Verführer der Nacht
vor ihr, starrte sie an und blinzelte, als sähe er sie zum ersten Mal. Der Hauch eines Lächelns breitete sich langsam auf seinen sinnlichen Zügen aus und wärmte das bittere Eis in seinen Augen. Du hast mich geschlagen, querida? Seine Stimme war leise und sexy und ließ ihr Herz schneller schlagen – hier, mitten auf der Straße! Das brachte sie so auf, dass sie ihn am liebsten noch mal geschlagen hätte.
»Sehr witzig.« Sie würde sich nicht von seinem Charme einwickeln lassen. Und ihr Körper würde nicht von flüssiger Hitze durchströmt werden und langsam schmelzen. »Steck deine Nase nicht in meine Angelegenheiten! Wenn ich nicht von Tony Harris belästigt werden will, werde ich allein damit fertig. Du hast die Situation zehn Mal schlimmer gemacht! Nun weiß die ganze Stadt, dass etwas passiert ist. Falls du es vergessen haben solltest, du bist in den Vereinigten Staaten, nicht in Brasilien, und hier holen wir den Sheriff!«
Er hob sie einfach vor allen Leuten hoch, nahm sie in seine Arme und trug sie mit weit ausholenden Schritten zu ihrem Wagen zurück. »Du weißt, dass ich mich nicht fernhalten kann, wenn du verletzt wirst, Colby.« Seine Stimme strich weich, warm und unwiderstehlich über ihre Haut. Wie ein Zauber. Sein sengender Blick war besitzergreifend, und es lag noch etwas anderes darin, etwas Wildes und Animalisches, als wäre er mit Tony Harris noch nicht fertig. »Und ich erlaube keinem anderen Mann, dich anzufassen.«
Colby hob einen Arm, berührte seinen Mund und fuhr mit ihren Fingerspitzen über die Linien, die sich dort tief eingegraben hatten. Es waren Linien der Müdigkeit und Erschöpfung, die zuvor nicht da gewesen waren. Er war früher aufgestanden, als Nicolas gewünscht hatte. Auf seinem Gesicht waren schwache Spuren zu sehen, die langsam verblassten, aber immer noch Zeugnis für die Krallen ablegten, die nach ihm geschlagen hatten. Er hatte furchtbar gelitten, um sie zu schützen. Colby strich mit ihrer Hand über sein Herz und fragte sich, ob die Bisswunden noch zu sehen waren. Irgendetwas in ihr schmolz, obwohl sie es gar nicht wollte. »Mit Tony Harris komme ich schon klar«, sagte sie sanfter, als sie beabsichtigt hatte. »Unsere Gesetze erlauben nicht, dass man einfach jemanden umbringt, bloß weil einem nicht gefällt, was er macht.«
»Unsere Gesetze sind ganz eindeutig.« Seine Stimme verriet keine Emotion, nur eine tödliche Ruhe, und um seinen Mund lag ein grausamer Zug.
»Tony ist ein Blödmann.«
»Er wird entweder bald eine Lektion lernen, die er schon vor langer Zeit hätte lernen sollen, oder er wird nie mehr in der Lage sein, Frauen zu belästigen.«
»Nicht, Rafael. Ich weiß, du könntest ihm wirklich etwas antun, sogar aus der Ferne, aber es wäre nicht richtig. Lass es bitte.« Angesichts ihrer Schmerzen im Bein und Rafaels unversöhnlicher Miene verschlechterte sich ihre Laune noch mehr.
»Wenn du von mir hören willst, dass ich nie wieder Hand an den Mann lege, muss ich dir leider Folgendes sagen: Ich kann dich nicht belügen und lehne es ab, ein solches Versprechen zu geben. Sollte dieser Mann dich jemals wieder belästigen, wird er keine zweite Chance mehr bekommen. Nie mehr.« Rafaels Worte klangen absolut endgültig.
»Mann, bist du ein Macho! Ich bin echt beeindruckt. Und ganz nebenbei, Louise scheint es auch zu sein. Setz mich um Himmels willen ab! Ich fühle mich wie eine Idiotin. Ich bin durchaus imstande zu gehen.« Zu ihrem Entsetzen schossen ihr plötzlich Tränen in die Augen. Zum Teufel mit dem Kerl! Die ganze Stadt schaute zu und grinste, und das direkt vor Louises schadenfrohem Blick.
»Willst du wohl endlich stillhalten, Colby, oder muss ich es dir erst befehlen?«, stieß Rafael zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Was erwartest du denn von mir, que-rida? Ich konnte diesem schwachen Abklatsch eines Manns unmöglich erlauben, dich anzufassen. Du blutest, und du hast Schmerzen. Ich bin dein Gefährte, und es ist ebenso meine Pflicht wie mein Recht, auf dich aufzupassen. Und genau das habe ich vor.«
Erst jetzt spürte sie in ihm einen leidenschaftlichen Zorn, den er nicht herausgelassen hatte, als er sich Tony Harris vorgenommen hatte, einen Zorn, der sich kaum noch im Zaum halten ließ. Ihre großen Augen schwammen in Tränen, was seine Wut noch verstärkte. »Ich will einfach nur noch nach Hause, Rafael.« Weg von hierund weg von dir. Der Satz stahl sich in ihre Gedanken, ehe sie es verhindern konnte.
Ein Muskel zuckte in
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