Verfault 2 xinxii
waren. Ohne Zweifel, waren sie ein Ausdruck vollendeter Folterkunst. Ohne Widerspruch war eine eiserne Jungfrau imposanter in der Erscheinung, ein Wagenrad mit darin geflochtenen Körper spektakulärer und das Vierteilen sicherlich abschreckender, aber an Little Ease kam meiner Meinung nach nichts heran.
Ich bin Scharfrichter, Freimann oder werde auch Züchtiger genannt. Schon mein Vater war ein Freimann und auch mein Sohn würde in meine Fußstapfen treten. Meine ganze Familie, die außerhalb der Stadtmauern wohnen muss, wird verachtet, obwohl wir einer so wichtigen Aufgabe nachgehen. Mich kümmert dies alles nicht und ich bin stolz auf meine Arbeit. Ich bin selbst nur ein kleines Zahnrad im Dienste des Herrn. Was konnte daran falsch sein? Ich habe schon etliche Seelen gerettet, hilflose Gemüter, die durch meine Arbeit doch noch den rechten Weg fanden, die in letzter Sekunde abschwörten! Die meisten halten uns Freimänner für grausam, aber was ist ein wenig Härte in diesem Leben, wenn man am Ende des Weges dadurch zum Schöpfer zurückfindet? Hier auf Erden kann der Sünder keine wahre Vergebung erfahren, aber wir zeigen ihm einen Weg, gänzliche Vergebung im Gericht des Himmels zu erleben!
Wir Freimänner sind nicht grausam, wir sind Gehilfen im göttlichen Auftrag. Tag und Nacht befinden wir uns hier unten bei den Sündern, waten in Blut, Exkrementen und Erbrochenem und beschweren uns nicht. Man kann sich nicht an den Gestank, der uns die Luft zum Atmen raubt, nicht gewöhnen, aber wir beschweren uns nicht! Ist es unsere Schuld, wenn der Teufel ein junges Weib verführt und zur Hexe macht? Ist es meine Schuld, wenn dunkle Stimmen einen armen Tor davon überzeugen, einen Mord zu begehen? Nein, ich verrichte meine Arbeit im Dienste unseres Herrn und ich schäme mich dessen nicht. Die Menge johlt, wenn ein Mensch geköpft wird, sie grölt wenn man ihnen den Bauch öffnet und die Innereien anzündet, aber Hand anlegen kommt ihnen nicht in den Sinne.
Falls jemand Blut verabscheut -und ich schwöre bei Gott dem Herrn, dass auch ich Blut verabscheue- dann ist dieser winzige Raum die beste Möglichkeit einen Sünder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Die ehrlichste Art für ihn, auf seine Missetaten zurückzublicken und Buße zu tun. In dieser kleinen Zelle kann man weder sitzen, noch liegen. Man kann weder stehen, noch seine Gliedmaßen zur Entspannung ausstrecken. Man geht hinein und schon Minuten später beginnt jeder Muskel zu verkrampfen und es gibt keine Möglichkeit, dem zu entkommen. Es gibt keine Ruhepausen und keine noch so geringe Ablenkung ist einem vergönnt. Der Schmerz wird immer schlimmer und irgendwann sind die Krämpfe so stark, dass die ersten Muskeln reißen. Zumeist ist der arme Sünder nun bereit in sich zu gehen und zu bereuen. Tut er dies nicht, werden die Qualen immer unerträglicher und so sehr das Böse es auch verhindern will, irgendwann brechen Knochen und bersten Gelenke. Nun ist der Tod nicht mehr weit, aber es besteht immer noch die Chance zu bereuen. Wenn der Sünder dies endlich einsieht und den Teufel vertreibt, sich zu Gott bekennt, wird dieser Tod eine Erlösung sein. Nach diesem Leben in Unrecht und Verfehlungen, wird er doch erlöst werden!
Ich bin nicht grausam, sondern nur ein Diener unseres Herrn und der heiligen Kirche.
SACKGASSE
Köln-Chorweiler. 13:30 Uhr. Eine Zweizimmer-Wohnung im 12. Stock eines riesigen Wohnsilos.
Erst seit eingeb Minuten wach, stand ich im Bad und schaute in den Spiegel. Was war aus mir geworden? Wie hatte es soweit kommen können? Ich blickte in ein fahles und eingefallenes Gesicht. Ich war 40, sah aus wie 60 und hatte Tränensäcke, die aussahen, als könnten sie in jeder Sekunde platzen. Ich öffnete den Mund und
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