Verfuehrerisches Geheimnis
ihrem Entzücken trug sie ein Paar baumelnde Smaragdohrgehänge. Ihre Mundwinkel hoben sich. Die Liebe mit ihm hatte sie so ermüdet, dass sie gar nicht gespürt hatte, wie er den goldenen Draht durch ihre Ohrläppchen gezogen hatte. Ein Mann der Grenze schenkt seinem Mädchen immer irgendeinen Tand. Cat schüttelte den Kopf, um die Smaragde schwingen zu sehen. Mit ihrem wirren Haar sah sie genauso aus, wie sie sich das Mädchen eines Grenzers vorstellte.
Ohne Morgenmantel lief sie zur Verbindungstür und drehte den zerbrochenen Türknauf. Noch ehe die Tür aufschwang, überfiel sie ein Angstgefühl. Sein Gemach war leer. Da wusste sie, dass er nicht nur den Raum, sondern auch Spencer Park verlassen hatte. Er war mit Absicht abgereist, während sie schlief. »Nein! Patrick!« Wider besseres Wissen riss sie die Schranktür auf. Sie hob ein Hemd auf, das er in der Eile des Packens fallen gelassen hatte, und drückte es an ihr Gesicht, um den unverkennbaren männlichen Duft einzuatmen. Das ist das einzige Ding, das ich vier Monate lang von ihm haben werde! »Stimmt nicht!«, sagte sie laut. »Ich habe seinen Ring, ich habe die Wildpferde, und ich habe seine Liebe.« Die Erinnerung ließ sie lächeln.
In der folgenden Woche verlor sie vor Einsamkeit fast den Verstand. Die Tage verbrachte sie mit Ausritten auf Jasmine und damit, sich um die wilden Jährlinge zu kümmern. Um sich zu beschäftigen, besprach sie mit Mr. Burke den Bau eines Sudhauses und fertigte einige Planskizzen nach dem Vorbild der Brauerei auf Crichton an. Allabendlich nachdem sie sich ausgezogen hatte, zog sie Patricks Hemd an, doch war der Schmerz, den sein Duft weckte, fast unerträglich. Der Impuls, ihm nach Schottland zu folgen, wurde so stark, dass Catherine daranging, ihre Kleider zu packen. Isobels überraschende Ankunft durchkreuzte ihre Pläne.
Cat schnappte nach Luft und versteckte die Rechte hinter ihrem Rücken, als ihre Mutter mit einer atemlosen Maggie auf den Fersen in die Bibliothek marschierte. Maggie warf Cat einen entschuldigenden Blick zu, weil sie keine Zeit gehabt hatte, sie vor der drohenden Gefahr zu warnen. »Mutter! Ich bin überrascht, dass du mich trotz der schneeglatten Straßen besuchst. Wie rührend von dir.«
»Unsinn! Ich würde meine Zeit nie mit Besuchen vertun. Meine Reise entspringt purer Notwendigkeit. Ihre Majestät hat sich von ihrer Erkältung erholt und Einladungen für die
Weihnachtsfestlichkeiten angenommen. Cecil hat sie nach Theobalds eingeladen, und der Earl und die Countess of Nottingham werden sie über Neujahr auf Arundel House empfangen. Die Königin besteht auf neuen Kleidern und ist verärgert darüber, dass du auf dem Land bist, während sie deiner Dienste bedarf, Catherine.«
»Ach, Mutter, ich kann doch nicht an den Hof zurück ... so bald nach ...«
»Unsinn! Das ist der Grund, warum ich mir die Mühe machen und persönlich kommmen musste. Ich wusste, du würdest einer schriftlich geäußerten Bitte nicht nachkommen, und ahnte, dass ich dich an den Ohren würde zurückschleppen müssen.«
»Ich weiß, dass der Skandal noch nicht vergessen ist«, murmelte Catherine.
»Mary Fitton hat ein totes Kind geboren - die gebührende Strafe für ihr unzüchtiges Benehmen, meine ich.«
Du lieber Gott, was für ein eiskaltes Herz. Mary hatte Will Herbert sicherlich geliebt. »Und was ist mit Pembroke?«
»Er hat Cecil in einem Gesuch um Entlassung aus dem Fleet-Gefängnis gebeten, doch Ihre Majestät zeigt sich unbeugsam und will ihn am Hof nicht mehr sehen.«
Catherine empfand Erleichterung. Obschon das einzige Gefühl, das sie Pembroke entgegenbrachte, Verachtung war, wollte sie ihm nicht begegnen.
»Sitz hier nicht mit deinem Skizzenblock herum. Geh und mach dich ans Packen, Maggie. Ich weiß gar nicht, wie ich die letzten Wochen ohne dich auskommen konnte. Du erleichterst mir meine Bürde sehr, wenn du wieder nach Whitehall kommst. Junge Zofen haben einfach kein Pflichtgefühl.«
Catherine stand vom Schreibtisch auf und ging ins Obergeschosss. Sie schloss die Tür zu ihrem Gemach und öffnete ihre Schmuckschatulle auf der Suche nach einer goldenen Kette. Dann löste sie eine von einem Perlenhalsschmuck und zog sie durch Patricks Leopardenring. Schließlich legte sie die Kette an und berührte den Ring sacht in einem innigen Kuss, bevor sie ihn unter ihrem Kleid verbarg.
Kaum hatte Catherine in Whitehall ausgepackt, suchte sie die Suite von Philadelphia und Kate auf. »Ich bin, wenn auch
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