Verführer der Nacht
sollst«, meldete Ginny sich und spähte hinter Julio hervor. Aus großen Augen starrte sie ihren Bruder an. »Was macht Rafael da?«
Die Hand des Karpatianers lag immer noch um Pauls Handgelenk. Die hässlichen Schnitte schienen zu verblassen und dann ganz zu verschwinden.
»Tut es weh?«, fragte Ginny.
»Jetzt nicht mehr. Rafael hat mir die Schmerzen genommen.«
»Was meinen Sie, Sean? Kämen Sie und Ihre Crew mit der zusätzlichen Arbeit und dem Land zurecht?«, hakte Rafael nach. Er wusste, was Colby denken würde ... und was er riskierte, indem er die Kinder wegschickte, aber er hatte keine andere Wahl. Am liebsten hätte er etwas in Stücke gerissen oder alles ringsum zerstört. Oder seinem Bruder einfach verboten, Paul und Ginny wegzubringen, doch er wusste, wie sehr Colby ihre Geschwister liebte, und mehr als sein eigenes Glück bedeutete ihm Colby. Und das hieß, Paul musste weggebracht werden, um endlich in Sicherheit zu sein. Sofort, noch an diesem Tag. So bald wie möglich.
»Wir reden hier von sehr viel Geld, Sean. Sie werden es brauchen, um Ihre Männer zu bezahlen«, fügte Nicolas als weiteres Lockmittel hinzu, während er gleichzeitig seinen Bruder im Auge behielt. Er erkannte Rafaels Zweifel und spürte, wie die Spannung im Raum wuchs.
»Was ist mit Colby?«, fragte Sean. »Soweit ich weiß, ist sie wild entschlossen, die Ranch selbst zu führen.«
»Rafael und Colby werden ...« Nicolas sah Juan an.
»Casam-se«, sprang Juan ein. »Sie werden heiraten.«
»Natürlich reisen Colby und die Kinder sofort nach Brasilien ab. Juan und Julio werden die nötigen Arrangements treffen, um ihre Habe zu verschiffen und die Pferde zu ihren Besitzern zurückzuschicken.«
»Und King«, sagte Ginny. »Ich gehe nicht ohne King.« Sie zupfte ihren Onkel am Arm. »Und ohne Colby auch nicht.« Sie klang sehr entschieden und wirkte wie eine jüngere Ausgabe ihrer Schwester.
Rafael zog eine Augenbraue hoch. »Ich würde Colby nie hier zurücklassen, kleine Schwester, keine Angst.«
»Sind Sie sicher, dass Colby zustimmen wird?«, beharrte Sean, den der Gedanke, dass seine Nachbarin tatsächlich die Ranch, auf der sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, verlassen würde, ziemlich zu schockieren schien.
Nicolas wandte den Kopf und fing erneut den Blick des Mannes ein. »Colby wünscht sich mehr als alles andere, mit uns zu kommen. Sie ist mit Rafael zusammen und möchte mit ihm ein gemeinsames Heim haben. Natürlich möchte sie die Kinder mitnehmen.«
»Natürlich.« Sean nickte. »Wenn Sie mir das tatsächlich anbieten ... Nicolas, nun, ich bin natürlich immer gern bereit, mit Ihrer Familie Geschäfte zu machen. Ich könnte das zusätzliche Land brauchen und habe Männer genug, um es zu bewirtschaften.«
»Darauf wird Colby sich nie einlassen«, flüsterte Paul Rafael zu. »Das weißt du genau. Sie wird fuchsteufelswild werden.«
»Das kannst du getrost mir überlassen, Paul. Im Moment kommt es vor allem darauf an, dich aus der Reichweite des Vampirs zu schaffen, damit er keinen weiteren Schaden anrichten kann, während wir Jagd auf ihn machen. Juan wird euch beim Packen helfen, und du und Ginny könnt heute noch aufbrechen. Wir haben einen Privatjet, der euch zu uns nach Hause bringt, weit weg von hier. Colby und ich kommen so schnell wie möglich nach.« Er schaute zu Ginny. »Und dein Hund muss natürlich auch mit.«
»Aber brauchen wir denn keine Pässe? Ich habe gar keinen. Ich bin noch nie verreist.« Paul war unwillkürlich freudig erregt bei der Aussicht, mit einem Privatjet zu fliegen, ein anderes Land kennenzulernen, in der Früh aufzuwachen und nicht von morgens bis abends schuften zu müssen. Obwohl er deshalb ein schlechtes Gewissen hatte, brannte er darauf, es zumindest ein Mal in seinem Leben auszuprobieren.
»Ich gehe ohne Colby nirgendwohin, und du auch nicht, Paul«, verkündete Ginny und starrte die Männer im Zimmer böse an.
Rafael streckte eine Hand nach dem Mädchen aus. »Du bist deiner Schwester sehr ähnlich, Ginny. Colby kommt bald nach. Sie gehört zu mir und wird mich in unser neues Heim begleiten. Es gibt eine überdachte Reitbahn und einen Swimmingpool.«
»Ich mag meinen Garten.«
»Wir haben einen herrlichen Garten, und du wirst viel Zeit mit deinen Onkeln und deiner ganzenfamília verbringen können. Alle warten schon voller Ungeduld darauf, euch drei kennenzulernen. Dein Hund ist uns auch willkommen, und du kannst so viele Pferde haben, wie du willst.«
Plötzlich
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