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Verflucht sei Dostojewski

Verflucht sei Dostojewski

Titel: Verflucht sei Dostojewski Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Atiq Rahimi
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deren Gesang die Stille der Mauer durchbricht. Tat, tat, tat … twam, twam … asi …
    »Allahu akbar!« , der Gebetsruf schreckt Rassul auf, reißt ihn aus dem Schlaf. Er liegt da, auf dem Boden, Hände und Füße angekettet.
    Die heisere Stimme des Muezzins erstirbt, und alles versinkt in Stille. Nur der Gesang der Fliege nicht, der beharrlich in Rassuls Kopf dröhnt, feierlich, tat, tat, tat … twam, twam … asi … , friedlich. Sie regt ihn nicht mehr auf.
    Nichts regt ihn mehr auf, nicht einmal diese Schritte, die brutal durch den Flur hallen und hinter der Tür zum Stehen kommen, und auch nicht diese Tür, die sich nie mehr für jemanden öffnen wird, es sei denn für den Tod.
    Der Spion wird geöffnet. »Steh auf, du hast Besuch«, sagt der Wärter. Rassul rührt sich nicht. »Rassul!« Es ist die Stimme Razmodins. Rassul richtet sich langsam auf und sieht die verängstigten Augen seines Cousins. Er nähert sich der Tür. »Was hast du denn nur schon wieder angestellt?« Rassul zuckt die Schultern, um zu sagen: nichts Schlimmes. Doch Razmodin wartet auf ein Wort, auf seine Stimme. Er bekommt nichts zu hören, wie immer. Er regt sich auf. »Scheiße, so sag doch was!« Seine Worte hallen durch den Flur. »He, leise!«, ruft der Wärter. »Ich war in Mazar. Ich habe Donia und deine Mutter geholt. Wir sind direkt zu dir gegangen, aber du warst nicht da. Ich habe Donia und meine Tante ins Hotel gebracht. Ich habe die ganze Stadt nach dir abgesucht. Niemand wusste, wo du steckst, Suphia nicht, Yarmohamad nicht … Alle machen sich Sorgen. Schließlich haben mich Parwaiz’ Männer auf deine Spur gebracht …« Er hält inne, hofft, Rassuls Stimme zu hören, wenigstens einmal. Vergeblich. Er fährt fort: »Warum hast du dir bloß eine solche Geschichte ausgedacht? Hast du den Verstand verloren?« Rassul bleibt ungerührt. »Tu etwas, bevor es zu spät ist, für deine Mutter und deine Schwester, für Suphia …« Er entfernt sich von der Tür, um sich mit dem Wärter zu unterhalten: »Bruder, lass mich in seine Zelle gehen.«
    »Nein, das ist verboten.«
    »Bitte, du tust es nicht umsonst. Hier.«
    »Nein … aber … aber nur für eine Minute.«
    »Ich verspreche es dir.«
    Die Tür geht auf, Razmodin tritt ein. »Ich konnte meiner Tante nichts sagen. Du weißt, was sie durchmachen wird, wenn sie von deiner Verhaftung erfährt …« Er packt Rassul bei den Schultern, schüttelt ihn. »Wie soll ich es ihnen beibringen? Willst du, dass deine Mutter einen Herzinfarkt bekommt? Willst du, dass Donia und Suphia vor Kummer wahnsinnig werden? Warum bist du nur ein solcher Egoist?« Es ist alles aus, Razmodin, alles. Rassul hat kein Ego, keinen Stolz mehr. Er ist die Verlassenheit selbst. »Morgen wirst du gehängt!« Je schneller, desto besser, dann kann Rassul zu etwas anderem übergehen! »Warum machst du dich lustig über mich?« Er macht sich nicht lustig über dich, er lacht einfach. Er lacht den Todesengeln zu. »Warum willst du das Leben nicht ernst nehmen? Man könnte ja meinen, du seist aus Aliabad ausgerissen!« Noch ernster? Morgen wird ein schöner Tag für ihn, glaub es, alle werden kommen, alle. Was für ein schöner Tod!
    Ja, ich will endlich meinen Tod leben, mit Leichtigkeit.
    Entmutigt von Rassuls lachendem Blick und seinem fröhlichen Schweigen, steht Razmodin auf. »Ich hole deine Mutter und Donia. Vielleicht können sie dich umstimmen.«
    Rassul steht auf, hindert ihn. Er schüttelt den Kopf, mit flehendem Blick, als wollte er sagen: »Nein, Razmodin, lass sie in Ruhe!«
    Sie stehen einander gegenüber, Auge in Auge. »Wenn sie es heute nicht erfahren, erfahren sie es morgen.«
    Nach meinem Tod ist es mir egal.
    »Aber warum? Das alles, weil du eine beschissene Kupplerin umgebracht hast?«, fragt Razmodin, indem er sich zu ihm beugt. »Schau dich um, nichts als Morde weit und breit! Parwaiz’ Männer haben sich kaputtgelacht, als sie es mir erzählt haben.«
    Umso besser, wenn ich die Leute endlich zum Lachen bringe, und sei es mit meinem Verbrechen!
    Razmodin kniet nieder: »Denkst du immer noch, ein Prozess könnte dieses verfluchte Land ändern? Du träumst, mein Cousin. Du träumst …« Er unterdrückt ein Schluchzen, steht auf, packt Rassul bei den Schultern und schüttelt ihn wieder: »Komm zu dir, es reicht jetzt, komm endlich zu dir! Hör auf mit deinen Träumereien!« Rassul schließt die Augen. Seine aneinandergeketteten Hände bewegen sich, zögern, dann klammern sie sich

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