Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
saß tiefer. Ein Glassplitter musste noch darin stecken.
Humpelnd ging sie ins Bad und verband den Fuß neu. Gerade, als sie damit fertig war, erklangen auf der Treppe Schritte. Stefan kam nach oben. Er trug schon wieder seine Arbeitskluft und brachte Kaffeeduft mit sich. »Frühstück ist fertig.«
»Wie schön.«
»Wie geht es deinem Fuß?«
»Nicht so gut, ich glaube, da ist noch ein Splitter drin. Ich werde wohl zum Arzt müssen.«
»Ich trag dich.« Ein breites Lächeln erschien.
»Nein. Das geht schon.« Doch ehe sie es sich versah, nahm er sie hoch und trug sie die Treppe hinunter. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, wie stark er war. Erst auf der Terrasse setzte er sie ab. Sie lachte. Halb aus Albernheit, halb vor Verlegenheit. Was die Nachbarn wohl denken würden, wenn sie das sahen? Doch eigentlich war das egal. Er nahm sie in den Arm und küsste sie. Lange und zärtlich. Und sie erwiderte diesen Kuss voller Leidenschaft. Sollten die Nachbarn doch neidisch gucken. Es war wieder einer der Momente, in denen sie dachte, dass sie eine Chance hatten, dass alles gut werden würde. Warum auch nicht?
Atemlos setzten sie sich. Stefan schenkte Kaffee ein und reichte ihr den Brotkorb. Frische Laugensemmeln, Vollkornbrötchen und Croissants. Während des Frühstücks erklärte er ihr, dass er gerne noch die Teichfolie verlegen würde, wenn er mit dem Aushub fertig war. Er hatte Sorge, dass der Kies sonst nachrutschte oder bei Regenfällen Erde eingeschwemmt würde. Sie verstand es nicht ganz, wollte es auch nicht verstehen. Die Fahrt nach Südfrankreich würde sich um ein oder zwei Tage verzögern. Doch sie wollte weg von hier.
»Gut. Dann mach das. Ich fahre solange zu meinem Vater.« Er war dreiundachtzig Jahre alt und lebte im Bayerischen Wald. Seit dem Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren kam er nicht mehr alleine klar. Eine Nachbarin half, und auch seine Schwester kümmerte sich. Pfingsten waren sie das letzte Mal auf Besuch gewesen. Es war höchste Zeit, nach ihm zu sehen. Stefan stimmte zu. So konnte er ungestört weiter am Teich arbeiten.
Nach dem Frühstück rief sie ihren Hausarzt an, doch es lief nur ein Band. Bis Ende August war die Praxis nicht besetzt. Die Vertretung hatte eine Ärztin aus dem Nachbarort übernommen, von der Marlis nicht allzu viel hielt. Daher entschloss sie sich, die Ambulanz des Klinikums Perlach aufzusuchen. Mit dem Auto waren es nur zehn Minuten.
Stefan bot an, sie zu fahren, doch das schaffte sie allein. Je eher er mit dem Teich fertig wurde, je eher würden sie am Meer sitzen. Sie gab ihm einen Kuss zum Abschied.
»Fahr vorsichtig«, sagte er.
»Mache ich.« Sie wollte schon gehen, doch er zog sie noch einmal an sich. »Ich liebe dich. Das habe ich dir lange nicht mehr gesagt.« In seinen Augen lag wieder dieser Glanz von Sommer und Leichtigkeit, der ihr weiche Knie verursachte und ihren Kopf schweben ließ.
»Ich dich auch. Schon immer.« Lange hatte sie das nicht mehr so tief empfunden.
In der Klinik musste sie beinahe drei Stunden warten und war schon kurz davor, wieder zu gehen, als sie endlich an die Reihe kam. Die Untersuchung dauerte lange und mündete letztlich in einen ambulanten Eingriff. Örtliche Betäubung, ein Schnitt und die Suche nach dem Splitter, dann ein paar Stiche und ein neuer Verband. Völlig erschöpft verließ sie das Krankenhaus, setzte sich in das kleine Café am Pfanzeltplatz und gönnte sich einen Eiskaffee. Auf der Heimfahrt machte sie dann noch beim Optiker halt und holte die Sonnenbrille aus der Reparatur. Es war schon nach drei, als sie in ihre Straße einbog. Eine schlaksige Gestalt kam ihr entgegen. Mit gesenktem Blick und hängenden Schultern trottete Lukas den Gehweg entlang. Schwarze Klamotten. Schwarz umrandete Augen. Silberne Piercings im Ohr. Wie immer sah er furchterregend aus. Dabei war er ein lieber Kerl. Irgendwie tat er ihr wegen seiner unglücklichen Liebe zu Isa leid. Sie hupte kurz zum Gruß, doch er nahm sie nicht wahr.
Marlis parkte neben dem Container und ging ins Haus. Stille umfing sie. Der Bagger stand verlassen im Garten neben dem Loch. Von Stefan keine Spur. Sie rief nach ihm. Doch er war nicht im Garten und auch nicht im Haus. Das Auto stand in der Garage. Ob er wohl joggen war, eine seiner Runden drehte? Normalerweise tat er das später. Fürs Laufen war es noch zu heiß. Vermutlich war ihm die Leere im Kühlschrank aufgefallen und er war einkaufen gegangen. Sicher kam er bald mit ein paar Leckereien heim. Der
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