Verfluchte Seelen
»Ich wollte dir nur einen ordentlichen Arschtritt verpassen.«
»Na dann, herzlichen Dank.« Egal wie das ausging, er war am Arsch. Sein inzwischen ein paar Jahre zurückliegender Kampf gegen Roland hatte ihm ganz klar vor Augen geführt, dass ihm jeder Unsterbliche haushoch überlegen war, der mehr Jahrhunderte auf dem Buckel hatte als er. Sicher, er würde den einen oder anderen Treffer landen, aber das war’s auch schon.
Er sah von einem zum anderen und dachte an Melanie, die zusammengerollt in seinem Bett lag und sich immer noch nicht von ihrer Verwandlung erholt hatte.
Herrgott noch mal. Wann hatte dieser Blödsinn endlich ein Ende? Melanie brauchte ihn. Wenn es nötig war, dann würde er gegen jeden Unsterblichen und Sekundanten kämpfen, der sich in diesem Haus aufhielt. Er würde Melanie nicht enttäuschen.
David stöhnte und verdrehte die Augen.
Seth fluchte.
Marcus wirkte verwirrt. »Was denn?«
»Wenn du dir um Ami auch so viele Sorgen gemacht hättest«, bemerkte Seth, »dann müsste ich dich jetzt nicht in ein Häufchen Asche verwandeln.«
»Glaubst du im Ernst, dass mir diese Entscheidung leichtgefallen ist?«, wollte Bastien wissen. »Glaubst du, ich
wollte
sie dieser Gefahr aussetzen? Ich kenne sie schon fast so lange wie du, und sie bedeutet mir genauso viel wie euch allen.«
David schlenderte gemächlich auf ihn zu. »Aber Seth und ich haben sie Emrys’ Klauen entrissen. Du hingegen hast sie ihm direkt vor die Nase gesetzt.«
»Emrys war nicht dort.«
»Aber wenn es so gewesen wäre …«
»Dann hätte Marcus ihn in seine Einzelteile zerlegt, und ich hätte ihm dabei geholfen. Auch ich will Emrys tot sehen. Und je länger wir brauchen, um ihn aufzuspüren, desto mehr Zeit hat er, anderen von unserer Existenz zu erzählen. Chris’ Kontakte helfen uns nicht weiter. Und diese ganze Vampirarmee-Geschichte richtet sich auf einmal gegen mich.«
»Aber Stuart hat dich nicht verraten«, widersprach David. »Nach dem zu urteilen, was ich während des Kampfs in den Gedanken der Söldner gelesen habe …«
»Also handelt es sich definitiv um Söldner?«
»Ja«, bestätigte David. »Die Soldaten, denen Stuart auf dem Unigelände der Duke begegnet ist, haben das Gespräch mit seinem Vampirkumpel belauscht und beobachtet, wie er und sein Freund die Studenten angriffen. Dann haben sie die beiden Vampire betäubt. Sie wussten, dass Stuart vorhatte, sich mit einem Unsterblichen zu treffen. Sie hörten, wie er versuchte, Paul dazu zu überreden, ihn zu dem Treffen zu begleiten. Deshalb beschlossen sie, die Gelegenheit beim Schopf zu packen, und pflanzten ihm den Mikrochip ein. Dann brachten sie Stuart in den Garten, damit er dort aufwachte und glaubte, dass ihm die Flucht geglückt sei. Da sie den anderen Vampir versehentlich zweimal betäubten, starb er an einer Überdosis.«
Na ja, wenigstens hatte Stuart nicht versucht, ihn hinters Licht zu führen, so wie es ein paar andere Blutsauger getan hatten.
»Stuarts Verhalten steht hier aber nicht zur Debatte. Wir reden über dich«, erinnerte ihn Seth.
»Ich konnte dich nicht erreichen«, verteidigte sich Bastien. »Und ich wusste, dass Ami die Soldaten mithilfe ihrer Energiesignaturen aufspüren kann, jedenfalls wenn sie nahe genug an sie herankommt, um sich ihre Signaturen einzuprägen.«
»Aber David hätte sie ebenfalls aufspüren können – ohne dabei entdeckt zu werden.«
Nicht schon wieder. War das sein Ernst? »Aber ich wusste nicht, dass er ein Gestaltwandler ist!«
»Was ist hier los?« Ami betrat den Trainingsraum. »Mir war so, als hätte ich meinen Namen gehört.« Sie warf Marcus einen fragenden Blick zu. »Oder habe ich mich verhört?«
»Nein, Liebste.«
»Außerdem haben Étienne und die anderen mich so merkwürdig angesehen, als sie nach oben gekommen sind. Marcus, du hast doch nicht wieder Seth geschlagen, oder?
»Nein, mein Herz. Wir haben nur … wir diskutieren nur gerade etwas.«
Sie schürzte nachdenklich die Lippen und musterte sie argwöhnisch. »Ihr seid doch nicht sauer auf Bastien, weil er mich gebeten hat, dem Kampf beizuwohnen, oder?«
Seth machte einen Schritt auf sie zu. »Ami …«
»Das war eine kluger Schachzug«, verteidigte sie den unbeliebten Unsterblichen und streckte trotzig das Kinn vor, um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen.
»David hätte den Soldaten problemlos folgen können, ohne dabei entdeckt zu werden.«
»Ja, das stimmt. David weiß, wohin sie für’s Erste gegangen sind. Aber
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