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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Zimmermann namens Gilles geheiratet, den Sohn des Türstehers eines Tanzlokals, ebenfalls vom Montmartre. Sie wohnten oben über der Bäckerei, zusammen mit Madame Lessard. » Wo ist Gilles? Ist er auch nicht bei der Arbeit?«
    » Ich habe ihn hinten rausgeschickt.«
    » Régine, es wird ein großes Gemälde. Mein Meisterwerk.«
    Das Baguette kam auf ihn hernieder und schlang sich um seinen Kopf. Von jeher waren die Lessards stolz auf die zarte Kruste gewesen, sodass Lucien ein wenig überrascht war, wie weh sie tat, selbst jetzt noch, nach all den Jahren.
    » Autsch. Régine, ich bin ein erwachsener Mann! Das geht dich nichts an.«
    » Er hatte eine Frau bei sich, Lucien. Unser Papa.«
    Plötzlich vergaß Lucien, dass er wütend war, dass er allein in der Bäckerei hatte arbeiten müssen und dass er sich schämte, weil seine Schwester ihn beim Sex belauscht hatte. » Eine Frau?«
    » Maman war damals in Louveciennes, auf Besuch bei Grand-mère. Marie und ich haben diese Frau gesehen… also, nur von hinten, als sie ins Lager ging. Irgendein rothaariges Flittchen. Marie wollte nachsehen, was da los war. Deshalb ist sie auf das Dach geklettert und abgestürzt.«
    Régine rang nach Luft, und zwar nicht aus Kummer, den sie bisweilen vortäuschte, um ihren Willen zu bekommen. Das hatte Lucien oft genug erlebt und war sicher, dass es jetzt nicht der Fall war.
    » Weiß Maman davon?«
    » Nein.« Régine schüttelte den Kopf. » Niemand. Niemand.«
    » Warum hast du es mir nicht erzählt?«
    » Weil ich nichts wusste. Wir haben nur eine Frau gesehen und nur von hinten, aber sie hatte rote Haare, dieses Flittchen. Wir haben gesehen, wie sie mit Papa ins Lager ging und er hinter sich abschloss. Ich wusste nicht, was los war. Und dann, als Marie abstürzte… ich wusste nicht, was ich tun sollte. Es war einfach zu viel.«
    Lucien nahm seine Schwester in die Arme. » Tut mir leid. Das wusste ich nicht. Bestimmt hat er sie nur gemalt.«
    » So wie du gestern gemalt hast?«
    Lucien hielt sie fest und tätschelte ihren Rücken. » Ich muss gehen. Heute werde ich Juliette tatsächlich malen. Malen.«
    Régine nickte und stieß ihn von sich. » Ich weiß.«
    » Wir waren schon früher zusammen, Régine. Ich dachte, ich hätte sie verloren. Gestern war… unsere Wiedervereinigung.«
    » Ich weiß, aber du bist doch Mamans kleiner Liebling. Es ist schäbig. Sie sagt, sie hat keinen Sohn mehr, jetzt, wo du Schande über das arme Mädchen gebracht hast.«
    » Vor zwei Tagen hat sie noch gedroht, Juliette von einem Russen anzünden zu lassen und unsere Kinder an Madame Jacobs Hund zu verfüttern.«
    » Das war, bevor sie euch gehört hat. Sie verlässt ihr Zimmer erst wieder, wenn Mittag ist oder du bei der Beichte warst, je nachdem, was zuerst kommt.«
    » Aber ich bin siebenundzwanzig Jahre alt. Glaubst du etwa, ich wäre noch nie mit einer Frau zusammen gewesen?«
    » Nun, jedenfalls bringst du sie sonst nicht mit nach Hause. Wir dachten, dass die eine oder andere vielleicht aus Mitleid mit dir ins Bett gegangen ist. Die Mädchen heutzutage trinken viel.«
    Lucien bürstete die Krümel aus seinen Haaren. » Ich bin unverheiratet, weil ich Maler bin, nicht weil ich keine Frau finde. Ich habe es dir schon mal gesagt: Ich habe keine Zeit für eine Frau. Es wäre ihr gegenüber nicht fair.«
    » Das waren deine Worte. Ich schätze, wir können schon dankbar sein, dass du nicht kleinen Jungen hinterherjagst wie dieser abscheuliche Engländer, der neulich in die Bäckerei kam.«
    » Oscar? Oscar ist brillant. Spricht ein grausames Französisch, ist aber brillant.«
    » Geh«, sagte Régine, » ich hüte den Laden. Geh malen. Und sag Maman nichts von dem, was ich dir erzählt habe. Sag es niemandem.«
    » Mach ich nicht.«
    » Und sei nicht schäbig.«
    » Bin ich nicht.«
    » Und werde kein Einsiedler wie Papa.«
    » Werde ich nicht.«
    » Und lass die Ateliertür offen, damit wir sehen können, was du treibst.«
    » Bestimmt nicht.«
    » Geh«, sagte sie und gestikulierte mit einem zerbrochenen Baguette. » Geh, geh, geh, kleiner Bruder. Geh zu deinem Flittchen.«
    » Ich liebe sie.«
    » Das interessiert doch keinen. Geh!«
    Den ganzen Morgen, während er in der Bäckerei arbeitete, hatte Lucien sich gesagt: Heute bin ich ein Künstler. Ich werde Kunst erschaffen. Ich werde sie nicht von der Chaiselongue reißen und sie rammeln, bis ihr schwindlig wird, sosehr sie auch bitten und betteln mag. Er hoffte wirklich, sie würde nicht bitten

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