Verfolgt im Mondlicht
den Mordfall doch allein aufklären musste.
Nicht schon wieder. Nicht schon wieder. Hannahs Worte hallten in ihrem Kopf wider. Was wollte sie ihr nur damit sagen?
Ach, verdammte Axt, Kylie hatte keine Ahnung, wie sie weiter vorgehen sollte. Sie war doch kein Ermittler. Sie war nicht mal ein Krimifan. Ratlos schaute sie Derek an. »Was soll ich jetzt machen?«
»Ich hab versucht, bei dem Café anzurufen, um zu fragen, ob eine Cara M. bei ihnen gearbeitet hat. Aber es ist so ein Touristenladen, der nur am Wochenende geöffnet hat.«
Kylie schwirrte der Kopf, die Gedanken ließen sich einfach nicht in eine Ordnung bringen. »O Mann, das ist alles so kompliziert.«
»Mach dir keine Sorgen, ich helfe dir doch. Und außerdem haben wir jetzt bis Samstag Zeit, um zu überlegen, was wir als Nächstes tun.«
Kylie lächelte Derek an. »Wie kann ich dir nur danken?«
Er grinste sie zwinkernd an, und die goldenen Sprenkel in seinen Augen leuchteten auf. »Da würde mir schon was einfallen.«
Sie funkelte ihn böse an.
Derek hob die Hände, als würde er sich ergeben. »Na gut, na gut. Dein Lächeln genügt mir vollkommen.«
Am Donnerstagmorgen erwachte Kylie davon, dass Socke sein kleines Katerköpfchen gegen ihr Kinn drückte. Sie blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und streichelte ihm über das weiche Fell. Sonnenstrahlen fielen durch die Jalousie und tanzten auf dem Boden, während Schatten über die Wände huschten.
Als sie so im Zwielicht lag, fiel ihr auf, dass in ihr ein ähnlicher Konflikt brodelte. Ihr Leben war gerade voller Probleme – aber gleichzeitig auch voller Möglichkeiten. Sie hatte Derek verloren, dafür aber Lucas gewonnen. Sie hatte die Beziehung zu ihrem Stiefvater eingebüßt und Daniel gefunden. Sie war kein Mensch mehr, dafür aber eine Übernatürliche.
Und heute war der Tag, an dem sie ihren Großvater treffen und endlich erfahren sollte, was das alles zu bedeuten hatte. Doch inzwischen bezweifelte sie, dass es dazu kommen würde. Sie zog die Augenbrauen zusammen und merkte, wie die dunkle Seite ihrer Laune die Oberhand zu gewinnen drohte.
Doch sie hatte keineswegs vor, das zuzulassen. Sie schloss die Augen und versuchte, an etwas Schönes zu denken. Was nicht lange gutging, denn ihre Gedanken schweiften ab, und sie musste an Hannah denken. Sie konnte Holiday eigentlich nicht länger verschweigen, dass ihre Schwester tot war. Doch beim Gedanken daran, wie das Gespräch verlaufen konnte, sank Kylies Laune um eine weitere Stufe.
Ihre Gedanken wanderten weiter zu Lucas. Er hatte gestern Abend gar nicht mehr bei ihr vorbeigeschaut, obwohl er es vorgehabt hatte. Okay, jetzt war es offiziell. Die Schatten hatten gewonnen. Kylie schielte zur Decke, und sie hätte schwören können, dass da tatsächlich dunklere Schatten waren als vorher.
Aus irgendeinem Grund musste sie an ihre Oma denken. Sie hatte Kylie immer gesagt, dass sie ihre Kindheit genießen soll, weil sie noch schnell genug erwachsen werden würde. Bedeutete das hier etwa Erwachsensein? Jeden Morgen aufzuwachen und zu wissen, dass der Tag immer beides, Gutes und Schlechtes bringen würde? Sachen tun zu müssen, von denen man hoffte, sie nie tun zu müssen?
Da fiel ihr ein Ratschlag ihrer Oma ein. Denk immer dran, Schätzchen, manchmal können wir die Dinge nicht ändern. Aber was wir verändern können, ist die Art und Weise, wie wir mit ihnen umgehen.
»Leichter gesagt, als getan, Oma.« Kylie seufzte tief, und beim Einatmen stieg ihr der süße Geruch von Rosen in die Nase. Sie drehte den Kopf und erblickte eine einzelne rosa Rose auf ihrem Nachttisch. Beim Gedanken daran, wie Lucas einmal den Vorgarten seiner Großmutter geplündert und ihr Zimmer mit Rosen übersät hatte, musste Kylie lächeln. Da entdeckte sie einen Zettel neben der Rose. Sie setzte sich auf und angelte sich das Blatt Papier.
Kylie,
tut mir leid, dass ich zu spät war. Es ist etwas dazwischengekommen, und ich musste zu meinem Dad. Du hast tief und fest geschlafen, als ich hier ankam. Du bist einfach so verdammt schön, wenn du schläfst. Wenn Della nicht gehört hätte, dass ich das Fenster geöffnet habe, und gleich ihren Kopf durch die Tür gesteckt hätte – sie ist echt unmöglich –, wäre ich zu dir ins Bett gekrabbelt, um dir nah zu sein.
Du hast keine Ahnung, wie sehr ich mir das wünsche. Ich will dich spüren, alles von dir.
Träum was Schönes,
Lucas
Kylie nahm die Rose und schnupperte daran. Der süße Duft ließ sie
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