Verfault 2 xinxii
lesen zu können, denn plötzlich sprang sie aus dem Bett und stellte sich schützend vor den Sekretär. »Wage es bloß nicht, du verdammter Hurensohn. Dies ist jetzt mein Gold und bleibt wo es ist!« Sie öffnete weit den Mund und wollte vermutlich gerade nach Winston rufen, als meine Hände schon ihre Kehle umschlossen.
Erschrocken blickte sie mich an und röchelte etwas, das wie das Husten eines Lungenkranken klang. Ich drückte fester zu und sie begann aus Leibeskräften zu treten und schlagen, aber ich war stark. Schlank, aber nur aus Muskeln bestehend, die ich der endlosen Plackerei zu verdanken hatte. Ich ließ nicht los und ihr Gesicht färbte sich erst rötlich, dann wurde es blasser. Ihre Schläge verloren an Kraft und ich verstärkte wie von Sinnen nochmals den Druck meiner Hände. Meinen Daumen drückte auf ihren Kehlkopf und plötzlich knackte es, als wäre ein morscher Ast zerbrochen. Der Widerstand unter meinem Daumen war nach hinten gewichen und ihre Gegenwehr hörte schlagartig auf. Ihre toten Augen starrten mich ausdruckslos an. Ich hatte sie umgebracht!
Ich ließ los und sie sackte in sich zusammen. Voller Panik griff ich in die Schublade, nahm das Nugget und zog mich an. Ich beeilte mich und versuchte so geräuschlos wie möglich aus dem Zimmer zu kommen und stand nach einigen Sekunden im Flur. Von unten drangen die Klänge des Klavierspielers und ein Konzert zahlloser Stimmen nach oben und ich sah gute Chancen in dem Trubel einfach verschwinden zu können. Aber dem war nicht so! Auf dem Weg zur Treppe kam mir plötzlich Winston entgegen, der mich fragend ansah: »Wo ist Lilly?« Er war mindestens 1,90 Meter groß und wog locker 120 kg. Auf eine Antwort wartend, schob er seinen auf dem Stiernacken sitzenden Kopf nach vorne. Es gab nur diesen einen Weg zur Treppe und hinter mir keinen Ausgang. Ich blickte mich um und Winston wiederholte lautstark seine Frage: »Wo zur Hölle ist Lilly?«
Ich stotterte vor mich hin, dass sie schlafen würde, aber Winston glaubte mir kein Wort: »Kein Kunde verlässt hier ohne Dame das Zimmer! Das gab es noch nie! Wo ist sie also?« Ich kam gar nicht dazu zu antworten, denn seine rechte Faust schlug mit voller Wucht von unten an mein Kinn ein und ließ mich stürzen. Als nächsten trat er mir mit brachialer Kraft in den Magen und ich blieb gekrümmt vor Schmerzen liegen. Winston lief zu Lillys Zimmer und ich hörte ihn nur noch schreien: »Du Hurensohn! Du verdammter Hurensohn! Du Schwein! Du Schwein!« Er kam zurück und trat mir immer wieder fluchend in den Magen, bis ich schließlich das Bewusstsein verlor.
Ich kam erst in dieser Zelle hier wieder zu mir und wunderte mich nur anfangs, dass ich nicht gelyncht worden war. Aber so dumm war Winston nicht, dass er wegen einer Hure selbst am Galgen enden sollte. Mir fehlten einige Zähne, ich konnte mich vor Schmerzen kaum bewegen und lag auf dem Boden dieser kleinen Zelle. Die Verhandlung fand 5 Tage später statt und dauerte gerade einen Tag. Tod durch den Strang lautete das Urteil und ich wurde wieder ins Kittchen gebracht. In Skagway ließ man sich nicht allzu viel Zeit mit Hinrichtungen, von denen es immer reichlich gab. Zumeist allerdings wegen Diebstahl. Nun war ich an der Reihe und ich vertraute auf Gott und sein weises Urteil nach diesem Leben. Was blieb mir auch sonst noch?
Im Gefängnis war es eiskalt und ich fror besonders an den Füßen und Fingern. Meine Zehen waren längst blau und ich spürte sie kaum noch. Immer wenn ich sie bewegen wollte, versetzte es mir einen heftigen Stich und ich fühlte erst nach einigen Sekunden schmerzvoll das Blut in ihnen zirkulieren. Die alte Decke, die ich mir umgewickelt hatte, besaß mehr Löcher als mein Goldwaschsieb und wärmtefast gar nicht. Zwei Tage blieben mir, dann wartete der Galgen auf mich. Sollte ich mich da über die Decke aufregen? Sicher
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