Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
herzliches Lächeln im Gesicht. Ich nehme die angebotenen Hände in meine und betrachte sie dankbar. Sanft zieht sie mich zum Bett und wir setzen uns.
„Ich habe gehört, dass du sehr lange auf uns gewartet hast“, beginnt sie.
Ich nicke. „37 Jahre – und ich hatte immer Angst, dass man euch foltert oder euch etwas anderes zustößt!“
„Das tut mir leid!“ Zärtlich streicht sie über meine Hand. „Aber es ist erst zwei Jahre her, seit ich dir den Kristall gegeben habe. Ich hätte nie gedacht, dass auf der Erde die Zeit so schnell vergeht!“
„Ihr habt es nicht gewusst?“
Sie schüttelt den Kopf. „Auch dein Vater war sehr empört, als er das hörte. Ich verstehe deinen Zorn, aber erst in frühestens zwei Jahren hätten wir dich zurückholen können.“
„Noch mal so lange?“
Ich versuche mir vorzustellen, wie ich weitere 37 Jahre auf der Erde verbracht hätte. Nicht, dass es mir dort nicht gefallen hätte, aber die ewige Angst, erkannt zu werden, hat doch ziemlich an meinen Nerven genagt.
„Mali’toras Volk besucht die Erde regelmäßig. Sie hätten es euch sagen können.“
„Mali’tora ist unser Feind. Du weißt, was er angerichtet hat.“
„Er ist es nicht! Ich habe schon versucht, Vater alles zu erklären, aber er will mir nicht zuhören.“
„Du bist aufgebracht, Kind“, sagt meine Mutter fürsorglich. Ich erinnere mich an damals, als sie genauso mit mir gesprochen hat – wie mit einem Kind, das nicht zurechnungsfähig ist. „Wir glauben, du brauchst noch einige Zeit, um dich hier einzugewöhnen. Ich lasse dir etwas zu essen bringen, dann nimmst du ein Bad und schläfst dich aus.“
Meine Mutter also auch! Wie eine tote Figur sitzt sie neben mir und will nichts von dem hören, was ich erlebt habe. Na gut, ich habe ja mein neues Ziel vor Augen. Ich muss anders vorgehen!
Schluchzend werfe ich mich in ihre Arme. „Meinst du … schnief … Vater ist … schnief, schnief … böse auf mich?“
Salei’halas ist nun völlig überrascht. Sie schiebt mich sanft von sich, vermutlich, weil ich ihr Kostüm mit meinen Tränen ruiniere.
„Dein Vater arbeitet sehr viel. Er ist beinahe Tag und Nacht in seinem Büro. Diese schwierigen Zeiten fordern alles von ihm und er gibt sich sehr viel Mühe, den Frieden wieder in den Griff zu bekommen. Es hat ihn ziemlich verletzt, dass du ihn nicht verstehen willst.“
„Es tut mir so leid!“, schluchze ich. Und meine Tränen sind echt. Ich bin verzweifelt. Jetzt erfahre ich auch noch, dass er sich um den Frieden bemüht! Warum ist es so schwer, den Bösen in diesem Krieg auszumachen? Warum zeigt sich immer wieder eine neue Seite, die anders und ebenso verständlich ist?
„Er wird dir verzeihen, aber gib ihm etwas Zeit. Nichts liegt ihm mehr am Herzen, als dass es dir gut geht. Es vergeht auch kaum ein Tag, an dem wir nicht über dich sprechen. Aber die Abgeordneten machen ihm Druck, sie wollen Erfolge sehen. Bei der extremen Situation da draußen ist dies beinahe unmöglich!“
Ich nicke und wische die Tränen fort. „Weißt du, was mit meinen beiden besten Freundinnen geschehen ist? Leben sie noch?“
Salei’halas steht auf und zuckt mit den Schultern. „Hier im Regierungsgebäude konnten nur die engsten Familienangehörigen der Abgeordneten untergebracht werden. Wenn du erst einmal richtig ausgeschlafen bist, wirst du sehen, wie wir uns hier eingerichtet haben. Es wird dir gefallen. Aber jetzt – iss und schlaf etwas!“
Sie verlässt den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich schaue ihr grimmig hinterher. Mag sein, dass meine Eltern an manchen Tagen an mich gedacht haben – oder an den Kristall, was ich schon eher vermute –, aber sie haben mich nicht gerade herzlich begrüßt. Was sie für mich wirklich empfinden, ist versteckt geblieben. Oder ist es einfach nur ihre Art, die sie nicht anders von ihren Eltern her kennen? Eine Gewohnheit, auf Distanz zu gehen, die sich über Generationen hinzieht?
In den folgenden Tagen mache ich es mir nicht leicht, meinen Plan auszuarbeiten. Wie kann ich mich nur für oder gegen etwas entscheiden, bei dem ich nicht alle Argumente und Tatsachen überblicken kann?
Ich lasse mir Berichte kommen, um alles über die Handlungsweise der Regierung zu erfahren. Aber es überzeugt mich nicht. Um mein neues Ziel zu verwirklichen, muss ich mehr von mir fordern, als ich es zum Beispiel bei den Schlangenmenschen getan habe: Ich muss das liebe, reumütige Mädchen spielen, das ihre
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