Verfluchte Seelen
hätte?«
»Das ist es.« Und er war mehr als das.
Sie wandten sich wieder ihrem Mahl zu, ohne die Hand des anderen loszulassen.
»Aber eine Sache macht mich ja doch neugierig«, sagte er nach einer Weile, und es machte fast den Eindruck, als hätte er Angst, die behagliche Stille zu durchbrechen.
Fragend hob sie die Augenbrauen.
»Wie kommt es, dass du für das Netzwerk arbeitest? Ich habe nie erfahren, auf welche Art sie neue Mitarbeiter rekrutieren.«
»Sie haben mich nicht direkt rekrutiert, sondern eher gefunden«, erklärte sie. »In meinem ersten Jahr auf dem College wurde meine Mitbewohnerin in unserem gemeinsamen Zimmer im Studentenwohnheim getötet.«
Nun, sie lebten in einer gewaltbereiten Gesellschaft – er war über sich selbst erstaunt, weil es ihn dennoch überraschte. »Das tut mir leid. Bist du auch verletzt worden?«
»Nein. Als es passiert ist, war ich gerade mit meiner Lerngruppe zusammen. Und als ich zurückkam in unser Zimmer, habe ich ihren Leichnam gefunden.«
»Standet ihr euch nah?«
»Nicht sehr. Sie hat mich ziemlich genervt, da sie ständig laute Musik gehört und neue Lover angeschleppt hat, während ich wie ein Verrückte gelernt habe, um mein Stipendium behalten zu können. Ich war der Streber und sie die Partymaus, so könnte man das wohl ausdrücken. Aber es gab auch Momente, in denen sie nicht die schlechteste Mitbewohnerin der Welt war. Nicht so viele, wie ich mir gewünscht hätte, aber …« Sie schüttelte den Kopf. »Auch wenn ich sie nicht besonders gemocht habe, so etwas hatte sie nicht verdient.«
»Natürlich nicht.«
»Normalerweise interessieren sich die Cops als Erstes für den festen Partner des Mordopfers, aber sie hatte sehr viele Männerbekanntschaften. Ich selbst stand schnell nicht mehr unter Verdacht, weil ich durch meine Lerngruppe ein wasserdichtes Alibi hatte. Dennoch bat mich die Polizei um eine DNA-Probe, damit sie die DNA-Spuren am Tatort besser zuordnen konnten. Als ich sie ihnen gab, brach die Hölle los. Sie sagten, dass meine DNA ungewöhnlich wäre und dass sie etwas gefunden hätten, das keinen Sinn ergeben oder nicht dorthin gehören würde.«
Bastien umgriff Melanies Hand fester. »Bist du eine
Begabte
, Melanie?«
Sie nickte. »Sie wollten, dass ich ins Krankenhaus gehe, damit sie ein paar Tests machen konnten. Ich habe mich total aufgeregt, weil ich fürchtete, eine unheilbare genetische Krankheit oder so etwas zu haben.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Dann tauchten zwei Männer auf und stellten sich mir als Chris Reordon und Seth vor. Das medizinische Personal um mich herum bekam auf einmal seltsam ausdruckslose Gesichter, sie drehten sich auf dem Absatz um und verließen das Zimmer.«
»Seth hat ihre Erinnerungen an dich ausgelöscht?«
»Ja. Und Mr Reordon hat sich darum gekümmert, alle Beweise zu vernichten, sowohl die, die die Polizei gesammelt hat, als auch die, die im Computer gespeichert waren. Ich weiß immer noch nicht, wie er das hinbekommen hat.«
»Er mag vielleicht ein Arschloch sein, aber ich habe gehört, dass er Wunder bewirken kann.«
»Das kann er in der Tat. Sie haben mir erklärt, was ich bin und warum ich mich von anderen unterscheide. Als ich erwähnt habe, dass ich gern Medizin studieren wollte, hat Mr Reordon mich gefragt, ob ich einen Job haben möchte. Und ich sagte ja. Das Netzwerk hat meine Studiengebühren übernommen und na ja … den Rest kennst du ja.«
Bastien fragte sich, ob es für ihn eher günstig oder ungünstig war, dass Chris Melanie schon so lange kannte … was würde er dazu sagen, wenn sie sich ihrer Leidenschaft für ihn hingab? Würde er sich verraten fühlen und noch wütender werden? Oder würde er versuchen, mit Bastien klarzukommen, damit er ihr weiter sein Vertrauen schenken konnte, um nicht ihre gemeinsame Zusammenarbeit zu gefährden?
»Worin besteht deine Begabung?«, fragte er neugierig. In der Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, hatte er nichts Besonderes bemerkt.
Sie zog die Nase kraus. »Man könnte sagen, dass ich Vorahnungen habe, aber eigentlich sind sie nicht der Rede wert. Manchmal weiß ich, dass das Telefon klingeln wird, bevor es passiert. Oder dass ein Paket abgeliefert wird. Oder ich weiß, wann und wo ich einen Barhocker schwingen muss, um einen Kampf zwischen einem starrköpfigen Unsterblichen und seinem Vampirfreund zu beenden.«
Er lächelte. Kein Wunder, dass sie so gut darin war, den nächsten Schritt eines Vampirs im Kampf
Weitere Kostenlose Bücher