Verflucht sei Dostojewski
Schleier zu zerreißen. Er erstickt.
Er strampelt.
Öffnet die Augen.
Es ist die Decke, die ihn erstickt. Im Zimmer ist alles ruhig. Selbst die Fliegen.
Nach einem langen Seufzer richtet er sich auf, verlässt das Bett, das Haus, um sich wieder im Dunst der Stadt zu verlieren.
So gelangt er in eine Gasse, die auf den Joyshir-Platz mündet, wo der Duft nach Brot seine Schritte verlangsamt. Er bleibt stehen und hofft, dass eine barmherzige Hand Halwa verteilt. In der Menge, die vor der Bäckerei wartet, fällt sein Blick auf einen Hinkenden mit einer Krücke, die viel zu groß für ihn ist. Er sieht einem der beiden Freunde von Suphias Vater ähnlich.
Nachdem er sein Brot gekauft hat, geht der Mann an Rassul vorbei; in das Holz seiner Krücke sind Gedichte eingraviert, wie in die von Moharamollah … Es ist dieselbe!
Na und?
Er hat sie an sich gerissen, während sein Freund unter den Trümmern verreckt ist. Er selbst hatte keine Krücken, er hat sie also genommen, um sich in Sicherheit zu bringen. Diese Krücke ist zu groß für ihn. Elender Verräter!
Rassul folgt ihm, erst mit den Augen, dann mit den Füßen.
Die Krücke unter den einen Arm geklemmt, das Brot unter den anderen, biegt der Mann in eine belebte Gasse ein, bleibt auf halber Strecke stehen, um sein Brot zurechtzuschieben. Dabei begegnet sein Blick dem von Rassul, der ebenfalls stehen geblieben ist. Unangenehm berührt durch die Eindringlichkeit des Blickwechsels, geht der Mann weiter und gelangt in eine zweite Gasse, eine unbelebte diesmal. Da begreift er, dass Rassul ihn verfolgt. Von Angst gepackt, beschleunigt er seine Schritte. Rassul ebenso, er holt ihn ein und verstellt ihm den Weg. Der Mann klemmt, erschrocken und außer Atem, sein Brot fester unter den Arm. »Ich habe sechs Mäuler zu stopfen und nur ein Brot«, sagt er in flehendem Ton.
Siehst du, Rassul, er kennt dich nicht einmal, der Ärmste.
Nein, er erkennt mich nicht. Aber ich werde mich vorstellen. Ich werde seinem eingerosteten Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
Er soll mir in die Augen blicken!
Der Hinkende schaut ihn schreckerfüllt an. Er wartet auf ein Wort, einen Schlag, ein Messer, eine Pistole … Nichts von alledem. Nichts als ein wütender, furchterregender Blick. »Was willst du von mir?«, fragt der Mann. »Wer bist du?« Gute Frage. Rassul bewegt die Lippen, um den Namen MO - HA - RA - MOL - LAH zu artikulieren. Der Mann versucht, von seinen Lippen zu lesen. »Mohammed? … Ah, der Sohn von Kazem? … Sie haben dich doch umgebracht, nicht? Wie bist du zurückgekommen?!« Jetzt verwechselst du schon die Lebenden und die Toten. Schau gut hin! Ich, ich bin RA - SSUUUULLLL , ein Verwandter von MO - HA - RA - MOL - LAH .
Rassul packt den Arm des Alten und zerrt ihn nach unten. Er schreibt mit dem Finger Moharamollahs Namen in den Staub. »Was für ein Moharamollah?« Rassul zeigt auf die Krücke, in der Hoffnung, dass er den Namen mit dem Stock verbindet. Vergebene Liebesmüh. Der Mann versteht noch immer nicht, was Rassul von ihm will. »Willst du meine Krücke?« Nein! »Was willst du dann?« Rassuls Zeigefinger weist auf den in den Staub geschriebenen Namen. Voller Panik liest der Mann noch einmal. »Moharamollah, bist du das? Ich kenne dich nicht.« Er richtet sich wieder auf und Rassul mit ihm. Der Mann versucht, um ihn herumzugehen und sich davonzumachen. Rassul ist schneller und versperrt ihm den Weg, mustert das entsetzte Gesicht des Mannes.
Ist er es wirklich?
Ganz ohne Zweifel. Ich werde ihm die Momente in Erinnerung rufen, die er gemeinsam mit Moharamollah in der Opiumhöhle verbracht hat, diesen Tag, an dem eine Granate sie in Brand gesetzt hat. Damit er sich an seinen Verrat erinnert, muss er die Angst vor dem Tod wiedererleben.
Rassul packt den Stock, den der Mann panisch festhält, während er fleht: »Im Namen Allahs!« Rassul stellt sich taub. Er entreißt ihm die Krücke, hebt sie, um ihn zu schlagen. »Allah, rette mich vor diesem Irren!«, schreit der Hinkende und sinkt, sein Brot umklammernd, zu Boden. Rassul setzt sich und schreibt in die Erde: »Ich bin ein Verräter.« Der Mann kann die Buchstaben zwischen den Steinchen und den Fußspuren nur mit Mühe erkennen. Er strengt sich an, die Worte zu entziffern. In seiner Benommenheit fällt es ihm schwer, den Sinn des Satzes zu verstehen, er fragt Rassul: »Bist du ein Verräter?« Nein, du!, bedeutet Rassul, indem er den Zeigefinger auf die Brust des Mannes drückt. »Ich, ein Verräter!
Weitere Kostenlose Bücher