Verfuehrt von einem Highlander
schwieg eine Weile, als sie auf die Hügel und die Baumreihe dahinter zugingen. Schließlich, als wüsste sie genau, wer Tristan war, wandte sie sich zu ihm: »Wie passten ein kleiner Junge, der von Ehre und Ritterlichkeit träumte, und die Männer zusammen, die nur die Schlacht und Blutvergießen kennen?«
»Ich habe nie nach Camlochlin gehört«, gestand Tristan ruhig ein. »Und nachdem mein Onkel gestorben war, fühlte es sich an, als gäbe es in der Welt keinen Platz mehr für mich. Nachdem er gestorben war, habe ich aufgehört, mich darüber zu sorgen, ob ich meinen Platz je wieder finden würde.«
»Aber warum?«
»Weil ich meinen Onkel und das, was er mich gelehrt hat, geliebt habe, und das mehr als alles andere, was ich je in meinem Leben geliebt habe …«
Denk daran, dass es im Leben eines Mannes viele Momente gibt, in denen die Entscheidung, die er trifft, sein weiteres Schicksal bestimmt.
»… und in einem Augenblick der Wut, in einem Moment, in dem ich mich von meinem stolzen MacGregor-Blut beherrschen ließ, habe ich alles zerstört. Deshalb habe ich dem Kodex meines Onkels und dem meines Vaters den Rücken gekehrt.«
Als sie die Baumreihe erreicht hatten, blieb Isobel stehen. »Wie habt Ihr es zerstört?«
Er betrachtete ihre anmutige, sehr weibliche Gestalt, die sich vor dem dunklen Sternenhimmel abhob. Sekundenlang spürte er seinen Körper zittern, beherrscht von dem Verlangen, sie in seine Arme zu reißen und ihr alles zu sagen, was sie wissen sollte. Und sie dann zu küssen, bis sie ihm glaubte. Er wollte sich nicht in sie verlieben, doch jeder Mann, der das nicht tat, war ein Narr.
»Ich habe mit Alex gekämpft.«
Tränen liefen ihr über das Gesicht, und durch den Schleier aus dunstigem Mondlicht schimmerten ihre Augen wie Zwillingsseen. Tristan wollte tief in sie eintauchen und sich in der kühlen Quelle der Erneuerung reinigen, die nur sie bieten konnte. »Ihr gebt Euch also die Schuld am Tod Eures Onkels? Tristan, bitte sagt mir, ob Ihr hergekommen seid, um ihn zu rächen! Ich verstehe jetzt, was der Earl Euch bedeutet hat …«
Sein Herz zog sich zusammen, als er die Furcht in ihrer Stimme wahrnahm. Er hob die Hand, um ihre Tränen zu trocknen. Als sie sich zurückzog, hielt er sie fest. Er konnte sich keinen Augenblick länger von ihr fernhalten.
»Isobel, gerade weil er und seine Art zu denken mir so viel bedeutet haben, habe ich ihn nicht gerächt.«
»Es tut mir leid, dass mein Vater ihn Euch genommen hat. Er … er hatte getrunken in jener Nacht. Ich wusste nicht, was er vorhatte. Ich war ein Kind. Wir alle waren Kinder. Gebt Euch bitte nicht die Schuld an dem, was passiert ist!«
Für den Moment würde Tristan tun, worum sie ihn bat. »Aye, wir waren unschuldige Kinder.« Er legte die Hände um ihr Gesicht und neigte seinen Mund zu ihrem.
»Ja«, hauchte sie.
Sie schloss die Augen, öffnete die Lippen und zerschlug seine Entschlossenheit, ritterlich zu bleiben, in Scherben. Tristan schob eine Hand in ihre dichten Locken und ließ die andere ihren Rücken hinuntergleiten. Dann zog er Isobel an sich und fing ihren süßen Atem mit einem Kuss ein.
Eine ganze Woche lang trafen sie sich jede Nacht bei der Baumreihe. Im Schein der Sterne und des allmählich abnehmenden Mondes redeten sie über ihre Vergangenheit und über ihre Träume, die ihnen geholfen hatten, auch an den allerschwersten Tagen weiterzumachen. Isobel erzählte ihm von ihren schlimmsten Ängsten und ihren größten Hoffnungen für die Zukunft ihrer Brüder – Gedanken, die sie vor ihm noch mit keiner Menschenseele geteilt hatte, nicht einmal mit Patrick. Natürlich gab sie ihm nicht alles preis, aber während ihrer nächtlichen Treffen begann sie, darauf zu vertrauen, dass seine Reise zu ihnen nichts mit seinem Onkel zu tun hatte. Zumindest nicht auf die Weise, die sie befürchtet hatte.
Nachdem ihr erster gemeinsamer Spaziergang in Tamas’ Zimmer geendet hatte, hatte sie Tristan ganz und gar vergeben, wie er ihren jüngsten Bruder behandelt hatte.
Tristan hatte sie an Tamas’ Bett geführt, an dem sie dann gemeinsam gesessen und auf die Morgendämmerung gewartet hatten. Sie hörte ruhig zu, als er Tamas gestand, die vermisste Schleuder an sich genommen zu haben, und ihm sagte, dass Tamas, wenn er sie zurückhaben wolle, sich das verdienen müsse. Isobel blieb ebenso ruhig wie Tristan, als ihr Bruder begann, sich bei ihr zu beklagen, und die Beine über die Bettkante schwang, um aufzustehen. Tristan
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