Verfuehrung im Walzertakt
zu hohes Hindernis genommen und verbrachte die restlichen Jahre ihres Lebens mit Schmerzen.“ Dianas Gesicht überschattete sich. „Sie starb schließlich an einer Lungenentzündung, aber seit dem Unfall hasst Simon Pferde.“
Brett richtete den Blick auf die Ohren des Wallachs. Er wollte kein Mitleid für Clare empfinden. Doch zum ersten Mal brachte er ein wenig Verständnis für den Mann auf, da er zu ahnen glaubte, was diese Tragödie ihm angetan haben musste. „Was das Reiten anbetrifft“, fragte er, „sind Sie da derselben Meinung wie Ihr Bruder?“
Mit jedem Atemzug vergrößerte sich die Qual, die es für ihn bedeutete, neben ihr zu sitzen. Sie gehörte nicht zu der Art Frauen, deren Gesellschaft er normalerweise suchte, dennoch zog sie ihn in ihren Bann. Fortwährend suchte er nach Gründen, sie aufzusuchen. Sie ging ihm einfach nicht mehr aus dem Sinn. Er würde dafür sorgen, dass sie ihn begehrte. Er würde sie alles vergessen machen, außer ihrem Verlangen nach ihm. Sie würde zu ihm kommen.
„Ich reite gewöhnlich jeden Morgen in der Früh aus. Sir Cuthberts Vater hatte mir erlaubt, auch die Ländereien von Ladywell Park zu passieren, nun indes …“ Sie drehte kurz die Hände. „Ich möchte Sie nicht belästigen.“
„Bitte lassen Sie sich durch den Eigentümerwechsel nicht von Ihren Gewohnheiten abhalten.“ Er legte seine Hände kurz über die ihren und spürte, wie sie zusammenzuckte.
„Können Sie mir eine schöne Strecke in der Nachbarschaft für einen Ausritt empfehlen? Wohin reiten Sie am liebsten?“
Fest umklammerten ihre Finger die Zügel. Einen Augenblick glaubte er schon, er wäre zu rasch vorgegangen. „Vom Hügel oben hat man eine prachtvolle Aussicht auf den Tyne, besonders morgens, wenn die Nebelschleier vorüberziehen und dem Tal ein mystisch anmutendes Aussehen verleihen. Dieser Anblick gibt mir immer das Gefühl, dass das Leben lebenswert ist.“
„Das klingt nach einem schönen Aussichtspunkt.“
„Ja, Sie sollten sich den Hügel eines Tages einmal ansehen.“
„Das werde ich.“
Ihre Augen hatten eine tiefblaue Farbe angenommen. Brett kämpfte gegen die Versuchung an, ihr Gesicht in seine Hände zu nehmen. Irgendwann werden wir uns dort oben treffen, versprach er sich selbst. Doch musste sie es zunächst wollen.
„Erzählen Sie mir mehr von Ihrem Neffen, für den Sie London verlassen haben.“
„Er besucht die Akademie von Mr. Allen in Newcastle.“ Diana hielt inne. Wie konnte sie Roberts Wesen beschreiben? Er sehnte sich nach der Aufmerksamkeit seines Vaters, indes schenkte Simon dem keine Beachtung. „Er schlägt gelegentlich über die Stränge, aber er ist ein guter Junge.“
„Ich würde ihn gern kennenlernen. Ich mag Kinder.“
Diana schreckte hoch, worauf das Pferd angaloppierte. Rasch zog sie die Zügel an und brachte den Wallach wieder unter Kontrolle. Brett hob die Augenbrauen.
„Nun, das kam etwas überraschend“, sagte sie lachend.
„Meinen Sie jetzt das Pferd – oder die Tatsache, dass ich gern mit Kindern zusammen bin?“
„Sie und Kinder“, antwortete Diana lächelnd.
„Warum überrascht Sie das?“
„Ich nahm an, Sie hätten für Kinder und derlei Freuden nichts übrig, da Sie immerhin Gründungsmitglied des Jehuklubs waren. Trinken, spielen und Ausschweifungen – so lautete doch Ihr Motto, oder nicht?“
„Die Menschen ändern sich, wenn sie erwachsen werden.“ Er kniff die Augen zusammen. „Kinder gönnen uns eine Atempause von den strengen Regeln der Gesellschaft. Eines Tages hätte ich selbst gerne Kinder. Ich werde meine Sache besser machen als mein Vater. Das habe ich mir an seinem Sterbebett geschworen.“
„Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.“ Diana hasste das Zittern in ihrer Stimme. Zweifellos würde er eine Ballkönigin heiraten. Sie durfte nicht vergessen, dass sie lediglich bekannt miteinander waren. Sie waren nichts weiter denn Freunde, nicht bestimmt dafür, gemeinsam vor den Altar zu treten. Nicht einmal im Traum wollte sie sich vorstellen, mit ihm verheiratet zu sein, dennoch wollte sich dieses Bild nicht mehr aus ihrem Kopf vertreiben lassen.
„Sie scheinen beunruhigt, Diana.“
„Die Dämpfe der Farbe waren wohl stärker, als ich dachte. Die Ausfahrt hat mich indes erfrischt.“
Warm und fest schlossen sich seine Finger um ihre Hand, ein Griff, der keinen Widerspruch duldete. „Wären Sie in diesem Fall zu einer weiteren Herausforderung, einer Wette, bereit?“
„Um was würden wir
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