Verflucht sei Dostojewski
Außer ihr und mir hat keiner die Erlaubnis, einen Fuß hineinzusetzen.« Sie wendet sich an Suphia: »Wann hast du hier zum letzten Mal saubergemacht?«
»Ich, nie. In diesem Raum macht sie immer selbst sauber.«
Rassul sieht das Fenster, durch das er geflohen ist, es ist geschlossen. Zunehmend verwirrt, spürt er eine Ohnmacht nahen. Wasser! Er dreht sich zu Suphia, macht die Geste des Trinkens. »Ja, warte!«, sagt sie, dann, während sie zur Tür läuft, halblaut zu Nazigol: »Er ist krank in letzter Zeit«, und geht hinaus.
Rassuls Blick folgt nana Alias Tochter, die in den Schränken stöbert. Verwundert fragt sie sich mit lauter Stimme: »Ist sie mit ihrem sämtlichen Schmuck weggegangen?« Sie verlässt den Raum, geht ins Nebenzimmer. Suphia erscheint mit einem Glas Wasser und reicht es Rassul. Er trinkt. Er trinkt langsam, nicht um sich die Kehle zu erfrischen, sondern um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, bevor Nazigol zurückkommt.
Wie soll ich rechtfertigen, erklären, dass ich in diesem Zimmer gewesen bin?
Wenn du könntest, würdest du sagen, du seist vor langer Zeit, als Nazigols Vater noch lebte – es war bestimmt sein Zimmer –, hierhergekommen, um ihm Dokumente aus dem Nationalarchiv zu bringen, die Suphias Vater gehört hätten usw.
Ah, verfluchte Stimme, kehr zurück!
»Sie hat doch wohl nicht auch noch ihr ganzes Geld mitgenommen?«, überlegt Nazigol mit einem argwöhnischen Blick auf Rassul und Suphia. Nach einem Moment bedrückenden Schweigens stürzt Rassul in den Flur, gefolgt von Suphia: »Was ist denn, Rassul?« Nichts … nichts! Mit den Händen fuchtelnd, rennt er die Treppe hinunter. »Was ist los mit dir? Geht’s dir nicht gut? Du siehst merkwürdig aus«, dringt Suphia weiter in ihn. Er bleibt abrupt stehen, überlegt, wie er ihr verständlich machen soll, dass er keine Stimme mehr hat, um ihr erklären zu können, was mit ihm ist. Aber Nazigol folgt ihnen, da ist sie schon, hinter Suphia, und fragt: »Was soll ich jetzt tun? Wohin soll ich gehen? Ich weiß nicht, ob meine Mutter heute Abend zurückkommt oder nicht.«
»Komm, wir gehen zu mir.«
»Auf keinen Fall, wenn meine Mutter zurückkehrt und das Haus leer vorfindet, wird sie mich verfluchen. Aber wo steckt sie bloß? Ich muss meinen Onkel aufsuchen und ihn fragen, ob er etwas weiß.« Ihr Blick wandert zu Rassul. »Könnt ihr hierbleiben, bis ich wieder da bin?«
»Einverstanden. Geh nur …«, antwortet Suphia, was Rassul in Panik versetzt. Ausgeschlossen, dass er hierbleibt, nein! Sein Blick drückt die Weigerung aus, seine Hand unterstreicht sie. Doch Nazigol fleht, und Suphia entscheidet: »Geh nur, geh!«, dann bittet sie Rassul: »Lass sie gehen, das ist nicht nett von dir.«
Wirklich, Rassul, was hast du dagegen? Lass sie gehen. So hast du schön Zeit, das Haus zu durchsuchen, einen Hinweis zu finden, um hinter das Geheimnis zu kommen.
Sie, Nazigol, ist das Geheimnis. Sie ist nicht unschuldig in dieser ganzen Geschichte. Da bin ich mir sicher.
Soll sie also gehen!
Nazigol verlässt das Haus.
Suphia schaut ihn seufzend an, doch er ist mit den Gedanken woanders. Er wartet, bis Nazigols Schritte sich entfernen, bis sie auf der Straße verschwunden ist. Dann läuft er zur Treppe am Ende des Flurs. »Wo willst du hin«, ruft Suphia und folgt Rassul, der in das Zimmer zurückkehrt. »Was machst du denn da?« Rassul durchstöbert den Raum. »Schnüffle nicht in ihrem Haus herum. Das ist nicht gut. Wenn sie zurückkommen …« Sie fordert ihn mit einer Handbewegung auf hinunterzugehen. Beunruhigt bleibt sie an der Tür stehen: »Nein, Rassul, du hast kein Recht dazu. Sag mir, was du suchst!«
Rassul, du musst ihr antworten. So leicht ziehst du dich nicht aus der Affäre. Sie muss alles wissen.
Aber wie? Das ist nicht der richtige Moment.
Sie findet dich immer eigenartiger, rätselhafter …
Umso besser!
Und wenn wirklich sie die Frau im himmelblauen Tschaderi war?
Er lässt von seinen Nachforschungen ab und starrt Suphia mit einem argwöhnischen, beinahe verärgerten Blick lange an.
»Was ist los? Warum siehst du mich so an? Warum sagst du nichts?«
Das Schweigen. Der Blick. Der Verdacht …
Entrüstet verlässt sie das Zimmer. Er stöbert weiter, in den Schränken, unter dem Tisch, in den Schubladen, unter dem Sofa … Keine Spur von den Sachen, die er gestern zurückgelassen hat: weder von der Schatulle noch vom Geld noch vom Beil noch vom patu . Nichts. Er setzt sich auf den Teppich und fährt
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