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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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Holzrauch, Erde und Schweiß. Trotzdem müsste er dringend mal duschen. Seine Hände sind schwarz vor Dreck. Im Feuerschein sieht man, dass er auch abgebrochene, schmutzverkrustete Fingernägel hat. Noch nie bin ich einem so schmutzigen Menschen begegnet. Es ist mir |203| unbegreiflich, weshalb ich ihn unbedingt küssen will – oder liegt es daran, dass ich mich zurzeit so ungeliebt fühle? Bestimmt hat er sich schon jahrelang nicht mehr die Zähne geputzt. Na ja, ich selber bin auch nicht wie aus dem Ei gepellt. Ich habe Ästchen im Haar, mit Schlamm vollgespritzte Turnschuhe und nasse Hosenbeine. Ich sehe schauderhaft aus und fühle mich gar nicht wohl, aber Kos scheint das egal zu sein. Er sieht mich an, als würde er mich am liebsten auffressen. Vielleicht will er das ja auch.
    »Wer bist du, Kos?«, flüstere ich.
    »Kos«, erwidert er und beobachtet gespannt meine Hände, die in der Tasche kramen.
    »Du magst mich nur, weil ich dir immer was zu essen mitbringe«, beklage ich mich und reiche ihm ein Rosinenbrötchen und ein Bier. Beides ist im Nu verschwunden und er sieht mich erwartungsvoll an. Ich gebe ihm noch ein Brötchen und mache mir auch ein Bier auf. Einen Augenblick lang komme ich mir vor wie eine Vogelmutter, deren Junges den Schnabel weit aufsperrt. Kos wächst ein Schnabel im Gesicht. Ich blinzle das Bild weg und betrachte stattdessen Kos’ lange Beine und seinen dunklen Teint.
Lexi!,
ermahne ich mich streng.
Du bist nicht verknallt in diesen Typen! Er ist ein Landstreicher und Dieb.
Aber er sieht so toll aus, außerdem hat er mir das Leben gerettet! Ich will ihn ja nicht heiraten. Ich bin sechzehn und habe ein Recht drauf, mich zu amüsieren.
    Nachdem er das zweite Rosinenbrötchen heruntergeschlungen |204| hat, schicke ich die brave Lexi, die
Nein!
sagt, in die Wüste. Ich beuge mich vor und küsse Kos auf den Mund, einfach so. Seine Lippen sind fest und er zuckt zuerst ein bisschen zurück. Ich habe ihn wohl überrumpelt. Er schmeckt nach Zuckerguss und Rauch. Ich habe beinahe den Eindruck, dass er noch nie jemanden richtig geküsst hat. Er kommt mir auf einmal wie ein schüchterner Schuljunge vor. Enttäuscht setze ich mich wieder gerade hin. Es war ein nichtssagender Kuss. Egal, sage ich mir, Übung macht den Meister. Kos schielt zu mir herüber. Es ist zu dunkel, um das richtig zu beurteilen, aber ich glaube, er ist rot geworden. Er weicht meinem Blick aus. Hoffentlich habe ich mit meinem kühnen Vorstoß nicht alles vermasselt. Vielleicht mag er mich ja gar nicht. Als er sich jetzt vorbeugt und mir einen Kuss gibt, bin ich die Überrumpelte.
    Fühlt sich schon viel besser an!
     
    Nach einer kleinen Knutscherei mache ich mich los. »Ich weiß überhaupt nichts über dich«, sage ich. Ich gebe es nur ungern zu, aber er riecht doch ziemlich unangenehm. Das bringt mich aus dem Konzept. Wie kriege ich ihn bloß unter die Dusche?
    »Du stinkst«, sage ich. »Du musst mal baden.«
    Kos grinst und erwidert: »Okay.« Er springt auf, schleudert die Schuhe von den Füßen und rennt den Abhang runter zum See. Im Handumdrehen ist er hineingesprungen und planscht im schwarzen Wasser.
    |205| »Lexi!«, ruft er, dass es nur so hallt. »Komm schwimmen – du stinkst!«
    »Gar nicht!«, erwidere ich ärgerlich und gehe zum See hinunter. Meine Augen haben sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt. Ich kann sogar ganz gut sehen, es ist nur alles schwarz-weiß-grau. Ich stecke probehalber den Finger ins Wasser. Der See ist eiskalt.
    »Komm, Lexi!«
    »Ein andermal.« Ich wische mir die Hand an der Jeans trocken.
    Aber da kommt Kos aus dem Wasser gestapft und zieht mich rein. Kaltes Wasser läuft mir in die Schuhe. »Lass das!«, kreische ich erschrocken, aber Kos lässt mich nicht los. Auf einmal gerate ich in Panik. Ich kenne den Typen doch eigentlich gar nicht. Außerdem führt er irgendeine Privatfehde mit Owen. Und er hat mir gezeigt, wo er sich versteckt.
    »Lexi schwimmen!«, befiehlt Kos und ich kreische wieder auf, als das eisige Wasser um meine Knie schwappt.
    Jetzt lässt Kos mich los, weil er einen Lachanfall bekommt. Ich beruhige mich wieder. Er will mir offenbar nichts tun.
    »Dir zeig ich’s!« Ich spritze ihm eine Handvoll Wasser ins Gesicht. Das hätte ich lieber bleiben lassen, denn er rächt sich umgehend und verpasst mir eine eiskalte Dusche. Die Hunde fangen an zu kläffen und springen am Ufer durchs seichte Wasser. Tyson hüpft so munter herum wie ein kleines Kind am Strand. Bei Kos

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