hatte Etienne, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war und nur die dicken schwarzen Haare und die grünen Augen von mir geerbt hatte, widerwillig versprochen, eine Runde auf dem Jahrmarkt zu drehen und dann wollte ich nur noch heim. Ein heißes Bad einlassen, ein paar Duftkerzen im Bad anzünden und in Ruhe lesen. Wir ließen die Wasserbahn trotz Etiennes Gebrüll links liegen, besuchten stattdessen die Geisterbahn, die überteuert und todlangweilig war und befanden uns schon auf dem Weg Richtung Ausgang, als Etienne ein altes Spiegelkabinett bemerkte: »Mama, was ist das das?«
Ich schaute zur Seite und entdeckte das Spiegellabyrinth, das entweder auf alt getrimmt oder tatsächlich aus den 1920ern stammte, wie es ein Schild reißerisch versprach.
Ältestes Spiegelkabinett Frankreichs, seit 1924 in Familienbesitz!
»Dies ist ein Spiegelkabinett, Etienne. Es ist ähnelt einem Labyrinth, aber die Wände bestehen aus Spiegeln. Vielleicht sind auch Verzerrspiegel dort untergebracht, die einen dicker oder dünner machen.«
Etienne kicherte: »Dicker oder dünner. In echt?«
Ich schüttelte den Kopf: »Nein. Nicht wirklich. Es wirkt nur, als wäre man dicker oder dünner, größer oder kleiner.«
Etienne kicherte noch: »Da will ich rein, Mama!«
»Klar, Du willst ja überall rein und musst ja auch nicht bezahlen.«
Ich schaute mir die Attraktion genauer an und sie
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