Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verfuehrung im Mondlicht

Titel: Verfuehrung im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
seine Gedanken wisperte.
    An dem Abend, an dem er durch ein rückwärtiges Fenster im Obergeschoss in John Stoners elegantes Stadthaus eingedrungen war, war Ambrose gerade achtzehn Jahre alt geworden.
    Seine Karriere als Einbrecher hatte bereits in seiner ersten Nacht auf der Straße begonnen, denn obwohl er erst dreizehn Jahre zählte, war sein Selbsterhaltungsinstinkt scharf ausgeprägt. Er war zum nächsten Friedhof gegangen, hatte das Schloss einer kleinen Kapelle geknackt und die restlichen Stunden der Nacht hinter dem Altar verbracht.
    In dieser Nacht hatte er nicht geschlafen, aus Angst vor den Träumen, die ihn heimsuchen würden. Ihm war schon damals klar, dass ihn die Ereignisse dieser Nacht für den Rest seines Lebens verfolgen würden.
    Er zwang sich, das zu tun, was ihn sein Großvater und sein Vater gelehrt hatten. Bevor er ein neues Unterfangen begann, machte er einen Plan. Erst als der fertig war, gestattete sich Ambrose einige tröstliche Tränen.
    Am nächsten Morgen beherzigte er das alte Axiom, dass der Herr denen hilft, die sich selbst zu helfen wissen, und behalf sich mit einigen Wertsachen des Kirchensilbers. Er wählte zwei recht hübsche Kerzenhalter und zwei Silberschalen aus, sprach ein kurzes Gebet und machte sich daran, seinen Weg in der Welt zu gehen, indem er die Talente seiner Familie nutzte. Er wusste sehr gut, wo er die Gegenstände versetzen musste. Sein Vater und sein Großvater hatten die Pfandleihen oft genug aufgesucht, wenn die Geschäfte einmal nicht so gut gingen.
    Insgesamt gesehen ist der Beruf eines Diebes eine exzellente Wahl gewesen, dachte Ambrose, als er sich in John Stoners Schlafzimmer umsah. Immerhin war er in diesem Beruf aufgewachsen und ausgebildet worden und konnte auf einen langen Stammbaum von professionellen Schwindlern, Fälschern und Betrügern zurückblicken.
    Das Schlafzimmer war verlassen, wie er es erwartet hatte. Ambrose hatte sehr sorgfältig recherchiert und John Stoner beinahe eine Woche genau beobachtet, bevor er seine Pläne geschmiedet hatte. In dieser Zeit hatte er in Erfahrung ge-bracht, dass sein auserwähltes Opfer ein gelehrter Mann war, der in jungen Jahren viel Zeit im Fernen Osten verbracht hatte.
    Und heute war der Abend, an dem die Dienstboten frei hatten. Er hatte das Haus kurz zuvor genau beobachtet und das Licht in der Bibliothek im Untergeschoss bemerkt.
    Durch einen Spalt im Vorhang hatte er John Stoner gesehen, der in einem kostbaren, bestickten, kastanienbraunen Morgenmantel vor einem gemütlichen Kaminfeuer saß. Neben ihm stand ein Glas Portwein, und er war in einen dicken Wälzer vertieft.
    Ambrose öffnete eine Schublade. Sein Blick fiel zuerst auf eine Taschenuhr. Er erkannte trotz des spärlichen Mondlichts sofort den Glanz des Goldes.
    Er griff nach der Uhr.
    Die Tür zum angrenzenden Raum öffnete sich ohne jede Vorwarnung.
    »Tatsächlich, Eure Augen müssen noch besser sein als meine, als ich in Eurem Alter war«, erklärte John Stoner im Schatten der Tür stehend.
    Es war das erste Mal, dass Ambrose bei seinen Geschäften erwischt wurde, doch ihm war klar gewesen, dass ein solches Fiasko früher oder später eintreten musste. Deshalb hatte er sich auf eine solche Eventualität vorbereitet, wie sein Vater und Großvater es ihn gelehrt hatten. Aus diesem Grund hatte er, wie sie es ihm eingeschärft hatten, nicht nur einen, sondern zwei Pläne vorbereitet.
    Schnelligkeit und Beweglichkeit bildeten die beiden Grundpfeiler von Fluchtplan Nummer eins.
    Er verschwendete keine Sekunde darauf, nachzudenken oder etwa nach der Uhr zu greifen, sondern sprang mit einem Satz zu dem offenen Fenster, an dessen Fensterbrett er das Seil gesichert hatte. Es würde ihn nur wenige Sekunden kosten, den Erdboden zu erreichen.
    Nur kam Ambrose gar nicht erst bis zum Fenster. Die Beine wurden ihm unter dem Körper weggerissen, und im nächsten Moment lag er mit dem Rücken auf dem Boden. Der Aufprall machte ihn benommen und raubte ihm kurzfristig den Atem.
    »Rührt Euch nicht vom Fleck.«
    Ambrose ignorierte diesen Befehl, holte tief Luft und wirbelte herum auf die Knie. Er dachte nur daran, das Fenster zu erreichen.
    Ein gestiefelter Fuß erwischte ihn am Knöchel, so dass er kopfüber zu Boden ging.
    Bevor er ein zweites Mal aufstehen konnte, beugte sich Stoner über ihn und packte erst das eine, dann das andere Handgelenk. Ambrose versuchte, sich zu wehren. Er war jünger und stärker als sein Gegner, und darüber hinaus auch verzweifelt.

Weitere Kostenlose Bücher