Verfolgt im Mondlicht
einfach.
Andererseits waren Lebende da auch kein Stück besser.
»Kylie! Kylie!« Die Stimme riss Kylie aus dem Tiefschlaf. Sie schoss hoch, und ein kalter Schauer nach dem nächsten lief ihr über den Rücken. Ohne zu wissen, wieso, kribbelte ihr Blut in dem Bedürfnis zu beschützen. Sie musste jemanden beschützen.
Noch im Halbschlaf strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und stand auf. Es musste noch vor Sonnenaufgang sein. Sie atmete mühsam ein und aus. Ihr Puls raste, und Panik drückte ihr die Kehle zu. Etwas passierte. Sie fühlte es.
Jemand brauchte ihre Hilfe. Jemand brauchte ihren Schutz.
Wer?
Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie versuchte, aus ihren Gefühlen schlau zu werden. Dann versuchte sie, sich die Stimme wieder ins Gedächtnis zu rufen. Sie wiederholte die Worte immer und immer wieder, bis sie sie schließlich erkannte.
»Nein!« Sie schnappte sich schnell ein Paar Jeans und ein T-Shirt.
Holiday steckte in der Klemme.
35. Kapitel
Bevor Kylie aus dem Zimmer stürzte, warf sie noch einen hastigen Blick auf die Uhr auf ihrem Nachttisch. Fünf Uhr morgens. Holiday war schon im Büro.
Kylie stürmte in Dellas Zimmer, aber ihre Freundin war nicht da. Wahrscheinlich hatten die Vampire wieder eine ihrer frühen Zeremonien. Kylie wollte keine Zeit verschwenden; sie rannte aus der Hütte und flog schnell wie der Wind zum Büro. Sie hatte ein mehr als ungutes Gefühl im Bauch. Als wüsste ihr Bauch, dass Holidays Lage kritisch war. Ziemlich kritisch.
Als Kylie beim Büro ankam, stand die Tür sperrangelweit offen. Kein gutes Zeichen. Noch schlimmer war, dass der nasse Boden im Eingangsbereich voller Glassplitter war. Der abgebrochene Griff der Kaffeekanne lag in einer Ecke – ein deutliches Zeichen, dass ein Kampf stattgefunden hatte.
»Wo bist du, Holiday?« Kylies Stimme bebte. Tränen der Verzweiflung verschleierten ihr die Sicht, und sie versuchte krampfhaft nachzudenken.
Burnett. Sie musste Burnett kontaktieren.
Sie suchte in ihrer Tasche nach ihrem Handy, nur um festzustellen, dass sie es nicht mitgenommen hatte. Sie lief in Holidays Zimmer. Der Raum schien unverändert. Wer auch immer Holiday überfallen hatte, hatte es im Eingangsbereich getan. Er hatte ihr wahrscheinlich aufgelauert oder war dazugekommen, als sie gerade Kaffee machen wollte.
Mit zitternden Händen nahm Kylie den Hörer von Holidays Festnetztelefon ab. Sie konnte sich nicht an Burnetts Handynummer erinnern. Aber verdammt, sie konnte doch sowieso schneller zu seiner Hütte gelangen, als sie seine Nummer gewählt hatte.
Sie schoss durch die Tür und rannte aus der Hütte. Ihre Füße flogen nur so über den Boden. Sie hatte keine Ahnung, ob sie sich schon wieder in einen Vampir verwandelt hatte oder ob sie einfach mehr Kräfte hatte, weil sie im Protector-Modus war. Es war ihr egal. Nur ein einziger Gedanke hatte gerade in ihrem Kopf Platz. Sie musste Holiday retten. Sie musste es einfach schaffen.
Bei Burnetts Hütte angelangt, nahm sich Kylie nicht die Zeit anzuklopfen. Sie rief laut seinen Namen, während sie durch die Tür stürmte. Aber niemand antwortete.
Sie ging zum Schlafzimmer. Das Bett war leer.
Da fiel ihr wieder das Vampir-Ritual ein und sie rannte nach draußen. Della hatte ihr mal erzählt, wo es immer abgehalten wurde. Sie lief in den Wald, ohne an ihr Versprechen zu denken, dass sie gegeben hatte. Sollte sie deswegen Ärger bekommen, würde ihre Protector-Kraft ihr schon raushelfen.
Sie gelangte an eine Lichtung, rannte aber noch ein Stück weiter, bis sie zum Stehen kam. Plötzlich fand sie sich umringt von einem halben Dutzend wütender Vampire wieder, deren Augen bedrohlich glühten, weil jemand es wagte, ihre Zeremonie zu stören.
Glücklicherweise waren es nur die Vampire aus dem Camp, und die würden sie nicht angreifen. Was gut war, denn Protector-Modus hin oder her, sie bezweifelte, dass sie es mit sechs Vampiren auf einmal aufnehmen konnte.
»Wo ist Burnett?«, fragte Kylie atemlos. »Oder Della?«
»Was gibt es denn?« Burnett landete neben ihr.
Kylie kam nicht dazu zu antworten, es war auch nicht nötig. Er sah es ihr sofort an.
»Holiday?« Sein alarmierter Tonfall verstärkte Kylies eigene Panik. Ihr Herz klopfte wie wild.
Kylie schnappte nach Luft. »Er hat sie.«
»Wer?«, wollte Burnett wissen. Della landete neben ihm.
»Ich weiß es immer noch nicht«, erwiderte Kylie, und ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. Aber sie sollten es besser bald
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